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Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 00:41
von Klaus
Wenn ich zurückdenke, wie früher im Circus die Kostüme ausgesehen haben, dann ist eines gleich zu sagen: anders! Während der Nachkriegsjahre – in der sogenannten schlechten Zeit - wirkten die Kostüme, auch bei erstklassigen Darbietungen, vergleichsweise bieder gegenüber heute. Das Kostüm-Raffinement des Show-Geschäftes, glanzvolles Design, fand erst allmählich Eingang in die Welt der Circuskünstler. Vicaire (Paris) und Kurt Märzke (Berlin) waren aber schon vor 50 Jahren wichtige Adressen für ein schickes Outfit (wie man heute sagen würde) im Circusgeschäft.

Der Tierlehrer Charly Baumann, während der 50er und 60er Jahre ein Beau im Raubtierkäfig, sah unheimlich gut aus in seinem schmucken Kostüm, das ihm Kurt Märzke geschneider hatte. Auch Tom Dieck, der heutige Senior, hatte damals bei Märzke ein Kostüm bezogen (wie er mir mal sagte), und dem Sohn Tommy Dieck jun. steht die schicke Kleidung, die er vom Vater übernommen hat, heute ebenso.

Reichlich phantasielos hingegen wirkt es für mich immer, wenn Tierlehrer heutzutage ihre Darbietung in einer Stallmeister-Unifom präsentieren. Immer das Gleiche, mal in Rot, mal in Blau, mal in Schwarz – immer wieder die Uniform. Kaum zu unterscheiden von den Requisiteuren oder Bereitern.

Früher war es üblich, Freiheitspferde im Frack zu präsentieren, und manchem Vorführer stand diese Aufmachung ganz ausgezeichnet, ich denke an Carl Sembach, Fredy Knie sen. Fred Petoletti oder Albert Schumann. Pferdedresseure kamen auch als Spanier in die Manege, in historischer Kleidung, im Cowboy-Dress oder trugen einfach ein Phantasie-Kostüm. Raubtierdompteure trugen (oder tragen) gern popartige Kleidung. Gerd Siemoneit bevorzugte immer den sportlichen weißen oder beigefarbenen Dress (mit eben solchen Handschuhen) und hatte sich hierzu, wie er mir mal sagte, von Vojtech Trubka inspirieren lassen. Gilbert Houcke ist in jungen Jahren als "Tarzan", bekleidet nur mit einer Fellhose, recht bekannt geworden.

So könnte man fortfahren, aber es bleibt für mich die Frage: Warum muss es heute immer die Stallmeister-Uniform sein?Vermutlich geht dieser Trend nicht zuletzt auf Roncalli zurück. Bernhard Paul hatte die Uniform, in seiner Vorliebe für alles Nostalgische, seinerzeit wieder populär gemacht. Und alle machten es nach – nur hatte der Roncalli-Chef einen triftigen Grund für sein Outfit. Bei ihm sollte die schwarze Uniform die Korpulenz kaschieren.

Liebe Freunde, was meint Ihr zur "Phantasie der Kostümierung" im Circus?

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 01:06
von Admin
Bevor Karah Khavak in der Andre Heller Produktion FlicFlac engagiert wurde, frage ihn das Produktionsteam was sie beachten müssten, wenn sie ihm neue Kostüme schneidern lassen. Tommy meinte, dass feste Stoffe und Leder praktisch sei, da dies bei der Arbeit mit Krokodilen nicht so schnell kaputt ginge.
Als er sein Engagement antrat, steckte man ihn in bayrische Lederhosen mit Hut und Gamsbart und präsentierte ihn mit seinen "Gletscherkrokodilen" in einer Hochgebirgskulisse. :roll:
Ich glaube so unpassende Kostüme hat er davor und danach nie mehr getragen. :mrgreen:

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 08:40
von Alexander Schoch
Kostüme waren und sind ein Ausdruck des Zeitgeschmacks.Sicherlich sind die heutigen "Uniformen" aus der guten alten Zeit entnommen oder angelehnt. Uniform tragen ist aber heute nicht mehr en vogue.Im Zirkus dagegen stellen sie den "Rang" eines Akteurs oder Artisten dar. Safarilook (Tom Dieck sen.), Gladiatorenkook (Holzmair),N.Pavlenlo(Frack) sollten im zur Darbietung und einzelner Person passen, da sie das ganze Bild abrunden.Ein Gerd Simoneit, der durch seine Tiger und Löwen tänzelte und mit ihnen spielte wäre im Frack eine völlige Fehlbesetzung. Genau wie Karah Khavak in Lederhosen ein Stilbruch ist.Für mich kommt und kam nur sein orientalische Kostume in Frage.Kostume sollen auch Bäuche kaschieren, sagt das mal einer den Damen die im Zirkus trotz unförmiger Figur mit ihren Reizen nicht geizen wollen.Die Minimierung mancher Damenkostume, vorallem bei Luftnummer lässt ästhetisch gesehen einiges zu wünschen übrig.Kostume sind nur ein Teil der Präsentation und sollten wie schon gesagt kaschieren (Bäuche), zur Nummer passen( da fängt der Geschmack an) und ein stimmiges Bild ergeben. Ansonsten sollte der Fantasie keine Grenze gesetzt sein.
Saltovitale Alexander

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 09:00
von Juergen P.
Ein Kostüm kann wie die Musik eine Darbietung steigern oder herabsetzen. Leider präsentierte bei KRONE im letzten Winter James Puydebois die Elefanten auch in einer Uniform - wobei KRONE doch wohl immer auf die Kostüme achtet ( leider nicht beim Ansager :D )
Bei einer Zauber-Gala moderierte ich und sah zu meinem Entsetzen alle Akteure in schwarz - fühlte mich wie auf einer Beerdigung. Man sagte mir dies sei z.Zt. bei der Zauberei "in" :(
Viele Zuschauer reagieren bereits beim Auftritt eines Künstlers auf das Kostüm - auch hier ist der erste Eindruck sehr wichtig.
Sicher wird mit schwarz einiges kaschiert ( sehe es ja auch bei mir :D ) - das geht aber auch mit anderen Farben und dem Schnitt der Kostüme. In dieser Richtung sehr gute Arbeit leistet die Firma Heinemann in Hamburg. Viele Künstler lassen sich dort ihre Kostüme "auf den Leib" schneidern.
Auch einige norddeutsche Familienunternehmen erstehen dort ihre Uniformen und Kostüme.
Etwas nostalgisch denke ich oft an die schönen Kostüme bei KNIE und anderen grossen Unternehmen. Es gab ja sogar Direktoren die "schwarz" in der Manege verboten haben - ausgenommen Frack bei Tierdressuren. Ihr habt sicher auch schon einmal eine dunkel gekleidete Luftnummer in der schlecht ausgeleuchteten Chapiteaukuppel gesehen :) .
Ich finde es auch sehr schade wenn Artisten ihr "Ego" ( Nummer, Kostüm, Musik ) zugunsten einer Inszenierung ( cirque de soleil u.a. ) aufgeben müssen.
Gruss vom Bodensee
Jürgen P.

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 09:32
von Klaus
Apropos Schweizer National-Circus Gebr. Knie: Wie haben die damaligen Junioren (Fredy, Rolf, Louis und Franco) als junge Leute in ihren schicken Kostümen in der Manege geglänzt. Schon allein der Auftritt der jungen Knie-Generation war damals ein besonderer Glanzpunkt in jedem Programm. Für den Schweizer National-Circus war es vielleicht damals die stärkste Zeit (natürlich nicht wegen der Kostüme). Jedenfalls erreicht der Circus für mein Empfinden mit seinen heutigen Programmen nicht mehr den Glanz jener Zeit, und Fredy oder Geraldine haben nicht mehr die Figur, um sich auf vielfältige Weise phantasievoll und stilvoll gekleidet dem Publikum zeigen zu können. Es spielte ja alles eine Rolle.

Zur Erinnerung: Es gab einmal bei Knie (ausgedrückt auch durch entsprechende Kostümierung) "Manegen-Bilder" wie zum Beispiel: "Meißener Porzellan", "Am Hof Ludwig des XV.", "Rhapsodie in Blue", die "Maurice Chevalier-Darbietung", die "mexikanische Hohe Schule", ganz früher auch Fredy Knie sen. als "Zorro" mit seinen Cowboy-Pferden usw. Die jungen Knies, schlank und gutaussehend, konnten immer alles tragen, der Ausstattung ihrer Darbietungen waren keine Grenzen gesetzt.

Und den alten Fredy Knie hätte man sich in einer Requisiteurs-Uniform schon gar nicht vorstellen können (naja, möglich dass er sie auch mal bei irgendeiner Darbietung getragen hat, aber in Erinnerung geblieben ist er als "Grandseigneur" im eleganten Frack).

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 09:42
von Juergen P.
Dies gilt aber nicht nur für die Familie KNIE, ich denke dabei auch an Sascha Houke sen. und Ruppert und Mecki Bemmerl. Wenn sie bei BuRo mit den KNIE-Tieren auftraten trugen sie auch immer die zur Nummer die passenden KNIE-Kostüme . Schliesslich repräsentierten sie hier ja das Unternehmen KNIE.

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 11:35
von Wolfgang A.
Gerhard Braune hat z.B. mal im schwarzen und mal im dunkelblauen Frack seine Freiheitsdressuren präsentiert. Des weiteren auch zu Pferd und zwar war er dann als spanischer Reiter kostümiert. Dementsprechend war auch das Pferd aufgezäumt.

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 12.12.2008, 18:53
von Wolfgang A.
Muss noch anfügen, das er es immer nur in den Abendvorstellungen machte. In den Nachmittagsvorstellungen waren es immer in der Farbe unterschiedlich Smoking-Jacken zur schwarzen Smoking-Hose.
Hank Luecks führte die Raubtiere immer in einem blauen oder roten Anzug vor. Dieser bestand aus einer eng anliegenden Hose sowie einer bauchfreien, offenen Weste. An den Nähten waren Hose und Weste mit Pailetten besetzt und dazu trug er kurze weiße Stiefel.

Re: Die Phantasie der Kostümierung

Verfasst: 21.05.2014, 17:53
von Admin
Klaus hat geschrieben: Liebe Freunde, was meint Ihr zur "Phantasie der Kostümierung" im Circus?
Siehe die Kostümwechsel beim Ballett des Zirkus Charles Knie. Die erscheinen bei jedem Auftritt wie neu in bunten Farben. ;)