„Meine Katzen bedeuten mir alles“
„Mein ganzes Leben dreht sich um die Tiere“, sagt Alexander Lacey. Der 42-jährige Engländer gilt als weltbester Raubtierlehrer und ist momentan im Heilbronner Weihnachtscircus zu erleben.
Heilbronn. 10 Uhr, ein kalter, grauer Wintermorgen in Heilbronn. Die Parkplätze vor dem großen Zirkuszelt auf der Theresienwiese sind leer. Alexander Lacey ist seit drei Stunden auf den Beinen. So wie jeden Tag. Der erste Weg am Morgen führt ihn zu seinen „Katzen“, wie er die sechs Löwen, sieben Tiger und den Leoparden nennt.
Der letzte Gang am Abend gegen 23 Uhr gilt auch ihnen. Nur wenn es seinen Tieren gut geht, geht es ihm auch gut. Obwohl – heute fühlt er sich nicht fit, wahrscheinlich so eine Art Grippe, meint er. Doch im Bett zu bleiben ist keine Option für ihn. „Ich habe keine andere Wahl, als aufzustehen und mich um meine Katzen zu kümmern“, sagt er.
„Sie können mich fragen, was Sie wollen“, ermuntert Lacey seinen Gast, „ich werde auf jede Frage eine Antwort haben“. Eineinhalb Stunden später hat er es bewiesen. Man kann von ihm Simples wissen wollen – etwa, wie man einen Löwen überhaupt trainiert oder ob er ein Lieblingstier in seinem „Rudel“ hat, man kann ihn aber auch fragen, ob es nötig ist, dass Wildtiere in einem Zirkus auftreten „müssen“. Dass sie zu reisen haben, eingesperrt sind und nicht in Freiheit leben dürfen wie Löwen, Tiger und Leoparden das in der Regel so tun. Lacey hat auf alles eine Antwort.
Jahrelang nur ausgemistet
Als Sohn der britischen Raubtiertrainer und Zoobesitzer Martin und Susan Lacey ist er wie sein Bruder Martin jr. mit Großkatzen, Bären und Schimpansen aufgewachsen.
Doch so gerne sie es auch wollten, so richtig konnten die Geschwister nicht mit den Raubtieren in Berührung kommen. Dafür umso mehr mit ihren Hinterlassenschaften. „Wir durften jahrelang nur ausmisten und die Tiere versorgen – mehr nicht.“
Als eigene „Haustiere“ hatte Alexander Lacey vier Hühner. Eine gute Schule für später. Er lacht: „Hühnerkot klebt unglaublich. Jeden Morgen vor der Schule war ich erst mal mit Saubermachen beschäftigt.“ Doch erst, als ihr Vater mit Sicherheit wusste, dass es seinen beiden Jungs wirklich ernst ist, die sprichwörtliche „Mistarbeit“ jeden Tag auf sich zu nehmen, durften sie mit dem Training der Großkatzen beginnen. Lacey nennt es eine Ehre.
Auch heute noch ist es für ihn jeden Tag etwas Besonderes, mit den „Katzen“ arbeiten zu dürfen und von ihnen respektiert zu werden. „Ich bin meinen Eltern so dankbar, dass sie mir zuerst zeigten, wie ich bestmöglich für die Tiere sorge“, sagt er. „Leider“, fügt er hinzu, „gibt es auch Leute, die ohne dieses Wissen einfach anfangen mit Tieren zu trainieren.“
Jedes Tier ist anders
Die „Katzen“ sind sein Leben. Er kennt jedes einzelne Tier und seine Launen in- und auswendig. Drei Tiger – Max, Bella und Cashmir – und Massai, den großen Löwen, hat er mit der Flasche aufgezogen. Sie lebten bei ihm zu Hause, schliefen als Babys bei seiner Tochter im Bett. „Max“, erzählt Lacey lachend, „hat sich ein bisschen selbst erzogen. Die Dusche benutzte er als Katzenklo, und gerne schlief er in der Waschmaschine. „Wenn wir waschen wollten, mussten wir vorher immer nachschauen, ob er nicht drin liegt.“
Die Wildnis haben alle seine Tiere nie kennengelernt. Außerdem, sagt er, gebe es die heutzutage sowieso nicht mehr. Das Thema ist durch, meint Lacey. Schuld daran: der Mensch.
Die Jagd nach Ressourcen, die die natürlichen Lebensräume etwa der Menschenaffen immer mehr eingrenzen, Wilderer, Elfenbeinjäger – Lacey glaubt, dass man „wilde“ Tiere im nächsten Jahrhundert nur noch in Zoos sehen könne. Oder vielleicht im Zirkus.
Liebe, Geduld, Respekt, Vertrauen sind Begriffe, die der 42-Jährige immer wieder benutzt, wenn er über seine „Katzen“ spricht. Doch etwas anderes ist ihm ebenfalls ungemein wichtig: „Man muss ihren Geist wachhalten. Unsere Tiere erreichen alle ein hohes Alter. Erst kürzlich ist der älteste Löwe meines Bruders gestorben. Er wurde bei bester Gesundheit 26 Jahre alt. Das liegt einerseits an unserer guten Pflege, aber andererseits auch daran, dass wir sie trainieren und es ihnen nicht langweilig wird. Sie brauchen genau wie ein Kind eine gleichbleibende Struktur im Tagesablauf.“
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