Wenig Zirkus für viel Geld
Cynthia PINTER
Keine Tiger und Löwen aber Kamele und Lamas auf dem Vointa-Stadion
Zirkus ohne Geld kennen wir inzwischen alle, entweder aus der Politik - obwohl es da meistens um viel Geld geht - oder von anderen öffentlichen Veranstaltungen, die gerne mediatisiert werden. Die Redewendung ist zwar keine deutsche, wurde aber im Laufe der Zeit aus dem Rumänischen übersetzt und ist in Siebenbürgen im sprachlichen Gebrauch durchaus frequent. Die Gelegenheit, einen richtigen Zirkus zu besuchen, haben die Hermannstädter noch bis einschließlich Sonntag.
An den befahrenen Straßen wurden Poster an fast jeden Pfosten geklebt. „Circus Mondial“ stand darauf groß geschrieben. Darunter schöne, bunte Zeichnungen von einem Tiger, einem Löwen, einem Clown, einem Kamel und einem Pferd. Auf dem Voin˛a-Stadion wurde ein großes (laut Veranstaltern beheizbares) Zelt aufgestellt.
Unerwartet viele Autos parkten am vergangenen Sonntag kreuz und quer auf dem kleinen Parkplatz vor dem Strandbad und auch am Stadion bildete sich schon 30 Minuten vor Showbeginn eine riesige Schlange vor der Kassa. Die meisten Besucher waren im Grundschulalter, in Begleitung der Eltern. Am Schalter, die Überraschung: Der Eintritt kostete 20 Lei für Kinder, 30 für Erwachsene, wer in die Loge wollte, mußte 40 Lei hinblättern. Ziemlich viel, wenn man überlegt, daß eine Theatervorstellung 10 Lei und 5 Lei reduziert kostet, der Eintritt im Zoo ist sogar noch billiger, 2,50 Eintritt für Erwachsene. Man erwartete also etwas Spektakuläres für sein Geld.
Mit 15 Minuten Verspätung begann die Show, aber siehe da, der Zirkus-Ansager (auch Zirkus-Conférencier) stellte den Zirkus unter dem Namen „Praga“ vor. Keine Rede also von „Mondial“, ein Zirkus, der aus Deutschland stammen soll. Der Zirkus Praga ist scheinbar ungarischer Herkunft, denn die Angestellten sprachen Ungarisch untereinander. Naja, das muß ja noch nichts heißen, kann ja trotzdem gut sein, denkt sich der optimistische Zuschauer.
Die erste Ansage: „Hier präsentieren wir Ihnen Fanny, die bekannteste Dresseurin Europas“. In die Manege tritt eine um die 50jährige Frau in ihrem verwaschenen einst bunten Kostüm mit einem Pavianweibchen an der Hand, gefolgt von fünf Pudeln. Ein paar kleine Akrobatik-Nummern, bei denen mal der Affe, mal ein Hündchen durch einen Reifen sprangen, waren der Höhepunkt dieser Nummer.
Man hoffte auf die Clowns Rudolphini und Rolando. Diese setzten auf Kommunikation mit dem Publikum. Die Kinder durften versuchen, eine Kartoffel nach Rudolphini zu werfen, so daß dieser sie mit einer Gabel auffangen konnte. Unter lustig versteht man als erwachsener Mensch etwas anderes. Die Kinder warfen extra daneben und amüsierten sich prächtig dabei.
Es folgten die Akrobaten „aus drei Generationen“, wie der Ansager ständig betonte, die kleine Kunststückchen auf Einrädern machten.
Vielleicht die beste Nummer der ganzen Show war der Auftritt von Martha, die es schaffte, in Rückenlage gleich fünf Basketbälle mit Füßen und Händen zu jonglieren. Eine kurze Dressurnummer mit einem Pferd und einem Pony und schon war die Pause da und somit die Gelegenheit, Kamele und Pferde zu reiten, und sich für „nur“ 20 Lei mit den Tieren zu fotografieren. Die Tapferen unter den Zuschauern trauten sich für ein Foto, eine kleine Boa auf den Schultern zu tragen, für 30 Lei.
Der zweite Teil des Spektakels war den exotischen Tieren vorbehalten. Gespannt wartete man auf die Tiger und Löwen, die auf den vielen Plakaten in der Stadt zu sehen waren. Vergebens. Die einzigen exotischen Tiere, die in die Manege hineingetrabt kamen, waren zwei Kamele und zwei Lamas.
Ebenfalls in die Zirkusarena kamen sechs Pferde, und die Sensation: ein Zwergpony. Während die beiden Kamele saßen, sprangen die Lamas über deren Höcker. Von Löwen und Tigern keine Spur bis zum Ende der Show.
Da bleibt nur noch eines zu sagen: Wenig Zirkus für viel Geld.
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