Ein Puma am See - Schau der Clearence!

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Ein Puma am See - Schau der Clearence!

Ungelesener Beitrag von Admin » 16.07.2007, 23:40

Ein Puma am See

1971 reiste ich mit dem Circus Barum-Safari, war Raubtierkutscher bei Gerd Siemoneit, betreute noch seine erste legendäre gemischte Raubtiergruppe. Das waren die Löwen Prinz und Pascha, die Tiger Cora und Mara, der Leopard Alpha und der schwarze Panther Onyx. Zunächst war noch ein Puma in der Gruppe, das aber durch einen Fehler beim Trennen der Tiere von Pascha tot gebissen wurde. So schrumpfte mit dem Aufbau des Circus seine Gemischte immer mehr.

In der Tierschau hatten wir noch ein weiteres Puma, ein überdurchschnittlich grosses Tier, das fast handzahm war. Daher wurde es auch für die Pressearbeit eingesetzt und wir führten das Tier an zwei Leinen gut gesichert in die Redaktionen.

Immer zwei Begleiter dabei, um in jeder Situation sicher reagieren zu können.

Wie klug das war, erlebten wir bei einer anderen Gelegenheit.

Wir gastierten damals in Radolfzell am Bodensee und führten Prinz, wie das Puma hiess, am Bodenseeufer entlang. Die plätschernden Wellen machten das Tier unruhig, da es das nicht gewohnt war. Als dann noch ein Segelschiff in schneller Fahrt über das Wasser in Richtung Ufer glitt, kam Prinz in Panik und wollte auf und davon. Wir zwei Führer des Tieres wurden mitgezogen und bestimmt zwanzig Meter über den Boden geschleift, bis wir die Situation wieder unter Kontrolle hatten. Nach diesem Erlebnis wurden wir vorsichtiger mit solchen Ausflügen.
Mit circensischen Grüßen

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Re: Ein Puma am See - Schau der Clearence!

Ungelesener Beitrag von Admin » 16.07.2007, 23:40

Schau der Clearence!

Wenige Tage später bauten wir in Überlingen den Circus auf einer schrägen feuchten Wiese auf. Wir waren zu spät daran, der Tag sehr heiss, alles in Hektik. Der Premierennachmittag fast ausverkauft. Während der Vorstellung begannen die Stützen der eine Hälfte des alten Holzgradins zu rutschen. Alle freien Mann mussten zur Sicherung heran und mit zwei Traktoren und Seilen wurde das Gradin wieder gerade gezogen.
Kein Besucher bemerkte die Gefahr unter sich. Die alten Haudegen Hubert und Rudi meisterten dieses Malheur mit Bravour.

Dann wurde vor der Pause der Zentralkäfig aufgebaut, alles mit Tempo. Ich hängte die Verbindungseisen ein, mein Kollege positionierte die Podeste. Gerd Siemoneit überprüfte dies alles. Dann lief er hinaus zu den Wägen und nach einem gut eingespielten System kam zunächst die Leopardin Alpha und wurde im Tunnel mit Holzbrettern abgeschiebert. Dann kam Onxy, dahinter die Tiger, zu letzt die Löwen. Ein Vorgang, der täglich zweimal erfolgte. An diesem Tag waren wir schweissgebadet nur auf die Tiere konzentriert. Normalerweise stand eine dritte Person auf der anderen Seite des Tunnels und verhinderte, dass Besucher aus dem Gradin dem Tunnel zu nahe kamen. Es war uns gar nicht aufgefallen, dass an diesem Tag dieser dritte Mann fehlte.

Damals lief im Fernsehen die Serie Daktari mit dem schielenden Löwen Clearence und dem Schimpansen Judy. Eine Serie die die Tiere sehr vermenschlichte und harmlos zeigte. Die Kinder waren dadurch fasziniert von Löwen und Schimpansen.
Im Gradin sass eine Mutter mit so einem unruhigen Sprössling und sagte zu diesem “Schau, der Clearence” und junge lief hinunter zum Tunnel, betrachtete den Löwen, der ihn nicht so freundlich anfauchte und so entschied er sich für den schwarzen Panther Onxy. Durch das Gitter wollte er diesen streicheln und Onyx packte sofort zu und hielt das Kind mit den Pranken durch das Gitter am Kopf fest. Ich sah es als Erster und griff mir den Schwanz von Onyx zog daran fest und knickte diesen um. Vergeblich, denn Onyx war total auf seine Beute fixiert. Ich brüllte nach Gerd Siemoneit der sofort über den Tunnel sprang und mit einem Stock solange auf sein Lieblingstier einschlug, bis dieser das Kind losgelassen hatte. Blutüberströmt wurde es weggetragen und musste mehrfach im Gesicht operiert werden. Mit den Krallen hatte der Panther die Haut an vielen Stellen aufgerissen.

Nach kurzer Beruhigung der Tiere, wurden diese in die Manege gelassen und Gerd Siemoneit führte seine Dressur unverändert vor. Nur den legendären Panthersprung musste er nun eine Woche aussetzen.

Von diesem Tag an waren wir noch vorsichtiger und ich mir vorallem bewusst wie schnell diese lieben Tiere zu gefährlichen Beutejägern werden können.

Solche gravierenden Pannen gab es glücklicherweise selten, doch sie kommen immer wieder vor. Meist gehen sie glimpflich ab, so wie damals, als ein Assistent vergass die Türe des Zentralkäfig zu schliessen, als die Leopardin Alpha bereits allein in der Manege war. Ich sah die Gefahr und ging mit einem Stock zielgerichtet auf sie zu. Sie hatte die offene Tür schon gesehen und bewegte sich langsam darauf zu. Alpha fauchte mich an und ich rief einen Dressurbefehl aus, damit diese ihr Podest aufsucht. Im gleichen Moment steckte ich den Stock zwischen die Gitter der Türe und zog diese mit einem Ruck zu. Das Ganze waren ein paar Sekunden der wachen vollständigen Entschlossenheit, den man bei dieser Arbeit mit wilden Tieren braucht.
Mit circensischen Grüßen

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