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Mindeslohn-Stress - Sonderreglungen für Schausteller

Verfasst: 18.02.2015, 11:06
von Admin
Was sich dieser Tage in dem Berufszweig des Schaustellers, dem sowohl meine Lebensgefährtin als auch ich in selbstständiger Form nachgehen, aufgrund der Einführung des Mindestlohngesetzes abspielt ist beängstigend. Aufgrund der mit dem Gesetz vorgegebenen Situation ist man in unseren Reihen ratlos über den Umgang mit den Vorschriften die sich durch das o.g. Gesetz ergeben.

Es sei gesagt, daß eine sozial gerechte Entlohnung jedes Arbeitnehmers in diesem Land sichergestellt sein sollte. Davon schließt sich die Gruppe der Schausteller, und derer die im weiteren Reisegewerbe tätig sind sicher nicht aus.

Fakt ist aber, daß mit der Umsetzung des Mindestlohngesetzes und insbesondere der damit verbundenen Dokumentationspflicht jeder Arbeitgeber in unserer Branche automatisch – so er denn seinen Betrieb aufrecht erhalten und seine Existenz nicht gefährden will – kriminalisiert wird.

Mehr unter:
http://www.platz-radio.com/2015/02/mindestlohn-gesetz/

Ein lesenswerter Hilferuf eines Schaustellers bezüglich der praktischen Umsetzung von Mindestlohn und Dokumentationspflicht
und der daraus entstehenden Existenzgefährung einer ganzen Branche.

Re: Mindeslohn-Stress !!

Verfasst: 22.02.2015, 20:04
von Admin
Auf der Großkundgebung des Deutschen Schaustellerbundes (DSB) in Aachen lud Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles das Präsidium des Verbandes zum Gespräch über das neue Arbeitszeitgesetz ins Ministerium nach Berlin ein. Die zentralen Themen des fast zweistündigen Gesprächs am Mittwoch, 28. Januar, waren der Mindestlohn und die damit verbundenen Regelungen hinsichtlich des Arbeitszeitgesetzes, der Dokumentationspflichten und der Anrechenbarkeit von Kost und Logis. DSB-Präsident Ritter betonte nach dem konstruktiven Gespräch: "Wir haben als DSB klar Stellung bezogen."

Bei dem jüngsten Termin im Bundesarbeitsministerium im Januar erläuterten DSB-Präsidium und Hauptgeschäftsführer Frank Hakelberg der Ministerin und ihren Referenten noch einmal die Besonderheiten der Schaustellerbranche. Die Ministerin machte deutlich, dass es ihr mit dem Mindestlohngesetz um mehr Lohngerechtigkeit gehe, die Schausteller aber keinesfalls durch übermäßige Bürokratie in existenzielle Schwierigkeiten gebracht werden sollen. Im Laufe des gemeinsamen Gedankenaustauschs wurden folgende für das Bundesministerium denkbare Erleichterungen für die Schaustellerbranche erarbeitet:

Kost und Logis:

Es gelang dem Präsidium darzulegen, dass auch das Schaustellergewerbe ein Saisongewerbe ist, welches für gewöhnlich von Weihnachten bis in die Osterzeit ruht. Die Ministerin sagte zu, sich mit den zuständigen Stellen in Verbindung zu setzen, damit auch das Schaustellergewerbe ausdrücklich als Saisonbetriebe im Sinne des Mindestlohngesetzes aufgeführt wird. Damit können Kost und Logis zukünftig auf den Lohn angerechnet werden.
Arbeitszeitgesetz:

Die Erläuterungen des Präsidiums, dass es sich beim Schaustellergewerbe zweifelsohne um Saisonbetriebe handelt, sind auch für das Arbeitszeitgesetz von erheblicher Bedeutung. Hier gilt zwar der Grundsatz, dass die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten darf und auf bis zu zehn Stunden ohne weitere tarifliche Vereinbarung nur dann verlängert werden kann, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten bzw. 24 Wochen durch Ausgleich ein Durchschnitt von nicht mehr als acht Stunden erreicht wird (§ 3 Arbeitszeitgesetz). Es gibt jedoch schon jetzt Ausnahme-Regelungen für „außergewöhnliche Fälle“ in der Bundesgesetzgebung, in denen über diese Zeiten hinausgegangen werden kann. Hierunter könnte nach Auffassung der Ministerin möglicherweise die Durchführung von Volksfesten eingeordnet werden, da das Schaustellergewerbe eine extrem saisonbestimmte Branche sei, die keinerlei Arbeitsaufschub dulde. Die Ministerin sagte zu, die Landesarbeits- und Sozialminister auf diese besondere Situation der Saisonarbeit hinzuweisen und sie zu bitten, dies bei der Genehmigungspraxis der Länder zu berücksichtigen. Die Ministerin sagte auch zu, die Präsidien des Deutschen Städtetags, Deutschen Landkreistags und Städte- und Gemeindebundes in dieses Vorhaben einzubinden.

Dokumentationspflicht:

„Eine Mindestlohnpflicht bei der die geleisteten Arbeitsstunden nicht aufgezeichnet werden, geht ins Leere“, so die Ministerin. Sie machte allerdings deutlich, dass die Dokumentationspflicht für das Schaustellergewerbe bereits dann erfüllt sei, wenn die Anfangs- und Endzeit des Arbeitstages und die in diesem Zeitfenster insgesamt geleisteten Arbeitsstunden aufgeschrieben seien. Die Aufzeichnungspflicht kann durch die Mitarbeiter selbst erfüllt werden und muss spätestens sieben Tage nach erbrachter Arbeit erfolgen. Für den zukünftig kontrollierenden Zoll ist es nicht von Bedeutung, wann welche Pausen in welcher Länge konkret gemacht wurden. Bei häufiger Überschreitung der Regelarbeitszeit von über 8 Stunden täglich wird zu einem Arbeitszeitkonto geraten, über das z.B. an Stillliegertagen ein Ausgleich durch Freizeit geschafft werden kann.

Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz:

Die Dokumentationspflicht resultiert aus der Verknüpfung des Mindestlohngesetzes mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz. Hier sind neun Branchen als für Schwarzarbeit gefährdet aufgeführt, so z. B. das Baugewerbe, die Gebäudereinigung, die Landwirtschaft und das Schaustellergewerbe. Das Präsidium des DSB konnte verdeutlichen, dass durch das deutlich erleichterte Anmeldeverfahren der Arbeitnehmer sich die Situation erheblich entspannt habe und Fälle von Schwarzarbeit seit Jahren nicht mehr aufgetreten sind. Berufsverband und Ministerium werden sich nun gemeinsam für eine Herauslösung des Schaustellergewerbes aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz einsetzen. Damit entfiele zukünftig auch die zusätzliche Dokumentationspflicht. Dieser Prozess wird allerdings viel Zeit in Anspruch nehmen.

Die Referenten der Bundesarbeitsministerin sagten den Schaustellervertretern zu, dass sie alles tun werden, um den Schaustellern mehr Rechtssicherheit im Umgang mit dem neuen Gesetz zu geben. Niemand solle über Gebühr beansprucht werden. Das Ministerium könne z. B. in Zusammenarbeit mit der Hauptgeschäftsstelle des DSB Informationsblätter und auch Arbeitsverträge als Muster entwerfen, diese auch in andere Sprachen übersetzen, um so möglichst viel Vereinfachung für die Saisonarbeitskräfte auch aus anderen EU-Staaten zu schaffen.

Zum Abschluss des in sehr konstruktiver Atmosphäre geführten Gesprächs, führte die Ministerin aus: „Die Volksfeste Deutschlands liegen mir persönlich am Herzen und die speziellen Herausforderungen der Schaustellerbranche, die diese Feste möglich machen, sind mir in den vergangenen Wochen sehr deutlich vor Augen geführt worden – wir werden für alles Lösungen finden, kein Karussell soll stehen bleiben“.

Vollständiger Text auf der Website des Schaustellerverbandes:
http://www.dsbev.de/meldungen/meldungen ... Bcat%5D=1&

Re: Mindeslohn-Stress !!

Verfasst: 10.03.2015, 22:43
von Admin
Schausteller können nun bis zu 12 Stunden (sogar ohne Pausen gerechnet) täglich arbeiten!

Mindestlohn-Fachgespräche mit Bundesarbeitsminister Sigmar Gabriel in Berlin
Anschlusstermin im NRW-Arbeitsministerium

Am 24. Februar kamen DSB-Präsident Ritter und Hauptgeschäftsführer Frank Hakelberg mit Bundeswirtschaftsminister, Vizekanzler und SPD-Parteivorsitzendem Sigmar Gabriel zu einem ehrlichen und offen Fachgespräch zusammen. Hauptthema des Gesprächs waren die drängenden Probleme durch das neue Mindestlohngesetz. Präsident Ritter und Hauptgeschäftsführer Hakelberg verhandelten hart in der Sache und forderten hinsichtlich der Arbeitszeitenregelungen und Dokumentationspflichten konkrete Ausnahmeregelungen für die Schaustellerbranche. Auch bei den Themen DIN EN 13814 und Strompreise forderten die Schaustellervertreter wiederholt branchenverträgliche Lösungen.

Der Bundeswirtschaftsminister sagte im Gespräch zu, diese brennenden Hauptthemen noch in der am gleichen Abend stattfindenden Sitzung des Koalitionsausschusses vorzutragen. Im Beisein von Ritter und Hakelberg telefonierte der der Bundeswirtschaftsminister in der Sache mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles.

Bereits am nächsten Tag fand ein persönliches Telefonat zwischen Sigmar Gabriel und dem DSB statt. Darin folgte der Bundeswirtschaftsminister seiner Zusage und teilte folgendes mit:

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles handelte noch am gleichen Abend mit der Vorsitzenden der Arbeitsministerkonferenz der Länder aus, dass umgehend eine Telefonkonferenz der Landesarbeitsminister zu unseren Schaustellerthemen stattfindet. Dies ist eine Besonderheit, denn die nächste reguläre Konferenz findet erst wieder im November statt.
In einem weiteren Gespräch des Abends hat sich die Bundesarbeitsministerin mit dem zuständigen Landesminister des Landes NRW, Herrn Guntram Schneider (auch er hatte dem DSB in Aachen seine Hilfe zugesagt) zu unserem Thema abgestimmt.


DSB zu Anschlussverhandlungen im NRW-Arbeitsministerium

Dass diese Zusagen nicht nur leere Worthülsen sind, zeigte sich am folgenden Tag bei einem gemeinsamen Termin von Albert Ritter und Patrick Arens im nordrhein-westfälischen Arbeitsministerium:

Im Januar hatte der DSB im Gespräch mit Bundesarbeitsministerin Nahles die Anerkennung des Schaustellergewerbes als Saisongewerbe – und damit die Anrechnung von Kost und Logis auf den Mindestlohn! – errungen.
Darauf aufbauend wurde auf Drängen des DSB nun auch hinsichtlich der Arbeitszeit eine Ausnahmeregelung für Schausteller im Saisongeschäft gefunden! Schausteller können nun bis zu 12 Stunden (sogar ohne Pausen gerechnet!) täglich arbeiten!
Voraussetzung dafür ist ein einmaliger Antrag zu Beginn der Saison, in dem man kurz seine Saisontätigkeit als Schausteller darstellt. Die Genehmigung erteilen dann die für den Sitz des Betriebs zuständigen Behörden. Sie wird bundesweit anerkannt und gilt für das ganze Jahr. Wichtig ist, dass über die Saison bzw. das Jahr verteilt, Stilliegertage und Freizeiten dafür genutzt werden müssen, im Schnitt wieder auf 8 Stunden täglich zu kommen.
Die Verbände erarbeiten bereits Entwürfe dieser Antragstexte, die noch diese Woche dem Ministerium zugeleitet werden. Diesem Modell sollen, so die beiden Bundesminister, alle anderen Bundesländer folgen - und somit noch vor Ostern bundesweit eine schaustellerverträgliche Regelung geschaffen werden!
Bis dahin hält der DSB weiterhin an den Gesprächen über die Aussetzung von Kontrollen und die Befreiungen von der Dokumentationspflicht fest.

http://www.dsbev.de/meldungen/facebook/ ... ngeschaeft