Der Zirkus Lamberti gastiert in Opfingen: Eine Familienangelegenheit
Der "Zirkus Lamberti", der bis Sonntag im Stadtteil Opfingen gastiert, ist inzwischen eine reine Familienangelegenheit.
An sonnigen Herbsttagen wirkt der Alltag beim Familienzirkus Lamberti idyllisch. Doch wer genauer hinschaut, erfährt, wie viel Arbeit dahinter steckt. Damit Manuela Zinnecker (55) und ihr Mann, ihr Sohn mit seiner Partnerin und die Tochter mit Partner und bald zwei Kindern überleben können, müssen sie sich neue Standbeine schaffen. Bis Sonntag präsentieren sie in Opfingen, was sie ausmacht: Sie zeigen ihr Artistik-, Clownerie- und Tierprogramm, so wie es in der Familie seit dem 19. Jahrhundert eine Generation nach der anderen macht.
Zwischendrin ist Zeit für eine Pause: Vor einem der drei Wohnwagen, in denen die drei Paare leben, ist ein kleiner Tisch mit Stühlen. Das blauweiß gestreifte Zirkuszelt steht längst, drum herum sind die acht – meist gelben – Transporter aufgestellt, mit denen der Zirkus von Ort zu Ort und von Platz zu Platz zieht.
Hier in Opfingen sind sie umgeben von viel Ruhe, Maisfeldern und Wiesen. Das ist schön, aber etwas abgelegen. Die Zinneckers sind froh, wenn sie Plätze bekommen – die meisten, wie auch dieser, gehören Bauern. Weil immer mehr zugebaut werde, sei es schwierig geworden, sagt Leandro Zinnecker (20), der Sohn von Monika Zinnecker, der mit seiner Partnerin Ilja Fernandez (21) mit dazu gehört. Die Zinneckers sind meist im Freiburger Raum unterwegs, oft in Lörrach und Rheinfelden. Nach diesem Wochenende ist Bollschweil dran.
Vor der ersten Aufführung gibt’s noch einiges zu tun, obwohl alles "fertig" aussieht: Die Lichter müssen eingestellt und die Popcorn- und Zuckerwatte-Maschinen aufgebaut werden. Gezielte Proben brauchen sie nicht, alle beherrschen ihr Repertoire längst. "Aber es ist wichtig, möglichst täglich zu trainieren, um den Körper geschmeidig zu halten", sagt Leandro Zinnecker. Genau wie seine drei Schwestern ist er völlig selbstverständlich im Zirkus groß geworden und fest mit dem Leben hier verwachsen.
Nicht nur Daline Zinnecker (22), die zurzeit ihr zweites Kind erwartet, und ihr Partner Emra Berisa (29), die fester Bestandteil des Zirkus’ Lamberti sind, sondern auch die beiden anderen Schwestern haben den Zirkus nie hinter sich gelassen: Die eine organisiert mit ihrem Partner Zirkusprojekte für Freiburger Schulen, die andere hat einen Zirkussohn geheiratet und ist in der Berliner Region mit dessen Familie unterwegs. Dass erwachsene Zirkuskinder oft andere Zirkuskinder heiraten, findet Manuela Zinnecker nicht erstaunlich: Immerhin gebe es rund 500 Zirkusfamilien in Deutschland. Sie hat ihre Akrobatikkunst von ihrem Vater gelernt, der vom Zirkus Barum stammte. Auch bei Leandro Zinnecker war es so wie bei vielen Zirkuskindern: "Ich habe gesehen, wie mein Vater Handstände machte – da wollte ich das auch." Inzwischen sind für ihn auch Handstände auf sieben Stühlen, die wiederum auf vier Sektflaschen stehen, in acht Metern Höhe kein Problem mehr.
Als Fünfjähriger trat er zum ersten Mal auf, als Clown. Ähnlich geht’s seinen zwei kleinen Nichten Chanel (5) und Jolina (10), die zeitweise auf Besuch und an Auftritten beteiligt sind. Die Schulsituation hat sich seit Leandro Zinneckers Kindheit verbessert, findet er: Inzwischen gebe es Internetunterricht, zusätzlich zum teils wöchentlich wechselnden Schulbesuch – die Wechsel fand er nicht belastend, sondern spannend: "Ich habe noch viele Freunde aus der Zeit, wir kamen ja immer wieder an dieselben Schulen." Und obwohl die Zinneckers zunehmend mit Protesten von Tierrechtlern gegen Zirkustiere konfrontiert sind, gehören auch sechs Tauben, sechs Ponys und die kleine Hündin Jackie mit ihren Kunststücken zum Programm. Im Streichelzoo gibt’s dann noch zwei Ziegen.
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