"Lexikon" - der Dressurbegriffe

Interessante Beiträge über Tierlehrer und Tierhaltung im Circus.
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Othmar
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"Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:53

Die Stimme ein wichtiges Instrument der Tierdressur

Für mich ist die Stimme das wichtigste Instrument um Tiere zu dressieren. Ich spreche fast pausenlos mit meinen Tieren und das nicht nur in der Manege, sondern auch ausserhalb davon. Jeder neue Tag beginnt, dass ich zu jedem einzelnen Tier gehe und ihm „Guten Morgen“ sage und endet nachts bevor ich nach Hause gehe und wiederum zu jedem Tier gehe um ihm „Gute Nacht“ zu sagen.

Verstehen die Tiere was ich ihnen den ganzen Tag lang erzähle oder sage? Natürlich nicht! Tiere können unsere Sprache nicht verstehen, aber sie können sehr wohl am Tonfall erkennen, ob ich in guter Laune oder ob ich unzufrieden bin. Tiere selber gebrauchen „Stimme“ um sich untereinander zu verständigen. Jeder Tiger weiss was das Zorngebrüll eines anderen Tigers zu bedeuten hat oder das Schnurren und wird dementsprechend darauf reagieren. Die Stimme, nicht zu verwechseln mit Sprache, von Menschen und Tieren ist universal.

Das heisst, eine laute ärgerliche Stimme wird bei Menschen sowie Tieren als Aggressivität empfunden. Auf der anderen Seite eine sanfte und freundliche Stimme verrät Wohlbefinden und Freundlichkeit. Zwischen diesen beiden Extremen können wir jede Gemütsschwangung kundgeben, die auch von Tieren verstanden wird.

In der Tierdressur gebrauchen wir eine Art internationaler Kommandostandart. Die Kommandos für Pferde sind meistens französisch, für Raubtiere deutsch und für Elefanten englisch und hindi.

Dies kam so, weil Frankreich 1800 führend war in der Kavallerie und jede europäische Armee kopierte die Kavallerie und damit auch die Kommandos für Pferde. Es ist interessant zu vermerken, dass in den frühen Tagen des modernen Zirkus fast alle Pferdedresseure Kavallerieoffiziere waren. In der Tat, der erste moderne Zirkus des „Philip Astley Theather“ war ausschliesslich für Pferde, so kam auch die Manege zu Gebrauch. Kein Wunder, denn der Gründer war kein anderer als Kavallerieoffizier Philip Astley.

Die moderne Raubtierdressur wurde von Carl Hagenbeck entwickelt, der in Hamburg-Stellingen eine Dressurschule gründete. Von dieser Dressurschule gingen Raubtiergruppen in die ganze Welt hinaus. Wie damals mit der französischen Cavallerie, jeder kopierte nun Hagenbeck und wiederum wurden auch hier die Kommandos mit übernommen, die natülich in deutsch waren.

Elefanten kamen früher ausschließlich von Indien nach Amerika und Europa. Da die Elefanten erst von indischen Mahouts dressiert wurden, war es nur logisch auch die Hindi-Kommandos zu übernehmen, mit denen die Elefanten bereits vertraut waren. Aber nicht alle Komandos waren in hindi, Indien war unter englischer Herrschaft und viele Inder, auch die Mahouts, vermischten hindi mit englisch.

Über die Jahre in denen ich Tiere dressiere, habe ich eine eigene Sprache entwickelt, bestehend aus Deutsch, Englisch, Französisch, Schweizerdeutsch und auch Phantasiewörter die keinen Sinn ergeben. Z.B. rufe ich oft „Hosti, Hosti,“ wenn die Tiger schneller rennen sollen, oder „Bulla, Bulla“ wenn ein Tiger sich mit einem anderen Tiger anlegen will, oder ich sporne meine Helfer ausserhalb des Käfigs mit „Gema, Gema“ an, sowie andere Laute mit denen ich Tierstimmen nachahme. Vermischt mit verschiedenen Pfiffen und Zungenschnalzen. Obwohl nicht von mir beabsichtigt, wurde dies ein „Markenzeichen“ von mir, das von der Presse immer wieder aufgegriffen wurde. Da ich in Amerika oft mit einem Mikrophon arbeitete, eingenäht in meinem Kostüm, fragten mich immer wieder Leute „Was für eine Sprache redest du?“ und die Presse machte daraus, „The modern time Doctor Doolittle“ oder „Nobody can understand a word but his animals understand him perfectly“.

Persönlich kümmere ich mich wenig um internationale Standarte, sondern darum das man mit Tieren redet und auch seine Gefühle offen zeigt. Wenn ich mit einem Tier zufrieden bin, lache ich und mache ein grosses Theater begleitet von einem fröhlichen Wortschwall. Wenn ein Tier „endlich mal“ begreift, mache ich keinen Hehl daraus, wie glücklich und erleichtert ich bin in Taten und Worten. Wenn ein Tier sich schlecht benimmt, schreie ich es kurz aber heftig an, mit einem lauten „No stop it“ oder „Behave yourself“ manchmal ist es nur ein scharfes „Er, Kerl benehm er sich“. Die Tiere verstehen immer ganz genau was los ist und reagieren dementsprechend.

In den folgenden Artikel werde ich euch die gängigsten Kommandos für Pferde, Elefanten und Raubtiere sowie deren Bedeutung aufzählen und als humorvolle Einlage einige meiner Fantasiewörter, damit Ihr in späteren Eintragungen wisst worum es geht wenn diese Erwähnung finden sollten.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:54

Bemerkungen zu den Dressurkommandos

Bei den von mir beschriebenen Kommandos handelt es sich nicht um eine komplette Liste, sondern nur um die gängigst gebrauchten. Elefanten, z.B. kennen bis 50 verschiedene Kommandos, die entweder gesprochen werden oder angezeigt werden, mit Zeichen oder direkter Körperberührung.

Alle Kommandos können kombiniert oder erweitert werden mit Zeichen und Körperberührung. Ein durchschnittlich dressiertes Raubtier kann bis zu 20 solche Kommandos unterscheiden und beim Pferd können es auch 20 bis 30 sein.

Jedes mal bevor ich ein Kommando auspreche oder andeute, nenne ich das bestimmte Tier beim Namen. Möchte ich, dass eine Gruppe von Tieren oder alle dasselbe Kommando ausführen, knalle ich mit der Peitsche (davon mehr in einem anderen Beitrag zu diesem Thema).

Kommandos werden immer kurz und klar ausgedrückt in einem befehlenden Tonfall, was nicht mit Anschreien zu verwechseln ist wie an einem Kasernenhof. Der Tonfall verändert sich immer, damit gebe ich Emotionen an die Tiere weiter, die dann ihrerseits diese Emotionen aufangen. Mit meiner Stimme kann ich ein Tier beruhigen, ihm Sicherheit verleihen, es anspornen, beeindrucken oder besänftigen. In diesem Sinne kann der Tonfall alleine als eine Art Kommando dienen und eine ensprechende Reaktion beim Tier auslösen.

Weitere Kommandos und Signale werden mit dem Verhalten des Tierlehrers an Tiere weitergegeben, darüber und die Wichtigkeit des Verhaltens (Körpersprache) werde ich in einem späteren Beitrag näher eingehen.
Tiere sind so empfänglich für die Stimme und das Verhalten eines Menschen, das es ganz einfach keine Gewalt benötigt, um Tiere zu dressieren. Da wo Gewaltanwendung doch vorkommt, ist es eine Schwäche des Tierlehrers, die meistens auf Ungeduld zurüruckzuführen ist. Jedoch muss man sehr vorsichtig sein, wenn man von Gewaltanwendung redet bei der Tierdressur, denn nicht alles, was der Mensch als Gewaltanwendung sieht, wird vom Tier als Gewalt empfunden. Auch darüber werde ich näher eingehen in einem späteren Eintrag.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:55

Raubtier Kommandos:

• Platz (Das Raubtier soll an sein Postament am Gitterrand gehen)

• Sitz (Sich Hinsetzen)

• Hoch ( Die Vorderfüsse nach oben richten, „Schön machen“)

• Down (Sich hinlegen)

• Ready oder Aufpassen (Sich bereit machen für ein neues Kommando, z.B. wenn sich mehrere Tiger in eine Reihe legen und dann hochsitzen sollen, sage ich diese Kommandos, um zu verstehen zu geben, dass noch was anderes kommt)

• Komm hier (Das Tier soll direkt zu mir kommen oder an einen Punkt oder zu einem Postament, wo der Stock oder Peitsche hinzeigt.)

• Hold it (Halte diese Position oder warte)

• Jump (Spring, durch den Feuerreifen oder über anderes Tier)

• Go side (Rück ein bisschen zur Seite, auf welche Seite wird mit
dem Stock oder Peitsche angezeigt)

• Back ( Geh Rückwärts)

• Roll (Sich am Boden liegend um die eigene Achse rollen)

• Waltz (Sich um die eigene Achse drehen)

• Allez oder Quickly ( Mach schneller)

• No oder Nein ( ist scharf gesprochen und meint, das dass Tier ein unerwünschtes Benehmen aufhören soll, z.B. Streiten mit anderen)

• Brav oder Good Boy/Girl (Immer sehr sanft und langgezogen wie „Braaaavv“ ausgesprochen, es ist lobend)

• Move up (Ein Tier das rumtrödelt, wird damit aufgefordert, schneller zu gehen)

• Up ( Ein Tier soll sich auf die Hinterbeine stellen oder Raufsteigen, z.B. auf die Pyramide)



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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:55

Pferde Kommandos

• Arrière (Rückwärtsgehen)

• Ici (Komm hier)

• Parté (Geh seitwärts oder lauf durch die Manege)

• Allez (Schneller laufen)

• Pirouette (Piruette)

• Valse (Waltzen, wenn Pferde im leichten Traben um die eigene Achse drehen.)

• Volté (In ganz engem Zirkel laufen)

• Howa (Langsam) Dies ist kein eigentliches Wort.)

• Place (Geh an deinen Platz in der Reihe, wenn Pferde hintereinander laufen)

• Paire Deux (Zu zweit aufschliessen)

• Paire Trois (Zu dritt aufschliessen)

• Marche (Laufen)

• Être (Raus, wenn ein Pferd nicht im Hufschlag rennt)

• D’accord (Lauf in einer Reihe oder in einer Reihe herkommen)

• Side (Das Pferd soll seitwärts laufen oder zur Seite rücken, die Peitsche oder der Tupfer werden anzeigen, in welche Richtung)

• Trott oder Trab ( Traben)

• Lauf (Laufen im Schritt)

• Galopp (Galoppieren)

• Changer ( Auswechseln, z.B. die Pferde wechseln ihre Positionen miteinander oder teilen sich in zwei Gruppen. Die Peitsche oder Tupfer wird anzeigen, welches „Changer“ von den beiden Variationen verlangt wird)

• Hoch (Das Pferd soll auf der Hinterhand steigen, „Steiger“)

• Brav oder Good Boy/Girl (Immer sehr sanft und langgezogen wie „Braaaavv“ ausgesprochen, es ist lobend)



Bei der Dressur für die Hohe Schule verwende ich dieselben Wortkommandos, die aber mehr und mehr ersetzt werden mit leichtem Schenkeldruck, Zügelhaltung und Gewichtsverlegungen, bis das Pferd nur noch auf diese Zeichen reagiert und keine Worte mehr gebraucht werden. Schritte wie die Piaffe (Spanischer Schritt) kommandiere ich nur mit leisen „Schmatzlauten“ oder ganz sanften und leisen Pfiffen.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:56

Elefanten Kommandos:

Im folgenden werde ich alle Hindu Kommandos so schreiben, wie diese gesprochen werden.

• Come here (Der Elefant soll zu mir kommen oder an einen bestimmten Punkt, wo ich mit Peitsche oder Elefantenhaken „Ankus“ hinzeige)

• Rangu (Heb den Rüssel hoch)

• Lift oder Pila (Heb ein oder mehrere Beine hoch, mit der Peitsche und Ankus werde ich anzeigen, welches Bein oder Beine)

• Hatri (Der Elefant soll sich mit dem Rüssel am Schwanz des vor ihm laufenden Elefanten festhalten)

• Down oder Daha (Leg dich hin)

• Up oder Utally (Steig rauf, z.B. auf ein Postament)

• Back oder Dadada ( Geh Rückwärts)

• Pick it up (Etwas, einen Gegenstand, mit dem Rüssel aufheben. Meint aber auch schneller Laufen. Mit Peitsche, Hand oder Ankus wird angezeigt welche Art „Pick it up“ gemeint ist)

• Push (Mit dem Kopf, Fuss oder Rüssel einen Gegenstand schieben oder drücken)

• Go side (Geh zur Seite oder rück ein bisschen)

• Hold it (Halte diese Position oder warte)

• Waltz (Sich um die eigene Achse drehen)

• Allez oder Quickly ( Mach schneller)

• No oder Nein ( ist scharf gesprochen und meint, dass der Elefant ein unerwünschtes Benehmen aufhören soll, z.B. Streiten mit anderen)

• Brav oder Good Boy/Girl (Immer sehr sanft und langgezogen wie „Braaaavv“ ausgesprochen, es ist lobend)

• Place (Der Elefant soll an seinen Platz in der Kolone zurückkehren)


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:57

Weitere Kommandos:

Wie versprochen werde ich hier eine kurze Liste veröffentlichen von Dingen und Kommandos, die mehr eine Fantasiesprache sind und deren Wörter keinen eigentlichen Sinn machen. Auch werde ich einige Kommandos beifügen, die an meine Arbeiter gerichtet werden, während einer Probe oder Vorstellung.

Fantasie Sprache und Tierstimmen Imitationen:

• Hosti Hosti ( Wenn ich ein Tier mit fröhlichem Gemüt antreiben will)

• Bulla Bulla (Wenn ich zwei streitende Tiger ermahne, wird dies mit ärgerlichem Tonfall ausgesprochen. Damit treibe ich aber auch Elefanten an wie oben bei Hosti Hosti.)

• Bababaaa ( Wird wie Kinderplappern fast leise geflüstert wenn ich nahe bei einem Tier bin, um es gemütlich zu stimmen. Tiere mögen Baby talk.)

• Heyhoo (Wenn ich sehe oder ahne, das ein Tier Unfug im Sinn hat.)

• Grrrrr ( Ist ein gurgelnder Laut, der im Kehlkopf erzeugt wird, diesen Laut machen Elefanten, wenn sie sich begrüssen)

• BrrrrBrrr (Ist ein Laut der erzeugt wird, wenn schnell Luft durch die geschlossenen Lippen geblasen und imitiert das Schnurren eines Tigers.)


Weitere Töne sind verschiedene leise Pfiffe und verschiedene Tonlagen von Zungenschnalzen, die alle eine Bedeutung für die Tiere haben oder ganz einfach dazu dienen, Kontakt herzustellen mit den Tieren.
Als Tierlehrer muss ich mich nicht nur pausenlos mit meinen Tieren verständigen und mich auf sie konzentrieren, sondern auch mit meinen Arbeitern und Assistenten, es ist als ob man mit zwei Telefonanrufen zur gleichen Zeit kommuniziert.

Hier ein paar Kommandos, die meine Arbeiter oft von mir hören während einer Probe oder Vorstellung.

• Aufpassen (Wenn zwei Arbeiter nicht auf meine Rückenseite aufpassen, wenn ich mit den Tigern arbeite.)

• Schweig ( Wenn Arbeiter miteinander tratschen, anstatt sich auf meine Arbeit und die Tiere zu konzentrieren.)

• Lauf Kerl ( Wenn ein Arbeiter nicht schnell genug einem Pferd oder Elefanten aus dem Weg geht und dadurch das Tier zwingt, langsamer zu gehen, als es soll oder gar einen anderen Weg einschlagen muss, um dem "Kerl" auzuweichen.)

• Fleisch oder Titbit (Wenn meine Futtertasche leer ist und ich mehr „Leckerchen“ brauche)

• Peitsche (Ich brauche meine Ersatzpeitsche oder eine zweite Peitsche)

• Pupu oder Taxi (Ein Tier hat sein „Geschäftchen“ in der Manege oder im Zentralkäfig gemacht und es muss weggefegt oder mit Sägemehl abgedeckt werden)

• Rechts oder Links (Der Arbeiter soll sich auf die rechte oder linke Seite des Tieres oder des Zentralkäfigs begeben, der genaue Ort wird mit der Peitsche oder Stock angezeigt, indem ich darauf hindeute.)

• Honey (Ich brauche die Assistenz meiner Frau, wenn sie mit mir dabei ist. Mit meiner Frau brauche ich nicht zu reden. Sie kennt sich nicht sehr aus mit Tieren aber, und das ist wahr, sie fühlt was ich will, manche nennen das auch Gedankenübertragung, so wenns brenzlig wird rufe ich Sie auf den Plan.)

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:58

Beschreibung von Tierdressur Fachwörtern.

In den vorhergehenden, aber auch in den folgenden Beiträgen werden immer wieder „Fremdwörter“ auftauchen, die für den Laien keine Bedeutung haben oder unter einem anderen Namen bekannt sind.
Zum besseren Verständnis werde ich im folgenden eine Liste von den gängigsten Fachausdrücken erklären.

• Chamabiere (Pferdepeitsche. Der Stock ist aus Rattan oder Fiberglas und muss sehr biegsam und weich sein. Der Stock soll immer der Körpergrösse des Tierlehrers entsprechen, in meinem Fall 165 cm, der Schlag soll 6 bis 7 Meter lang sein.)

• Schlag (Ein Lederriemen der am Peitschenstock befestigt ist. Ein Schlag kann verschiedene Durchmesser aufweisen. Ein „Pferde Schlag“ ist ein dünner Lederriemen. Der „Raubtier Schlag“ und der „Elefanten Schlag“ sind dicker und geflochten. Solche Schläge werden an Sulgenholz-Stöcken befestigt.)

• Sulgenholzstock (Ein aus Weidenholz gedrehter Stock, an dem schwere Schläge befestigt werden. Der Stock soll nicht viel länger sein als 110 cm.)

• Tupfer oder Swishy (Ist wie eine Reitgerte, aber zwischen 150 bis 200 cm lang. Der Tupfer wird meistens als Zweitpeitsche in der Pferdedressur verwendet. Ich benutze den Tupfer aber auch bei der Raubtierdressur.)

• Bogenpeitsche (Ist wie der Tupfer aber mit einem 100cm Schlag daran.)

• Ankus (Ist der Elefantenhaken. Der Haken wird nicht gebraucht, um Elefanten „gefügig“ zu machen, sondern wird benutzt, um Elefanten zu führen und Zeichen zu geben, ähnlich wie ein Reiter es tut mit Sporen. Der Haken soll nicht so scharf sein, dass er die Haut durchstossen kann. Meine Ankus habe ich alle selber entwickelt, so dass diese sich nicht am Tier einhaken können. Die Ankus für meine Assistenten sind so geformt, dass der Haken abrutscht, sobald zuviel Druck ausgeübt wird.)

• Stock ( Dies ist ein Holzstock, Besenstiel und dergleichen, an einem Ende leicht zugespitzt, um Fleischbrocken daran aufzuspiessen. Meine Stöcke sind alle gefertigt von alten Eishockey Stöcken, die ich in den Arenen wo der Circus spielt, zusammen gesammelt habe. Persönlich mag ich lange Stöcke, bis zu 150cm.)

• Gabel (Eine aus Eisen oder Holz geformte zweizinkige Gabel, die immer im Zentralkäfig in ereichbarer Nähe liegt, aber etwas verborgen vor den Augen der Tiere und des Publikums. Zwei bis drei weitere Gabeln sind verteilt rund um den Zentralkäfig ausserhalb. Diese Gabel ist meine Verteidigunswaffe, sollte ich mich nicht anders einem Angriff eines Raubtieres erwehren können, oder ich einen heissen Kampf zwischen Raubtieren abbrechen muss. Meine Assistenten werden nur dann von aussen eingreifen, wenn ich es ausdrücklich anordne. Meine „Goldene Regel“ ist, „Solange ich auf beiden Beinen stehe, macht jeder nur genau das, was ich befehle. Wenn ich am Boden liege, gilt alles und ihr könnt machen was ihr wollt.“ (In meinen 30 Jahren habe ich nur zweimal die Gabel gebrauchen müssen.)

• Zentralkäfig ( Grosser runder Käfig in dem Raubtiere dressiert oder vorgeführt werden.)

• Tunnel (Vergitterter Laufgang, wo die Raubtiere vom Käfig in den Zentralkäfig laufen.
• Longe ( 8 Meter lange Leine)

• Manschetten (Dickgepolsterte Ledergurte, die den Pferden, Elefanten und Exoten um die Fesseln befestigt werden, um ihnen beim Beine heben zu assistieren. Die Beine eines Tieres werden nicht gewaltsam hochgerissen.)

• Hufschlag (Wo die Pferde, Elefanten und Exoten am Manegenrand entlang laufen)

• Barriere (Hürde, wo Tiere darüber springen)

• Cavaletti ( 5 Meter lange Holzstangen, die an jedem Ende ein (X) haben und als niedrige Barrieren dienen. Damit lehrt man Pferde einen gleichmässigen und eleganten Trott oder leichten Galopp, die Cavaletti’s werden in gleichen Abständen rundum im Hufschlag verteilt, die Abstände sind dem Schritt des Pferdes angepasst, sodass das Pferd nicht darüber stolpert oder aus dem Schritt kommt.

• Postament (Gestelle auf denen die Raubtiere sitzen)

• Tonne (Elefanten Postament)

• Kutscher (Zirkus Tierpfleger) Ich mag das Wort nicht besonders und sage deshalb Arbeiter oder Tierpfleger. Wenn es gute Tierpfleger, sind die auch Verstand haben, müssen sie mir beim Dressieren und Proben helfen und somit werden sie zu Assistenten.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:58

Eigenschaften eines Tierlehrer

Bevor wir Tiere dressieren können, sollten wir erst mal sehen, welche Eigenschaften ein Tierlehrer besitzen sollte, um erfolgreich Tiere dressieren zu können. Ich möchte es jedoch gleich vorweg sagen. Tiere dressieren ist keine Kunst, auch gibt es keine Geheimnisse oder Magischen Kräfte. In Wahrheit Tiere dressieren ist eine sehr einfache Sache, die von jedem Menschen erlernt werden kann, vorausgesetzt, er erfüllt die folgenden Kriterien.

Verantwortungsbewusstsein. Ein Tierlehrer muss den Tieren immer Vorrang geben, erst die Tiere, dann ich und meine Familie.

Logisch Denken. Das ist einfacher gesagt, denn getan. Menschen haben eine mehr komplizierte Denkweise als Tiere. Bei Tieren 1+1 macht immer zwei. Bei Menschen kann es mit Wenn und Aber und Vielleicht auch schon mal drei oder vier machen.

Anpassungsfähigkeit. Auch da sind Menschen nicht gerade grosse Leuchten. Oft höre ich; „Aber das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Gestern habe ich das so gemacht und es ging gut. Warum heute nicht?“ Ein Tierlehrer muss sich und seine Arbeitsmethode ständig den Launen und dem Verständnis anpassen.

Denken. Ein Tierlehrer soll frei denken und nicht in einer Schablone, dann kann er sich auch neuen Situationen anpassen.

Beobachtungsgabe. Ein Tierlehrer soll die Tiere und ihr Verhalten immer gut beobachten und dann das beobachtete auswerten, um Antworten auf Probleme zu finden. Wenn ein Tier etwas macht, das ich „komisch“ finde, will ich wissen, was es ist und warum das Tier das macht. „So macht das Tier das schon lange“ ist für mich keine Antwort und keine Lösung.

Lernen. Ein Tierlehrer soll sich ständig weiterbilden. Aus diesem Grund führe ich ein Tagebuch, in dem ich meine Arbeit seit dreissig Jahren aufschreibe. Sollte ich vor einem unauflösbaren Problem stehen, werde ich in meinen Tagebücher nachlesen, ob ich schon mal ein solches Problem hatte und wie ich es bewältigt habe. Auch habe ich eine Bibliothek von etwa 80 Wissenschaftlichen Büchern, die sich mit Tierverhalten beschäftigen. Auch gehe ich, wenn ich Zeit habe, und sehe anderen Tierlehrern bei der Arbeit zu, davon kann ich immer etwas lernen und wenn es nur ist, wie man es nicht machen soll. Ein Tierlehrer, der sich einbildet, alles zu wissen, was es zu wissen, gibt ist kein schauer Mensch.

Ehrlichkeit. Damit meine ich nicht Stehlen und Lügen, sondern er soll ehrlich mit sich und seinen Gefühlen sein. Ein Tierlehrer der mit falschem Mut in den Tigerkäfig steigt, ist ein toter Tierlehrer. Tiere sind nicht dumm. Ein Tier durchschaut einen Menschen innerhalb weniger Stunden, man kann einem Tier nichts vormachen, was man nicht ist.

Geduld. Ein Tierlehrer muss enorme Geduld haben. Auch das ist leichter gesagt als getan. Es gibt Momente in der Tierdressur wo man Tagelang, ja oft Monatelang nicht vorwärts kommt. In einem speziellen Fall habe ich 2 Jahre meines Lebens „verschwendet“, mit einem Tiger Freund zu werden. Zwei lange Jahre habe ich jeden Tag vor seinem Käfig gesessen und mit ihm geredet, ich habe ihn selbst gefüttert und seinen Käfig sauber gemacht. Im Zentralkäfig habe ich an der Tür gestanden und ihn zum Spielen aufgemuntert. Er war ein sehr misstrauisches Tier, aber nach zwei Jahren, über Nacht, kam er zu mir ans Gitter und hat geschnurrt, von da an gings sehr langsam aufwärts, immer zwei Schritte vor und dann wieder einen Schritt zurück, am Ende wurde er ein herrlicher Kerl, der freudig mitmachte. Die meisten Dressurfehler sind auf Ungeduld zurückzuführen. Ein Moment von Ungeduld kann die Arbeit von Wochen zunichte machen.

Augeglichenheit. Ein Tierlehrer soll einen Ausgeglichenen Charakter haben. Man muss immer derselbe sein bei Tieren. Launische Menschen machen schlechte Tierlehrer. Auch Menschen, die an Sorgen und Problemen „nagen“. Wenn ich zu meinen Tieren gehe, schalte ich alle Sorgen und Kummer aus; auch Auseinandersetzungen mit meiner Frau oder Arbeitern haben in der Manege oder in den Tierställen nichts zu suchen, weder geäussert durch lautes rumschreien oder durch schlechte Launen. Die Behandlung von Tieren sollte immer sachlich sein und nicht abhängig davon sein, wie der Mensch sich gerade fühlt.

Tierliebe. Bei Tierlehrern setze ich Tierliebe als eine Gegebenheit voraus. Um einen solchen Beruf auszuüben, der so viel von persönlicher Freiheit abverlangt und viele Arbeitsstunden beinhaltet, muss man Tiere lieben, oder man zerbricht daran.
Für mich ist Tierliebe, dass man Tiere respektiert als das, was sie sind. Tiere leben in einer anderen Welt als wir, auch haben Tiere keine Moral und Ethische Masstäbe. Tiere wollen nicht wie Menschen behandelt werden, sondern wie Tiere. Ein Mensch, der seinen Hund zum Friseur bringt und ihn in eine Parfümwolke hüllt, auf einem Seidenkissen schlafen lässt und aus Silbertellern essen lässt, ist kein Tierfreund sondern grenzt in vielen Fällen an einen Tierquäler wider Willen. Tiere haben nur in Walt Disney Filmen menschliche Züge, wo der Löwe mit der Gazelle am Lagerfeuer sitzt und fröhliche Liedchen singt. Leider haben solche Filme, aber auch andere wie „Lassie“, „Flipper“ und ähnlicher Stumpfsinn dazu beigetragen, das eine ganze Generation mit einer total falschen „Tierliebe“ aufgewachsen ist. Im Prinzip ist diese Art von Tierliebe eine Beleidigung für Tiere.

Alle diese Eigenschaften kann sich ein Mensch selber beibringen, dazu muss er aber selbstkritisch sein und eiserne Selbstdisziplin haben. In meinen 30 Jahren als Tierlehrer habe ich mehr über mich gelernt und über menschliches Verhalten, als das es mir sonst möglich gewesen wäre.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 13:59

Was ist eigentlich Dressur?

Tierrechts-Organisationen fundieren ihre Argumente gegen die Tierdressur nicht nur im Zirkus, damit, das sie unnatürlich sei und mit Zwang verbunden. Das die Tiere also nicht unter freiem Willen an der Dressur teilnehmen. Auch werden dagegen moralische und ethische Gründe angeführt, damit werden wir uns gesondert in einem anderen Beitrag auseinandersetzen.

In diesem Beitrag werden wir uns mit dem Argument der Unnatürlichkeit und dem Zwang der Tierdressur auseinandersetzten. Daher zuerst die Frage. Was ist eigentlich Dressur? In letzter Zeit scheint es, dass das Wort Dressur fast ein Schimpfwort geworden ist. In Wirklichkeit Dressur ist ein anderes Wort für Lernen. Der Lernprozess ist die Basis von dem jeder Erfolg abhängig ist. Wie neuere Forschungsergebnisse bestätigen, müssen auch Tiere in freier Wildbahn lernen, wie Essen zu finden und was essbar ist aber auch arttypisches Verhalten und vieles mehr. Wie man heute weiss, spielt der angeborene Instinkt beim Tier nicht annähernd eine so grosse Rolle, als man bis anhin angenommen hat.

In diesem Sinne, und das auch bei Menschen, beginnt die Dressur = Lernen an dem Tag, wo ein Tier geboren wird. Wie neuere Forschungsergebnisse zeigen, lernen Tiere wie wir Menschen durch Dressur (Lehrer und Eltern), durch Abgucken und dann Kopieren oder Imitieren und durch Selbsterlernung (Experimentieren).

Das lernen bei Tieren ist sehr wichtig; die Überlebungschancen eines Tieres, das nicht gut lernt, also ?dumm? ist, ist sehr gering. In der Tat sind es die ?dummen? Tiere, die zuerst von Raubtieren getötet werden oder Unfälle erleiden, an denen sie dann sterben, entweder durch Entzündungen und folgender Blutvergiftung oder das Tier ist bewegungsunfähig und schlicht und einfach verhungert weil es nicht mehr auf Futtersuche gehen kann. Ein Tier, das die arttypischen Verhaltensregeln und Sozialverhalten nicht lernt, wird aus der Herde ausgeschlossen und dies geschieht oft auf brutale Weise. Ein von der Herde ausgeschlossenes Tier hat praktisch keine Überlebenschancen oder Fortpflanzungschancen.

In der Tat, die Notwendigkeit zu Lernen ist so dominant im Leben eines Tieres das es seine ganze Jugend nur mit lernen verbringt. Tierkinder, die zusammen oder mit Erwachsenen spielen, tun das nicht aus Spass und Freude, sondern um zu lernen. Im Spiel können Jungtiere in relativer Sicherheit lernen, wie sie sich in der Sozialstruktur der Herde zu verhalten haben und wie Futter zu beschaffen ist und was essbar ist, auch lernen sie, wem und was man aus dem Wege gehen muss und welche anderen Tierarten toleriert werden können. Später im Leben werden Tiere nicht mehr so tolerant darüber hinweg sehen, wenn ein Artgenosse nicht weiss, wie er sich zu benehmen hat innerhalb einer Sozialstruktur. Auch hat die Natur kein Soziales Sicherheitsnetz, das durch Wohltätigkeit jene unterstützt, die sozial zurückgeblieben sind. Die Natur ist brutal nur auf das Überleben des Stärksten, Besten, Gescheitesten und Gesündesten ausgerichtet. In der Evolutionslehre nennt man das: Natürliche Auslese und nur so kann der Fortbestand einer Tiergattung und schlussendlich der Natur schlechthin, garantiert werden.

Ein Raubtier kann nicht instinktiv jagen, es muss gelernt werden, daher sieht man junge Raubtiere, die sich vermeintlich im Spiel jagen und sich gegenseitig anspringen. Schon mal gewundert warum junge Raubtiere, auch Hunde, sich immer gegenseitig in den Hals oder am Kopf beissen? Sie lernen, die Beute zu fangen und zu töten. Für viele völlig erstaunlich, aber auch Vögel müssen lernen, wie man fliegt, es ist ihnen nicht angeboren, wie manche oft annehmen. Daher, wenn junge Vögel spielen, sitzen sie am Nestrand und flattern heftig mit den Flügeln. Später werden sie dann der Mutter nachfliegen und genau beobachten (Dressiert werden) wie man sich Futter beschafft und was essbar ist, wer Freund und wer Feind ist.

Wenn der Lernprozess eine Notwendigkeit zum Überleben ist, dann ist es auch mit Zwang verbunden. Ein Tier hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Entweder es überlebt und zu diesem Zweck muss es zwangsläufig lernen oder es lernt nicht und geht zugrunde.

Wir Menschen haben eine sehr romantische Vorstellung von Freiem Willen und Freiheit, wir vergleichen das oft mit ?Tun können was wir wollen?. Dem ist aber nicht so, in der Natur ist alles Zwang und die Tiere, aber auch Pflanzen müssen sich diesem Zwang anpassen. Die Zebraherde muss dahin gehen, wo es Gras zum Fressen gibt und oft müssen sie aus diesem Grund Tausende von Kilometern wandern. Die Löwen dann müssen der Zebraherde folgen, um auch fressen zu können. Ein Tier muss wissen, wie es sich zu verhalten hat oder muss die nachteiligen Konsequenzen tragen, da ist keine Rede von freiem Willen oder Freiheit nur: Entweder du machst, was dir notgedrungen aufgezwungen ist bei der Natur, oder die Alternatieve ist Vernichtung.

Natur, und wir Menschen sind ein Teil davon, ist Zwang um zu Überleben und um zu Überleben müssen wir und Tiere zwangsläufig lernen und um zu lernen muss zwangsläufig ein Lernprozess stattfinden. Wie oben bereits erwähnt, gliedert sich der Lernprozess in drei Methoden, Dressur = Lehrer oder Dresseur, Abschauen und Imitieren und durch Erleben von Erfolg oder Misserfolg. Die bei weitem meist angewandte Methode jedoch ist Dressur, da in der Natur die anderen beiden Methoden viel zu gefährlich und unberechenbar sind. Daher können wir mit gutem Gewissen anehmen, das Dressur ein natürlicher und auch notweniger Vorgang ist, mit dem Tiere sehr vertraut sind und auch zwangsläufig den nötigen ?Wissensdurst? und die dazu benötigte Intelligenz besitzen. Deshalb muss die Theorie der Tierrechts-Bewegung als Wunschdenken verwiesen werden, die keinen Platz und keine Realität in der Wissenschaft findet. Und genau darauf kommt es schliesslich an, wir können -und sollten auch nicht- Gesetzesänderungen vornehmen, die nicht auf Wissen und absoluten Tatsachen beruhen, sondern auf Wunschdenken und Emotionen. Sonst laufen wir Gefahr, dass wir mit solchen Gesetzen mehr Schaden anrichten als gutes tun.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:00

Ist Tierdressur im Zirkus unethisch und unmoralisch?

Ethik und Moral sind heute zu grossen Schlagworten geworden an denen alles, was wir sagen und tun gemessen wird. Auch die Tierrechtler machen davon regen Gebrauch, wenn sie Tierdressur -aber nicht nur- bekämpfen, werden moralische und ethische Kriterien dagegen angeführt. So behauptet man, dass es auch unmoralisch und unethisch sei, Tiere zu töten, um daraus Nahrung und Gebrauchsgut zu gewinnen. Das Argument läuft darauf hinaus, dass Tiere Wesen sind mit Gefühlen und Emotionen und daher derselben Rechte bedürfen wie wir Menschen.

Erst muss einmal ganz klar festgestellt werden, das Moral und Ethik nichts mit Natur zu tun haben, sondern rein menschliche Erfindungen sind. Zudem hat jede Kultur ihre eigenen moralischen und ethischen Wertvorstellungen. Z.B. Nach unseren moralischen und ethischen Wertvorstellungen ist es nicht angebracht, dass eine Person sich im "Adams-Kostüm" in die Öffentlichkeit begibt, ja es ist sogar strafbar. Wogegen in einer anderen Kultur ist das total akzeptabel. Noch gar nicht so lange her, waren es die moralischen und ethischen Wertvorstellungen der sogenannten zivilisierten Welt, die dazu geführt hat, dass ganze Kulturen verfolgt, abgeschlachtet, beraubt und versklavt wurden und alles unter dem Deckmantel von Moral und Ethik.

Wenn man ethische und moralische Wertvorstellungen angibt, wie die Tierrechts-Bewegung dies tut, dann muss man sehr vorsichtig sein. Wenn es für den Menschen unmoralisch und unethisch ist, Tiere zu nutzen und wir zur gleichen Zeit den Tieren den selben Status einräumen, den wir den Menschen geben, heisst das denn dann nicht, dass ein Raubtier, das ein Beutetier jagt und tötet, auch ein unmoralisches und unethisches Leben führt? Und wenn das so ist, sollte denn dieses Tier nicht genau denselben Strafrechtsdisziplinen unterliegen? Sollte die Antwort dazu ein Ja sein, dann sind wir wieder beim Mittelalter angelangt. Im Mittelalter hat die Kirche nämlich genau diesen Standpunkt, wie ihn die Tierrechtler heute haben, auch vertreten. Daher wurden Tiere, die ein Gesetz gebrochen haben, von Gerichten verurteilt und eingesperrt, zum Tode verurteilt oder "Der Peindlichen Halsgerichtordung" (Folter) unterzogen wie Menschen. Oder, und das ist heute die sehr wahrscheinlichere Situation, wir messen mit zweierlei Mass, eine Moralische Messlatte für Menschen und eine andere für Tiere, aber beide haben die selben Rechte. Wie auch immer man diese Situation dreht, es geschieht Unrecht dabei, was in sich selbst unmoralisch und unethisch ist. Wenn man die selben Rechte gibt, muss man auch die selben Pflichten haben -Moralisch und Ethisch gesehen-. Ich sagte es ja, man muss sehr vorsichtig sein, wenn man Moral und Ethik ins Spiel bringt.

Wie bereits erwähnt, Tiere haben keine moralischen oder ethischen Wertvorstellungen und das ist unter ein paar anderen wesentlichen Dingen, was das Tier vom Mensch unterscheidet. Ein Mensch findet es vielleicht moralisch unvertretbar, dass ein Tiger in einem Käfig sitzt und durch den Feuerreifen springt. Dem Tiger aber macht das gar nichts aus. Ein Tiger betrachtet nicht, -wie Menschen- einen Käfig als Instrument der Strafe und Freiheitsberaubung, für ihn ist der Käfig ein Platz wo er frisst und schläft, aber auch ein Ort, der ihm Geborgenheit gibt in Form von Sicherheit, hier kann er nicht bedrängt werden von Konkurrenten und Feinden. In der Manege springt der Tiger gelassen und zuversichtlich durch den Feuerring. Der Grund dafür ist -ungleich dem Menschen-, das Feuer bei dem Tiger nicht verbunden ist mit Erinnerung an Schmerz und Vernichtung. Ganz im Gegenteil, wild lebende Tiger und andere Raubtiere, aber auch Vögel zeigen ein grosses Interesse an Feuer, ja es lockt sie sogar an und sie alle kommen oft von weither angelaufen und angeflogen, wo auch immer ein Gras- oder Buschfeuer brennt. Der Grund dafür ist, dass ein Feuer immer eine günstige und leicht erhaschbare Mahlzeit verspricht. Die Vögel stopfen sich die Bäuche voll mit Insekten die dem Feuer entfliehen und der Tiger wartet geduldig am Rande des Feuers auf grössere Beutetiere, die erschreckt vom Feuer, den Tiger gar nicht bemerken.

Ein anderer Vorwurf ist, dass Zirkustierdressur deshalb unethisch und unmoralisch ist, weil die Tiere in ihrer Würde herabgesetzt werden zur Belustigung der Menschen. Auch dies ist reine Ansichtssache und nicht etwa eine Tatsache. In meinen 30 Jahren als Tierlehrer haben mich immer wieder Menschen besucht, die begeistert und tief beeindruckt waren von der Schönheit, Pracht und Würde der Tiger, aber auch der Elefanten und Pferde, auch beeindruckte die Menschen, wie "intelligent" die Tiere sind und wie harmonisch diese mit Menschen zusammen arbeiten und leben können. Nach meiner persönlichen Erfahrung sind es viel mehr Menschen, die beeindruckt sind von Tieren im Zirkus, als jene, die es als "Schande" oder "demütigend" empfinden. Auch hier sollte man sehr vorsichtig sein, wenn man Moral und Ethik ins Spiel bringt. Denn sehr oft werden ungerechtfertigte Sentimentalitäten mit Moral und Ethik verwechselt.

Wenn wir eine konstruktive Diskussion über Sinn und Zweck der Tierdressur im Zirkus und der Tierhaltung schlechthin führen, erweisen sich Emotionen, Moral und Ethik als sehr unzuverlässig und müssen deshalb abgelehnt werden. Der einzige Weg, um eine sachliche Diskussion zu führen, ist neutral auf wissenschaftlicher Ebene. Aber dann ist die Frage nicht mehr: Ist Tierdressur im Zirkus unethisch und unmoralisch? Sondern: Ist Tierdressur im Zirkus tiergerecht oder ist es schädlich für Tiere? Dann aber sieht die Sache ganz anders aus, nun können wir an Hand von Fakten und Daten wissenschaftlich ganz genau belegen, was los ist.

Es ist aber diese wissenschaftliche Diskussion, die die Tierrechtsbewegung kategorisch ablehnt und wo auch immer möglich aus dem Weg geht, sollte es doch mal vorkommen, dann versteifen sie sich auf Rhetorik und versuchen, ihre wissenschaftlichen Gesprächspartner niederzuschreien. Aus gutem Grund, denn bis heute hat die Tierrechtsbewegung es nicht fertig gebracht, ihre Theorien wissenschaftlich einwandfrei zu belegen und die paar wissenschaftlichen Untersuchungen, die man produzierte wurden schnell entlarvt als Fabrikationen oder zumindest heftig und einseitig manipuliert..

Wissenschaftler, wie Heini Hediger, Klaus Zeeb, Bernhard Grzcimeck, Marthe-Kiely Worthington und viele andere haben sich über viele Jahre mit dem Thema Zirkus-Tierdressur intensiv beschäftigt und kamen eindeutig zu dem Ergebnis, das Tierdressur im Zirkus nicht nur tiergerecht ist, sondern den Tieren psychisch und physisch von grossem Nutzen ist. Es wurde sogar festgestellt, obwohl der Zirkus ein unnatürliches Environment ist, werde es mehr den natürlichen Bedürfnissen der Tiere gerecht, als jede andere Art von Tierhaltung. Im Zirkus haben die Tiere verschiedene Bezirke. Der Hauptbezirk ist der Käfig bei Raubkatzen, die Box bei Pferden und Exoten oder die Kettenlinie im Elefantenstall. Hier befinden sich die Tiere in absoluter Sicherheit vor Feinden und konkurrierenden Artgenossen, es ist der Bezirk, wo die Tiere essen und schlafen. Der zweite Bezirk ist der Weg vom Stall oder Käfig zur Manege, in diesem Bezirk werden die Tiere aufmerksamer, weil die Möglichkeit von Gefahren durch andere Tiere besteht. Die Manege ist dann der dritte Bezirk, in dem die Tiere einer oder mehrerer Arten zusammenkommen und die Tiere sind hier sehr aufmerksam, denn es ist hier, wo soziale Rivalitäten unter den Tieren ausbrechen könnten. Dies ist eine nahezu exakte Repräsentation, wie sie in der Natur vorgefunden wird. Die Dressur ist eine willkommene Bewegungstherapie, die nicht nur die Tiere physisch gesund hält, sondern durch die reichlich vorhandenen psychischen Stimuli auch für den Gemütszustand der Tiere förderlich und erfrischend sind.

Leider reicht der hier zugewiesene Platz nicht aus, um ausführlich über dieses Thema in allen Einzelheiten zu berichten, aber es gibt uns doch die Möglichkeit, aufzuzeigen und einen Anstoss zum nachdenken zu geben. Ich empfehle jedem, der interessiert ist an dieser Materie, sich mit der ausführlichen wissenschaftlichen Literatur der oben genannten Wissenschaftler zu beschäftigen, um ein größeres Bild zu bekommen.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:00

Der Gebrauch einer Peitsche beim Dressieren der Tiere

Peitschen haben einen sehr schlechten Ruf als Folter-Werkzeug und um Sklaven anzutreiben. Aber wie alles Werkzeug, so kann auch eine Peitsche gebraucht oder missbraucht werden. In den Händen eines guten Dresseurs wird die Peitsche ein verlängerter Arm. Damit kann ich von jedem Punkt der Manege sofort Kontakt mit jedem beliebigen Tier herstellen. Der Kontakt wird hergestellt entweder indem ich mit der Peitsche leicht knalle oder ich touchiere das Tier. Der Peitschenknall stammt nicht, wie Tierrechtler behaupten, beim harten Aufschlag der Lederzunge auf die Haut des Tieres. Der Knall entsteht von einer kurzen Schnur, der Schmitze, am Ende der Lederzunge (Schlag). Wenn der Schlag überrollt, fliegt die Schmitze für den Bruchteil einer Sekunde in Überschallgeschwindigkeit und das macht den Knall. Die Tiere haben keine Angst vor dem Peitschenknall, sie haben gelernt, das der Knall meint "Alle mal herhören", ein leiser Knall neben dem Tier meint "Du, bitte mal herhören" oder "Sieh mich an, ich möchte dir was sagen". In den Proben knalle ich meine Peitsche selten, da es ruhig ist und die Tiere meine Worte verstehen können. In der Vorstellung ist meine Stimme nicht immer klar hörbar und so "rede" ich mit dem Peitschenknall.

Touchieren ist nicht ein schönes Wort für Schlagen, sondern es heisst, dass das Tier leicht berührt wird, wie wenn wir jemandem mit dem Finger auf die Schulter oder den Arm tippen, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit dem Touchieren kann ich ein Tier ganz genau in die Stellung bringen, wo es sein soll, ohne zum Tier hinlaufen zu müssen. Das Berühren am Hintern heisst "Komm zu mir" und wird als "ziehen" bezeichnet. Eine Berührung an der Brust heisst "Stop". Wenn ich das Tier an der Seite berühre, heisst das "Geh zur Seite oder rück´ ein bißchen" in der Dressursprache heisst das "drücken". Wenn ich anfange neue Tiere zu dressieren, ist meine erste Aufgabe, ihnen jegliche Angst vor der Peitsche und dem Stock zu nehmen, alle meine Tiere lassen sich gelassen und freudig mit der Peitsche und dem Stock streicheln.

Aber warum eine Peitsche? Eine Peitsche ist sehr beweglich damit kann ich um Postamente und unter oder über andere Tiere greifen. Mit einem langen Stock kann ich das nicht machen, da muss ich erst um das Hindernis laufen. Wenn ich nur wenige Tiere um mich habe, brauche ich die Peitsche nicht aber wenn man mit zehn oder mehr Tieren arbeitet, kommt es manchmal auf den Bruchteil einer Sekunde an, auch ist es schwierig mich um viele Tiere herum zu manövrieren. Eines muss ich jedoch sehr nachdrücklich sagen, kein Dresseur sollte eine Peitsche benutzen wenn er nicht gelernt, hat eine Peitsche zu führen oder diese als Sicherheitsschutz betrachtet. Ein Dresseur, der sich nicht sicher fühlt im Tigerkäfig hat da auch nichts verloren und sollte draußen bleiben. Nach 30 Jahren probiere ich immer noch jeden Tag mit der Peitsche. Ich kann meine Peitschen so sicher und zuverlässig gebrauchen, wie meine Hand. Die Peitsche ist meine Hand! Jedes Tier lernt im Verlauf der Dressur bis zu zwanzig wörtliche Kommandos und etwa dieselbe Anzahl von Peitschen-, Stock-, Hand- und Körpersignalen kennen. Mit der Zeit werden einzelne Tiere so gut, das sie "Gedanken lesen" können, es kam oft vor, das ich nur an einen Trick oder an einen speziellen Tiger denken muss, um eine positive Reaktion beim Tiger auszulösen.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:01

Wie werden Tiere dressiert ?


"Wie werden Tiere dressiert" ist eine Serie, in welcher ich anhand von Erlebnissen beschreiben werde, wie Tiere dressiert werden. Diese Form von Dressurmethoden-Beschreibung finde ich einfacher zu verstehen für den Laien und es gibt dir zur gleichen Zeit einen realen Einblick in meine tägliche Arbeit mit Tieren. Wir beginnen diese Serie mit dem ersten Schritt, die jeder erfolgreichen Tierdressur vorangeht.

Der erste Schritt

Obwohl hier von einem Tiger die Rede ist, gilt doch diese Grundregel für alle Tierdressur gleichermaßen.

Ein neuer Tiger ist in meine Obhut gekommen und ich möchte ihn dressieren und später in die Raubtiernummer integrieren. Bevor ich daran denken kann, diesen Tiger zu dressieren muss ich, wie bei einem guten Haus, ein solides Fundament bauen. Bei der Dressur von Tieren ist das Fundament eine solide Freundschaft zwischen Mensch und Tier, basierend auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen, obwohl man nie 100% einem Tier vertrauen kann, muss das Tier lernen, dass es 100% dem Menschen vertrauen kann. Ein Tier, das dem Menschen vertraut, fühlt sich in Sicherheit und somit kann es sich voll auf den Lernprozess konzentrieren - frei von Angst. Jedoch ist solch ein Vertrauen hauchdünn, ein einziger noch so kleiner Fehler von mir kann dieses Vertrauen zerstören. Ein Tier akzeptiert keine Entschuldigungen, sollte das Vertrauen verletzt werden, kann es Monate dauern, um es wieder aufzubauen, aber das Tier wird trotzdem ein gewisses Misstrauen bewahren. ?Gebranntes Kind scheut das Feuer? wird dann die Regel sein.

Das Telefon klingelte in meinem Hotelzimmer, am anderen Ende der Leitung ist der Manager des Winterquartiers, "Good evening Boss, der Tiger ist heute Nachmittag hier angekommen". Das war die Nachricht, auf die ich seit Tagen gewartet habe, als wir in einem Zoo einen wunderschönen weissen Tiger gesehen und sofort gekauft haben. Das traf sich sehr gut, denn morgen früh werde ich mich auf den Weg ins Winterquartier begeben, es wird die letzte Etappe einer langen Tournee sein, die uns zwei Jahre lang durch Amerika, Mexico und Kanada führte, in der wir insgesamt 30'000 Kilometer zurücklegten. Nun hatte ich zwei Gründe mich zu freuen, wieder im Winterquartier einzutreffen. Meine Tiger, Arbeiter und ich werden uns erholen können und ich werde Freundschaft mit einem neuen Tiger schliessen, der erste Grundstein jeder Dressur.

Da sass ich nun auf einem Stuhl vor dem Käfig und blickte in die Augen eines fast drei Jahre alten weissen Tigers. Noch war er scheu und ein bißchen aggressiv, wer kann es ihm übelnehmen, er hatte selbst eine lange Reise hinter sich. Im Zoo hatte er kaum Kontakt mit Menschen gehabt und dann hat man ihn in eine Kiste gesperrt und in ein Flugzeug verfrachtet. Nach einem sechsstündigen Flug wurde die Kiste auf einen Lastwagen verladen und die Reise ging weiter, bis er dann in unserem Winterquartier ankam; umgeben von fremden Menschen und Tigern, die er vorher noch nie gesehen hatte. Und nun sass dieser fremde Mann vor seinem Käfig und schaute ihm in die Augen und redete mit ihm. "Was willst du von mir, lass mich in Ruhe" dachte der Tiger und um zu zeigen, dass er es auch meinte, brüllte er ein paar mal sehr böse um seinem Ärger Luft zu machen.

Nach so vielen Jahren, in denen ich Hunderte von Tigern dressiert habe, ist es immer noch etwas faszinierendes, in die Augen eines Tigers zu sehen. Sie sind sanft, aber zur gleichen Zeit voll von Feuer und Energie, es sind Augen, mit denen der Tiger geradewegs durch einen Menschen hindurch zu sehen scheint. Dabei läuft mir immer ein Schauer über den Rücken, es ist jedoch nicht aus Angst, es ist ein Gefühl von "eins zu werden" mit der Urgewalt der Natur, die sich nur in den Augen eines Tigers widerzuspiegeln scheint, es ist aber auch die Begegnung von zwei Welten, der meinen und der seinen. Der erste Kontakt ist hergestellt, es ist der wichtigste Moment in unserem gemeinsamen Leben. Der Tiger prägt mich nun in sein Gehirn ein, als seine Augen mich anstarren, seine Nase wird meinen Geruch ein und für alle mal festhalten, seine Ohren werden meine Stimme nie mehr vergessen. Von nun an würde er mich erkennen, lange bevor ich vor seinem Käfig stehe.

Mein Kopf ist leer von allem, was um mich herum vor sich geht. Meine Alltagssorgen sind vergessen, mein ganzes Sein und Wesen ist nur auf den Tiger konzentriert. Ich versuche, seine Gedanken zu lesen, suche und warte auf einen winzigen Moment, wo er sich ein kleines bißchen öffnet und für einen Bruchteil einer Sekunde seine Scheu und Ärger nachläßt.

Ich weiss nicht, wie lange ich schon auf dem Stuhl vor dem Käfig sitze, es müssen Stunden sein, denn die Arbeiter sind schon lange nach Hause gegangen und Heidi hat mir ein paarmal Kaffee gebracht und ist dann so leise weggegangen, wie sie gekommen ist. Heidi und meine Arbeiter wissen, das ich jetzt nicht gestört werden will, sondern mich nur auf den Tiger konzentriere und dabei die ganze Zeit mit ihm sanft rede.

Einen Namen hat er schon, ich habe mich für ?Paka? entschieden. Der Name bedeutet nichts, aber ich gebe allen meinen Tigern Namen, die sich etwas dramatisch oder aufregend anhören, wenn man sie ausspricht. Auch können Tiger Namen wie "Paka", "Madrass", "Pinto", "Taiga" u.s.w. besser verstehen, als Namen die weich sind wie, ?Moni? oder ?Edward?. Ich mag Namen, die ein Tier verniedlichen wie ?Bubi? und ?Hansi? nicht, das sind Tiger, vor denen die Menschen Respekt haben sollen.

Da, die stundenlange Warterei hat sich gelohnt, zum ersten mal seit Stunden sehe ich, das Paka sich bewegt. Er schielt in den Nachbarkäfig, wo Asta, eine wunderschöne Tigerin lebt. Sicher wundert sich Paka, warum Asta so freundlich zu mir ist und mich immer wieder auffordert, ihren Kopf zu streicheln. Das ist genau der Moment, worauf ich die ganze Zeit gewartet habe. Schnell werfe ich ein kleines Stück Fleisch zwischen seine Füsse. Sofort wendet Paka seine nun haßerfüllten Augen auf mich und er will aufbrüllen. "Aber Moment mal, was riecht hier denn so lecker" denkt er sich wohl, denn er sieht um, sich die Nase versucht den lieblichen Geruch von Fleisch genau zu lokalisieren. Dann sieht er den Fleischbrocken zwischen seinen Füssen liegen und ganz behutsam, der Sache nicht richtig trauend, hebt er es hoch und verschlingt es. Abermals werfe ich Fleischbrocken zu Paka und jedesmal nimmt er diese an - mit weniger Misstrauen. Nach einer Weile wartet er richtig darauf, bis ich ihm wieder einen Fleischbrocken hinwerfe.

Von da an mögen noch zwei Stunden vergangen sein, Paka hat sich nun etwas entspannt und angefangen seine neue Umgebung mit den Augen zu Inspizieren. Bereits hatte er ein paar mal nach Asta geschnurrt, die typische Art wie sich Tiger begrüssen. Vielleicht zum tausendsten Mal sagte ich sanft: "Paka,-- Paka bist ein guter Kerl, Pfrrrrrr--Pfrrrrrr--Pfrrrrr, wir werden noch Freunde werden und du wirst´s schön haben bei mir -- Pfrrrrrr--Pfrrrrrr, Ich mag dich Paka". Paka sah mich an, seine Augen waren noch etwas mißtrauisch, aber der Hass ist aus ihnen gewichen und hat der Neugier Platz gemacht, dann hob er seinen Kopf und ich hörte ein leises und sanftes Pfrrrr-Pfrrrr. Darauf habe ich gewartet, das Eis war gebrochen, Paka hat mich begrüsst und akzeptiert. Von nun an wird es noch ein langer Weg sein, bis wir wirklich Freunde werden, ein Weg den man sehr behutsam und geduldig gehen muss, auf dem man nichts nehmen darf, sondern warten muss, bis es einem gegeben wird. Aber der erste Schritt war gemacht und wie immer hat es mich tief in meinem Herzen berührt, das wieder ein Tiger mir erlaubt, sein Freund zu werden, heute Nacht werde ich gut schlafen, denn ich habe einen Freund gewonnen.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:02

Wie werden Tiere dressiert ?

Dies ist eine Serie in der ich an Hand von realen Begebenheiten dem Laien auf verständliche Weise die Tierdressur-Methoden erkläre.

Pakas erster Schultag.

Paka ist nun schon seit zwei Monaten in meiner Obhut und wir sind Freunde geworden. In dieser Zeit machte sich Paka mit der neuen Umgebung ausgiebig bekannt. An schönen Wintertagen durfte er im grossen Freigehege herumtollen und an schlechteren Tagen spielte er im grossen Probierkäfig, wo er sich mit seinem zukünftigen Arbeitsbereich vertraut machte.

Natürlich habe ich mit Paka so viel Zeit verbracht, wie es nur möglich war, ohne die anderen Tiger dabei zu vernachlässigen. In den Spielstunden zeigte Paka ein grosses Interesse, auf die Pyramide zu klettern und sich ganz oben hinzusetzen, offenbar mochte er die herrliche Aussicht, die er hatte von dort oben. Auch stellte ich fest, dass Paka es bevorzugte, sich auf der rechten Seite des Probierkäfigs aufzuhalten. Diese beiden Beobachtungen geben mir schon Aufschluss darüber, wo ich Paka hinsetzen werde, nämlich auf die rechte Seite des Käfigs und da er den obersten Punkt der Pyramide liebt, werde ich ihm diesen Platz in der Pyramide zuweisen.

In unseren Spielstunden hat Paka auch gelernt, dass er keine Angst zu haben braucht vor dem langen Holzstock in meiner Hand. Im Gegenteil, er weiss, dass leckere Fleischstücke daran aufgespiesst, auf ihn zukommen. Ich habe mich entschlossen, dass heute Paka’s erste Unterrichtstunde beginnen sollte, die erste von vielen hundert, in denen er alles lernen wird, was man einem Tiger beibringen kann. Aber erst musste er lernen, an seinen Platz zugehen und dort sitzen zu bleiben. Es ist sehr wichtig, das Paka begreifen lernt, dass sein Platz der einzige sichere Ort in der Manege ist, wo ihm kein anderer Tiger etwas anhaben kann.

Mit meiner Fleischtasche umgeschnallt und zwei langen Holzstöcken stehe ich in der Mitte des Probierkäfigs. Alle Postamente und die Pyramide wurden aus dem Käfig entfernt und nur ein Sitz steht an der rechten Seite am Gitterrand. Noch einmal sehe ich mich rundum, um mich zu versichern, dass alles in Ordnung ist und die Tür verschlossen ist, dann winke ich mit der Hand und sage „OK Boys, bring him in“. Daraufhin öffnet sich die Verbindungstür vom Tunnel zum Probierkäfig und Paka kommt rein. Erst bleibt er ganz erstaunt stehen und sieht um sich: "Wo sind alle Postamente und die Pyramide?" hat er sich wohl gedacht. Langsam laufe ich auf Paka zu und gebe ihm ein Stück Fleisch am Stock und sage: "Paka Platz", im selben Augenblick zeige ich mit dem anderen Stock auf das Postament, weil der Stock, wo das Fleisch daran war, nun hinter dem Tiger ist und ich berühre damit sein Hinterteil. Darauf hin weicht der Tiger vorwärts in Richtung des Postaments. Abermals zeigt der eine Stock auf das Postament und abermals berühre ich Paka am Hinterteil mit dem anderen Stock und sage in einem ruhigen aber bestimmenden Ton: "Paka Platz".

Nun steht Paka direkt vor dem Postament und ich werfe ein Fleischstück auf die Sitzplattform. Um dieses zu erhaschen, hebt Paka seine Vorderfüsse auf das Postament. In diesem Augenblick berühre ich Paka’s Hinterteil mit dem einen Stock und er zieht etwas erschocken die Hinterbeine nach und springt auf das Postament. Augenblicklich rede ich auf Paka ein, "Good Boy, Paka, Good Boy, Pfrrrr-Pfrrrr. P l a t z, Braver Boy, P l a t z." Weil zur selben Zeit nun meine beiden Stöcke zu je einer Seite von Paka zeigen, -es sieht aus wie ein grosses (V)- ist Paka somit „eingesperrt“ ihm bleibt nichts anderes übrig, als auf seinem Platz zu sitzen.

Sobald ich einen Schritt rückwärts mache und die Stöcke senke, springt Paka von seinem Sitz, welches ich sofort kommentiere mit einem bestimmten: "NO Paka". Daraufhin wiederholt sich die ganze Prozedur von vorne und wieder springt er runter von seinem Sitz, sobald ich die Stöcke senke und abermals werde ich Paka wieder an seinen Sitz dirigieren, immer gelassen und mit ruhiger Stimme. Nach 20 Minuten lasse ich Paka ein bißchen spielen und dann kann er wieder in seinen Käfig gehen. Am Nachmittag werden wir denselben Unterricht wiederholen und auch in den folgenden Tagen und Wochen, bis Paka von ganz alleine an seinen Sitz geht und dort sitzen bleibt, bis ich ihn rufe. Dies ist die wichtigste Dressur. Ohne diesen ersten Schritt ist eine Nummer undenkbar, jeder Tiger hat seinen angestammten Platz von dem er kommt, um zu arbeiten und auch wieder dahin zurückkehrt. Es gibt Tiger, die lernen dies in ein paar Tagen und dann gibt es andere, die brauchen Wochen und sogar Monate um „Platzsicher“ zu sein.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:02

Die ungesprochene Sprache zwischen Dresseur und seinen Tieren.

Tiere verständigen sich in der Hauptsache mit Signalen, die sie mit ihrem Körper geben, dies ist jedoch nicht nur in der Tierwelt so. Auch Menschen, unbewusst, geben ständig Körpersignale an andere. An solchen Signalen können wir sehr schnell erkennen, wer uns gegenüber steht, eine starke oder schwache Persönlichkeit, ja sogar der psychische Zustand verrät sich in der Körpersprache eines Menschen, ebenso wie sein Gemütszustand. Interessanterweise haben Tiere und Menschen in vieler Hinsicht fast dieselbe Körpersprache. Die Ähnlichkeit ist so groß, dass Tiere an unserem Körper ablesen können, ob wir wirklich selbstsicher sind oder versuchen etwas vorzutäuschen. Da Tiere viel bewusster auf die Körpersprache achten als wir Menschen dies tun, braucht ein Tier nur wenige Tage oder manchmal nur Stunden, um einen Menschen zu "durchschauen".

Vor vielen Jahren dressierte ich eine gemischte Gruppe mit vier Löwen und vier Tigern, es waren wirklich gute Tiere und haben nie Probleme gemacht. Da ich aber auch noch eine Tigergruppe mit acht Tieren hatte, musste ich die Gemischte jemandem anderen übergeben. Für zwei Monate arbeitete ich den Mann, nennen wir ihn John hier, in die Gruppe ein. Alles verlief reibungslos und John ging in einen kleinen Zirkus ins Engagement mit der Gemischten. Eine Woche später bekam ich einen Telefonanruf des Zirkusdirektors, der mir sagte, dass der Dresseur grosse Probleme mit den Tieren hatte und die Vorstellungen abgesagt wurden. Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zum Zirkus, um mir die Sache selbst anzusehen. Eine Probe wurde unverzüglich angesetzt. Alles ging gut, die Tiere kamen in die Manege und setzten sich auf ihre Sitze, aber das wars dann auch. Keines der Tiere wollte arbeiten, einige der Tiere sahen sich sogar böse nach John um oder wollten mit anderen Tieren einen Streit anfangen.

Die gefährliche Situation erkennend, schnappte ich mir sofort einen Besenstiel und ging in den Zentralkäfig. Weder die Tiere noch John wussten, das ich der Probe beiwohnte und von ganz hinten im Zirkusgebäude zusah. Dementsprechend war die Überraschung bei Tiger und Löwen sowie John gross, als ich plötzlich auftauchte. Da stand ich nun mitten im Zentralkäfig mit einem lächerlichen Besenstiel und nannte jedes Tier beim Namen. Sobald die Tiere mich erkannten beruhigten sie sich. John wurde aus dem Käfig geschickt und ich probierte mit den Tieren. Alles klappte wie am Schnürchen, kein Prankenschlagen, keine Kämpfe - ein Bild des Friedens. Was war geschehen?

John fühlte sich sicher in meiner Umgebung, als er aber alleine war, hatte er ein unsicheres Gefühl. Obwohl er sich alle Mühe gab, dies zu vertuschen, haben die Tiere gesehen, dass John unsicher ist und somit hat er mehr und mehr Respekt verloren. John wirkte sehr selbstsicher, wenn man von dem unscheinbaren Zittern in seiner Stimme absah oder dem leichten Zittern in seinen Fingerspitzen - aber auch von seiner Unentschlossenheit beim Kommando geben. Was dem Menschen mit ungeübten Augen verborgen blieb, haben die Tiere sofort erkannt und als Schwäche ausgelegt.

Als Dresseur kann ich meine Körpersprache zum Kommando machen, das die Tiere sofort verstehen. Wenn ich z.B. einem Tier imponieren will, richte ich meinen Körper auf, Bauch rein - Brust raus, wie ein Soldat, dabei sehe ich dem Tier direkt ins Gesicht. Das nennt man "Imponiergehabe" und jedes Tier versteht das sofort und respektiert dies auch.
Warum schaue ich dem Tier ins Gesicht und nicht in die Augen? Das sogenannte "Anstarren" wird bei allen Tieren als Aggressivität empfunden und als Kampfaufforderung gedeutet. Auf der anderen Seite: will ich, das ein Tier zu mir kommt, mache ich mich kleiner, meine Schultern erschlaffen, mein Kopf senkt sich leicht und manchmal beuge ich mich sogar ein bißchen. Dies nennt man "Ergebenheit" - auch das verstehen die Tiere und werden sofort näher kommen. Hat das Tier die Stelle ereicht wo ich es haben will nehme ich meine „Imponierhaltung“ an und das Tier bleibt stehen.

Um eine „Ehrliche“ Körpersprache zu haben, muss ich aber auch eine entsprechende Gemütsverfassung haben, in anderen Worten ich muss innerlich ruhig und gelassen bleiben. Das ist manchmal einfacher gesagt als getan. Wenn zwei Tiger miteinander kämpfen, sieht man die Urgewalt der Natur am Werke; um solche Streithähne zu trennen, braucht man einen kühlen Kopf, Selbstherrschung und eine klare Stimme. Sollte auch nur eine dieser Eigenschaften vermisst werden, hilft auch das beste Dominiergehabe nichts.

Im Jahr 2000 wurde ich während einer Vorstellung von einem Tiger in den Oberschenkel gebissen, zwei Zentimeter mehr links und ich wäre nur noch ein halber Mann gewesen. Der Schmerz eines Tigerbisses kann am besten so beschrieben werden: Jemand schneidet dich mit einem Fleischermesser und dann haut er mit einem Vorschlaghammer drauf. Nachdem der Tiger mich gebissen hatte, wurden die anderen Tiger sofort unruhig, nicht etwa weil sie Blut gerochen hatten, sondern weil das eine ungewöhnliche Situation war für sie. Ihr Obertiger hat für einen Moment die Kontrolle verloren und das beunruhigte die Tiger. Ich rief Heidi, Sie soll mir schnell ein Handtuch bringen. Das Tuch wickelte ich um die Bisswunde und dann zurrte ich es fest, um die Blutung zu stoppen. Verständlicherweise schrie Heidi mich an: "Komm doch aus dem Käfig, du blöder Kerl." (Sie ist die einzige Person in der Welt, die ungestraft so sprechen darf mit mir). Jedoch musste ich erst zu jedem einzelnen Tiger gehen um ihm mit meiner Körpersprache und auch meiner ruhigen Stimme verstehen zu geben, das Ihr „Obertiger“ wieder alles unter Kontrolle hat und alles wieder normal ist. Danach führte ich die Nummer zu Ende und ging ins Krankenhaus.

Bin ich ein Supermann? Nein, absolut nicht! Ich musste dies machen, weil ich sonst das Vertrauen meiner Tiger verloren hätte, die Tiger wären auch unruhig und misstrauisch geworden, es hätte soweit kommen können, dass die Gruppe aufgelöst werden musste. Jedoch ein paar Minuten der ungesprochenen Sprache versicherte den Tieren, dass alles in Ordnung war und das ist wichtig für Tiere, solange alles in Ordnung ist, fühlen sich Tiere in Sicherheit und geborgen.

Warum hat der Tiger mich gebissen? Wie ich später erfuhr, hatte der Elektriker die Scheinwerfer tiefer gehängt und als ich den Tiger zum Hinterbeinlauf aufforderte, wurde er so geblendet, das er nicht sehen konnte wohin er lief, auch konnte er nicht abschätzen, welche Distanz er von mir hatte. Als der Tiger dann wieder auf allen Vieren stand, war er so nahe bei mir, dass er mich mit der Nase berühren konnte, weil ich mit meinem Rücken gegen das Gitternetz gedrückt dastand. Der Tiger erschrak so sehr über diese ungewöhnliche Situation, das er mich gebissen hatte. Daraus habe ich gelernt, dass ich vor jeder Vorstellung den Elektriker frage, ob er die Scheinwerfer verstellt hat oder nicht.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:03

Politik wider alle Vernunft

Es wird mir leider fast jeden Tag aufs neue bewußt, wie sehr sich die Zeiten zum schlechten geändert haben und sich langsam aber sicher eine Entwicklung anbahnt, von der die Internationale Menschenrechtskonvention sagt, das sie in naher Zukunft in eine totale bürokratische Diktatur ausartet und das Ende der Demokratien bedeutet.

Zwei aktuelle persönliche Erlebnisse der letzten Tage sollen hier Aufschluß geben, wie sich eine bürokratische Diktatur und politische Willkür ungehindert, ja sogar ganz offen bemerkbar macht.


Vor vier Tagen hatte ich ein "aufklärendes" Gespräch mit einem europäischen Zoodirektor, der uns hier im Xiangijang Park besuchte. Der Besucher war sehr wohlwollend, ja sogar begeistert beeindruckt von unserer vorbildlichen Tierhaltung, die sehr oft Internationale Standarts übertrifft. Jedoch änderte sich des Besuchers Meinung schnell, als wir zur großzügigen Anlage gelangten, in der unsere 20-köpfige Elefantenherde, darunter 4 voll ausgewachsene Bullen, beheimatet ist.

Was war der Grund? Der Zoo Direktor war "aufgebracht" darüber, dass wir nicht die "Verordnung" des Internationalen Zoologischen Verbands nachkommen, die doch "vorschreibt", dass man jeglichen menschlichen Kontakt zu Elefanten unterlassen soll. Diese Verordnung hat sehr fadenscheinige Begründungen, unter anderem sei es zu gefährlich, sich mit Elefanten abzugeben. Aber auch das es nicht "elefantengerecht" sei, dass sich Menschen in deren Leben einmischen.

Im Xiangijang Park werden die Elefanten nach meinen Richtlinien gehalten und auch dressiert. Meine Richtlinien sind, dass die Dresseure und Pfleger sich den ganzen Tag mit dem Tieren beschäftigen. Nachts schlafen mindestens zwei Elefantenpfleger im Elefantenstall in einem Raum, der speziell dafür hergerichtet ist und über den Elefanten liegt und somit einen Gesamtüberblick über den ganzen Stall und jeden einzelnen Elefant garantiert. Übrigens haben alle unsere Elefanten einzelne Schlafboxen, die ihnen aber körperlichen Kontakt mit anderen Elefanten erlaubt, keiner unserer Elefanten ist angekettet, außer wenn ein Bulle in die "Musk" kommt oder tierärztliche Behandlung benötigt.

Die "Elefantenleute" dressieren die Elefanten nicht nur und pflegen sie, sondern spielen auch mit ihnen den ganzen Tag. Auch werden die Elefanten zweimal am Tag in den naheliegenden Wald, den "Elefantenwald" geführt, wo sie sich nach Herzenslust austoben und ihre Kräfte messen können beim Bäume- und Büsche-ausreißen. Im grossen Elefanten Swimmingpool gehen unsere "Elefantenleute" mit den Elefanten schwimmen wann immer die Elefanten es wollen. Auch ist es dem Publikum viermal am Tag für eine Stunde erlaubt, Tüten mit Früchten zu kaufen, um die Elefanten zu füttern. Übrigens machen wir dasselbe bei den Raubtieren und Seelöwen, nur sind es dort Hühnerschenkel, respektive Fische, die die Besucher kaufen können, um zu füttern.

Warum unternehme ich diesen Aufwand? Elefanten sind sehr bewegungsbedürftige Tiere, jedoch wie alle anderen Tiere und auch der Mensch, brauchen sie einen Anreiz, sich zu bewegen. Eine noch so grosse Anlage -mit allen Schikanen eingerichtet- ist immer noch kein Anreiz, sich zu bewegen. Daher sieht man Elefanten auch in solchen Anlagen nur Lustlos rumstehen, sie brauchen einen "Anstoß" einen "zwingenden Grund". In der Natur sind solche "Zwingenden Gründe" die Futtersuche, Territoriumssicherung, Suche nach einem Fortpflanzungspartner und vieles mehr, das die Tiere "zwingt", sich zu bewegen.

In der Tierhaltung sind diese "Zwingenden Gründe" nicht da und müssen durch andere Anreize gefördert werden. Ein solcher Anreiz (Stimuli) ist die Dressur. Ein anderer Anreiz ist die menschliche Aufforderung zum Spiel, in unserem Fall mit Fußbällen, Ästen, Strohballen und dergleichen die, von dem Menschen in Bewegung gehalten werden, um die natürliche Neugier der Tiere zu fördern. Aber auch Kontakt mit den Elefanten wie das schrubben mit Bürsten und Besen oder "fangen spielen" animiert die Tiere, sich zu bewegen und es unterhält sie auch, ebenso das gefüttert werden von Besuchern bringt die Elefanten auf andere Gedanken und sorgt für Kurzweil.

Der besuchende Zoodirektor mußte mit knirschenden Zähnen zugeben, das kein einziger unserer Elefanten sich langweilt und das kein einziger Elefant monoton hin und her wiegt oder mit dem Kopf schwenkt, alles typische Anzeichen von Langeweile. Im Gegenteil unsere Elefanten sind aufmerksam und scheinen "Spass" zu haben. Auch die Bullen sind sehr freundlich und äußerst umgänglich und in der Tat hatten wir noch nie eine kritische Situation, auch nicht, wenn die Bullen in "Musk" sind.

Aber man höre und staune! "Es mag ja sein, daß eure Elefanten 'glücklich´ sind, aber es entspricht nicht den ganz klaren und eindeutigen Richtlinien, was ihr da macht und muss deshalb als verwerflich angesehen werden" war sein kurzer Kommentar. Im weiteren Gespräch stellte sich heraus das, ".....So wird es dem Xiangijang Park nicht möglich sein, der Internationalen Zoo-Gesellschaft als Mitglied beitreten zu können. Als ich dann sagte, dass wir das unter diesen Umständen auch nicht wollen, wurde ich belehrt: "Der Tag ist nicht mehr fern, wo alle Zoos durch ein Internationales Gesetz gezwungen werden, der Gesellschaft beizutreten oder man wird Mittel und Wege finden, solche Zoos zu schliessen oder sonstwie zu benachteiligen". Internationale bürokratische Diktatur, bei der es nicht um Vernunft oder das Wohl der Tiere geht, sondern um politische Willkür, der sich jeder anzupassen hat und in der Freiheit kein Platz hat.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:04

Politik wider alle Vernunft
(Zweiter Teil)

Zwei Tage später hatte ich ein Telefongespräch mit meiner Frau Heidi, in diesem Gespräch kam eine andere Geschichte ans Tageslicht, die aber auf dem selben Misthaufen wächst. Vor zwei Jahren strandete ein Orca (Killerwal) im Norden von Britisch Columbia, Canada. Der ansässige Indianerstamm nahm sich der Sache an und pflegte das schwache dem Tode nahen Tier, wieder gesund. Der Orca ist frei und kann tun und lassen was er will, er kann auch jederzeit ins offene Meer zurückschwimmen, niemand hält ihn auf oder zähmt ihn. Jedoch hat der Orca sich entschlossen, in der Lagune zu bleiben oder kommt jeden Tag vom offenen Meer in die Lagune zurück. Die Indianer in der Gegend verehren die Orcas als heiliges Tier, auch glauben sie, dass die Seele eines verstorbenen Häuptlings in einen Orca überwechselt.

Als der kranke und schwache Orca vor zwei Jahren in der Lagune auftauchte, war das genau an dem Tag, wo der Häuptling dieser Indianer Gruppe gestorben war. Für die Indianer war es ganz eindeutig, dass der kranke und schwache Orca die Seele des kranken und schwachen Häuptlings ist. Wie bereits erwähnt, pflegten die Indianer den Orca wieder gesund. Da er aber nicht weggehen will, glauben die Indianer, dass der Häuptling ihre Nähe sucht. Aus diesem Grund fahren zwei kleine Gruppen von Indianern jeden Tag mit dem Kanu in die Lagune, um zu singen und zu beten, jedesmal kommt der Orca und schwimmt den Kanus nach. Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Indianer den Orca nicht füttern und ihn in keinster Weise dazu bewegen, ihre Nähe zu suchen oder in der Lagune zu bleiben. Auch ist es wichtig zu verstehen, dass diese Orca/Indianer Geschichte zwei Jahre andauerte, ohne jemals in der Presse zu erscheinen oder sonst irgendwelche Aufregung verursacht hat, auch hat niemand gegen ein Örtliches, Nationales oder Internationales Gesetz verstoßen.

Nun kamen aber in Canada die Wahlen und somit wurde die Orca/Indianer Geschichte das heißeste Wahlthema. Heraufbeschworen von der Umweltministerin, die auch Mitglied einer Tierrechts-Organisation ist, aber sonst nur den Ruf als Steuergeld-Verschwenderin und es mit unlogischer Rhetorik mit den Forstämtern und Bauernverbänden gründlich versaut hat. In ihrem Wahnsinn, die Wahlen wieder zu gewinnen, hat sie einen wahren Krieg ausbrechen lassen, der die Steuerzahler Millionen von Dollars und zweimal dem Orca fast das Leben gekostet hat.

Die wahnsinnige Umweltministerin hat den Indianern -unter Androhung von Verhaftung- verboten, mit den Kanus aufs Meer oder in die Lagune zu gehen. Aber Moment mal, die Indianer verdienen in dieser Gegend ihren Lebensunterhalt mit fischen! "Kümmert mich nicht" sagt sie, "....Ich will die Indianer nicht in der Nähe des Orcas haben." Man bemerke, Sie sagt ICH, nicht etwa das Gesetz oder die Regierung oder das Volk, sondern ICH will nicht!!!! Die anschliessenden Wochen wurden dann sehr öffentlich und aufs scheußlichste damit verbracht, Beschimpfungen zu äußern und rhetorisch in Umlauf zu bringen. Aber auch damit, zu versuchen den Orca zu fangen und ins offene Meer zurück zubringen, so weit weg, dass er nicht mehr zurückfinden würde. Als bei einem solchen Versuch der Orca fast gestorben ist, weil er sich im Netz verheddert hat, suchte man nach einer anderen Lösung. Einer der leitenden Tierrechtler -Wissenschaftler- hatte die glorreiche Idee, dass man den Orca mit Schnellbooten auf das offene Meer hinaustreibt. Fortan erhob sich eine wilde Treibjagd mit Hunderten von Schnellbooten und sogar Schiffen der Armee, mit dem Resultat, dass es dem Orca zwar immer wieder gelungen ist, in die Lagune zu entweichen, aber die Hetzerei hat ihn so erschöpft, dass er dabei beinahe wiederum zu Tode gekommen wäre.

Der neueste Stand der traurigen Geschichte ist, dass die Indianer den Orca "entführt" haben an einen unbekannten Ort in der großen Lagune. Was die "verrückte" Umweltministerin aufschreien ließ: "Das ist Entwendung öffentlichen Gutes und als Diebstahl strafbar". Sie hat aber auch andere Weisheiten von sich gegeben, um die Orca-Hetzerei und das ganze Geschrei zu rechtfertigen. Und wiederum bemerke man, dass sie immer ICH sagt: "Ich will es nicht zulassen, das Menschen Tiere von sich abhängig machen", "Ich möchte, das alle Tiere von der Knechtschaft der Menschen befreit werden" und "Orcas sind gefährliche Tiere, ich kann nicht zulassen, dass sich ein Mensch in Gefahr bringt mit einem solchen Tier". Übrigens will sie auch ein neues Gesetz erlassen. in dem es verboten sein wird, im Meer zu schwimmen. "Als Umweltministerin ist es meine Pflicht, die Menschen vor Schaden zu schützen". "Manchmal muss ich Gesetze machen, um den (dummen) Menschen vor sich selbst zu schützen".

Die Umweltministerin zeigte bis dahin auch wenig Verständnis für Wissenschaftler, die angebrachte Warnungen verlauten lassen wie, "Sollte es gelingen, den Orca wider ins offene Meer zu bringen, wäre seine Überlebenschance sehr gering. Orcas sind Herdentiere und nach einer zweijährigen Abwesenheit ist es unmöglich, dass seine Herde oder jede andere ihn akzeptieren würde. Die Folgen wären, dass der Orca beim Versuch, sich einer Herde anzuschließen, von anderen Orcas getötet würde oder als Einzelgänger ein kurzes und armseliges Leben fristen müßte, ohne jeden Schutz, der die Herde bietet." oder "Da der Orca offensichtlich aus freiem Willen die Nähe der Indianer sucht, ist es durchaus möglich, dass er in den Kanus nichts anderes sieht, als andere Orcas. Soweit wie wir das beobachtet haben, ist der Orca nicht verhaltensgestört und hat keine Schädigung erlitten durch den Kontakt mit den Indianern, die ihm das Leben gerettet haben. Daher schliessen wir, dass dies ein Einzelfall ist, der aber durchaus nicht unnatürlich ist unter diesen Umständen. Nämlich das der Orca durch seine Krankheit von der Herde verstoßen und zurückgelassen wurde und sich in den letzten zwei Jahren einer neuen "Herde" angeschlossen hat."

Die Tierschützer schreien, dass der Orca besser dran sei in Freiheit? ein kurzes Leben zu genießen? als in der Knechtschaft (?) zu leben und die Umweltministerin schreit nach neuen Gesetzen, die den Menschen dieses, das und jenes untersagen. Dank der Geschichte wurde die Umweltministerin mit starker Hilfe von den Tierrechtlern und den in der Großstadt lebenden Politisch Korrekten Liberalen, die jeden Verstand für die Natur verloren haben, wieder ins Amt gewählt. Ihre erste Amtshandlung war es dann, Wanderwege zu schliessen. "Ich möchte nicht, dass Menschen in der freien Natur herumspazieren und von wilden Tieren angefallen werden" Wovon redet sie? Das vielleicht ein Eichhörnchen einen Spaziergänger angreift und zu Tode beißt, oder das eine Rehherde einen Wanderer niedertrampelt, oder ein Specht einem Menschen ein Auge aushackt? Nein, es ist bürokratische Diktatur und Meinungsmache von einer politischen Minderheit, denen jedes Mittel recht ist, um ihren Wahnsinn in die Tat umzusetzen.

Wie sagt es die Internationale Menschenrechtsorganisation? Die Menschen in den westlichen Demokratien verlieren Menschenrechte in einem so erschreckenden Maße, das die Bezeichnung Demokratie kaum noch zuläßt.

Als Tierlehrer erschreckt es mich, wenn ich solche Dinge wie diese zwei Beispiele höre, die leider nur die oberste Spitze eines großen Eisberges sind. Ich werde vor die Wahl gestellt. Soll ich den Gesetzen folgen und somit Tieren eventuellen Schaden oder Vernachlässigung zuführen oder soll ich es so machen, wie es meine Tierliebe und Sachkenntnis von mir verlangen und damit zum gesetzbrechenden Kriminellen werden? Ich habe meine Entscheidung schon lange getroffen über diese Frage, es war sehr einfach für mich, wie immer folge ich meinem Herzen, Wissen und Verstand. Das ist meine Pflicht als Mensch und als Tierfreund.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:04

Calif lernt zu Steigen

Calif ist ein sechs Jahre alter weisser Araberhengst, der in den letzten drei Jahren seines jungen Lebens alle Grundlagen der Pferdedressur gelernt hatte. Auch wirkt er bereits in der Vorstellung mit, wo er das sechste Pferd von 12 Hengsten ist. Mit sechs Jahren hat Calif die nötigen Muskeln und einen soliden Knochenbau, um ein typisches Pferdeverhalten zu lernen, das "auf die Hinterhand steigen".

Es ist für ein Pferd etwas völlig natürliches, auf die Hinterhand zu steigen. Allerdings ist es ein äußerst aggressives Verhalten. Mit dem Steigen versuchen Hengste, ihren Kontrahenten von oben herab zu bekämpfen. Zu diesem Zweck schlagen sie dann wild oder gezielt mit den Vorderhufen nach ihrem Gegner. Ein einziger, gut gezielter Hufschlag ist in der Lage, den Schädel eines Menschen zu zerschmettern. Der gleiche Schlag löst bei einem anderen Hengst nur Kopfschütteln aus, es überrascht mich immer wieder, wie stark Tiere sind, aber es flößt mir auch Ehrfurcht vor unserer eigenen Schwäche ein. In der Tat ist der Mensch das einzige Lebewesen, das Hilfsmittel erfinden mußte, um überleben zu können.

In der Pferdedressur, wie bei allen anderen Dressuren auch, ist es des Tierlehrers erste Pflicht, Aggressionen abzubauen. Aus diesem Grund muss Calif lernen zu Steigen ohne das Begleit-Gefühl von Aggression. Wie das genau gemacht wird, werde im folgenden beschreiben. In den vergangenen Jahren hat Calif sich an alle Hilfsmittel der Pferdedressur gewöhnt, er hat aber auch gelernt, das er mir vertrauen kann und das ich ihn niemals überfordere oder mit Unannehmlichkeiten überrasche. Er weiß, dass die Longe dazu dient, ihm Sicherheit und Lenkung zu geben und es kümmert ihn daher wenig, dass an diesem Tag zwei Pferdepfleger, mit denen er bestens vertraut war, an einer Seite von ihm stehen und die Longen halten, die an je einer Seite seines Kopfgeschirres befestigt sind. Gelassen hebt er das rechte Vorderbein hoch, als ich dieses mit der Gerte berührte und sagte: "Calif, lift". Es kümmerte Calif auch wenig, dass ich dieses Vorderbein mit einer dick gepolsterten Ledermanschette umschnallte und eine 12 Meter lange Longe daran befestigte, die ich nun einem Dritten Pferdepfleger in die Hand gab der hinter mir stand.

Calif stand ruhig und gelassen da, er wußte aus Erfahrung, dass er etwas neues lernen würde und ich konnte ihm ansehen, dass er neugierig darauf war und interessiert um sich sah. Ruhig und gelassen sagte ich "Calif lift" und berührte seinen Vorderfuß mit der Gerte, sofort kam er diesem Wunsch nach. Zur gleichen Zeit zog der Pferdepfleger die Vorderbein-Longe ganz sanft an, gerade genug um Calif fühlen zu lassen, dass da ein leichter Widerstand entstanden war. Meine Tierpfleger sind so gut dressiert wie die Tiere; aber ungleich den Tieren, wissen meine Helfer aus Erfahrung, dass ich fuchsteufelswild werden kann mit ihnen, wenn sie meinen Befehlen und Anordnungen nicht aufs genaueste folgen. Das hat nichts mit Rechthaberei zu tun, sondern mit meiner Pflicht, dass keinem Tier ein Schaden jeglicher Art entstehen soll. Leider können Menschen manchmal etwas gleichgültig werden und wenn ich sage "Ein bißchen Anziehen", zerren sie an der Longe und erschrecken das Pferd damit.

Nach einer Minute gab ich Calif das Kommando "Allright" und er senkte das Bein und der Pferdepfleger ließ die Longe durch seine Hände gleiten und erschlaffen. Mit Stücken von Möhren und überschwenglichem "Brav Calif, Good Boy" und "am Halse tätscheln", gab ich Calif zu verstehen, dass ich sehr zufrieden mit ihm bin und das freute ihn. Was er mit einem leisen "Flüsterwiehern" bekundete. Nun wiederholte ich die selbe Prozedur mit Calif's linkem Vorderfuß. Das ging so weiter für zehn Minuten, dann ließ ich alle Longen abnehmen und ließ Calif einige Runden in der Manege traben und sich im Sägemehl rollen. Nach dieser kurzen Entspannungspause wiederholte ich das ganze noch einmal und diesem folgte wiederum eine Entspannungspause und dann wurde Calif in seine Stallbox geführt.

Nach drei Tagen hatte Calif gelernt, auf Kommando jedes Vorderbein in die Höhe zu halten und es machte ihm nichts aus, dass der Pferdepfleger immer etwas stärker an der Longe zog, um das Bein höher zu bekommen. Nun kam "der Moment, wo der Frosch ins Wasser rennt". Würde Calif nun verstehen, wenn ein Vorderbein mit der Longe hochgezogen wird und ich ihm gleichzeitig das Kommando gebe, das andere Vorderbein auch hochzuheben? Gleich werden wir es sehen! Ich schnallte die Manschette um die Fessel des rechten Vorderfusses, befestigte die Longe und gab Calif das Kommando "Lift" und sofort hob er das Bein hoch. Nun befahl ich dem Pferdepfleger, festzuhalten an der Longe. Meine Gerte berührte das linke Vorderbein und wiederum kam das Kommando "Lift", etwas verdutzt, aber gelassen hob Calif auch dieses Bein und für einen Bruchteil einer Sekunde waren beide Vorderfüsse vom Boden. Sofort gab ich den Befehl an den Pferdepfleger "Let go" und zu Calif sagte ich "Brav Calif" gefolgt von vielen Möhrenstücken.

Woche um Woche steigerte sich das anfängliche Hüpfen in ein höherers und höheres Steigen, wobei Calif von alleine lernte, die Longen an seinen Kopfseiten und an seinem rechten Vorderfuß als Balancehilfen zu benutzen. Aus diesem Grund war es immer sehr wichtig, dass die Longen nur gerade so viel angezogen wurden, um diese nicht schlaff werden zu lassen, aber niemals vom Pferd als starkes Ziehen empfunden wurden, sonst hätte er leicht seine Balance verlieren können. Es ist gerade hier, wo oft Fehler passieren können aus Unsachkenntnis oder Fahrlässigkeit, die dann den Dresseur sich wundern lassen, "Warum will der dumme Gaul das nicht lernen?" Natürlich ist nicht der Gaul schuld daran, sondern der Zweibeinige Esel. Tierdressur ist sehr einfach, wenn man sich jeden Tag die Mühe macht, die Tiere zu verstehen und bereit ist, ihnen zu helfen uns zu verstehen, aber auch die nötige Verfassung hat, sich auf Kleinigkeiten konzentrieren zu können.

Nach einem weiteren Monat konnte Calif sich ohne Hilfen auf das Kommando "Hoch" voll aufrichten und für eine volle Minute in dieser Stellung stehen bleiben, er war ein Steiger geworden ohne jedes Gefühl von Aggression. In den weiteren Monaten lernte er, als Steiger rund um die Manege zu laufen und sich um die eigene Achse zu drehen.
In weiteren Monaten hatte Calif so starke Rücken und Hinterschenkelmuskeln entwickelt, das ich ihn lehren konnte, als Steiger über Cavaleties zu hüpfen. Über viele Jahre hatte Calif Tausende von Zirkusbesucher mit seiner Stärke und Schönheit begeistert, wenn er in seiner ganzen herrlichen Gestalt aufrecht tanzte oder rund um die Manege lief oder aufrecht wie eine Kerze mit gewaltigen Sprüngen über die Gavaleties hinwegsetzte, ich konnte mir meinen Stolz auf meinen vierbeinigen Schüler nie verkneifen, wenn ich mit Zurufen und Ermunterungen angefeuert wurde. Was für ein wunderschönes Bild es doch immer wieder ist, ein Pferd in seiner ganzen Pracht und Eleganz zu erleben.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:05

Wie lernt ein Elefant, auf den Hinterbeinen zu stehen?

"Ganz einfach, haue ihm mit einem Vorschlaghammer auf die Zehen". Es ist kaum zu glauben, dass ein alter Zirkuswitz wie dieser heute von einer politisch motivierten Gruppe als tatsächlicher Dressurvorgang angegeben wird. Ein anderer Witz besagt, dass dieser Trick einem Elefanten beigebracht wird, indem man ihm eine Maus zwischen den Vorderfüssen rumrennen läßt. Komisch, dieser Witz wird von dieser politischen Gruppe nicht als tatsächliche Dressurmethode propagiert.

Elefanten sind sehr bewegliche und unwahrscheinlich wendige Tiere. Das ist mir alten Dresseur-Hase erst vor wenigen Tagen wieder deutlich klar geworden, als ich im Fernsehen ein thailändisches Elefanten-Fußball-Match gesehen haben. Da war fast kein Unterschied zu sehen zu menschlichen Fußballspielern, die Mahouts sitzen mehr oder weniger tatenlos auf den Elefanten und lassen diese die Entscheidungen treffen. Eine wahre Augenweide, diese intelligenten Tiere in solcher Action zu sehen und die offensichtliche Freude, mit der die Elefanten sich am Spiel beteiligen.

Seit einigen Wochen bin ich dabei einem asiatischen Elefanten beizubringen, auf den Hinterbeinen zu stehen. Dabei werde ich daran erinnert, wie oft ich von Leuten gefragt werde, wie man soetwas dressiert. Menschen denken oft, da Elefanten tonnenschwere Tiere sind, würde es Flaschenzüge und Kräne benötigen, um diesen Trick -aber auch andere Elefanten-Tricks-, zu erzielen. Tatsache aber ist, dass Elefanten, -wie gesagt- sehr wendige Tiere sind, und auch sehr klug. Wie jede Tierdressur kann man auch einem Elefanten nur das beibringen, wofür er eine natürliche Veranlagung hat. "Aber halt mal hier" höre ich dich sagen, "Ein Elefant, der auf den Hinterbeinen steht oder einen Kopfstand macht, ist nicht natürlich". Dazu werde ich dir antworten: " Doch, mein Freund, das ist eine natürliche Veranlagung". In der freien Natur stehen Elefanten für eine oder auch zwei Sekunden auf ihren Hinterbeinen, um die obersten Äste eines Baumes zu erreichen. Wenn es kein Wasser gibt, graben Elefanten tiefe Löcher in den Boden, um an das Grundwasser zu gelangen, dabei müssen sie fast einen Kopfstand machen. Bei diesen Kopfständen wird das Hauptgewicht des Körpers von den Vorderfüßen und dem Kopf getragen, dabei wird oftmals ein Hinterbein noch in die Höhe gehalten, um den Rüssel noch tiefer in das Wasserloch zu stecken.

Wie in einem anderen Artikel bereits erwähnt kann jedes Tier lernen, solche natürlichen Veranlagungen so zu entwickeln, dass diese zu einem "Kunststück" werden, vorausgesetzt, dass der Dresseur die entsprechenden Muskeln beim Tier aufbaut. Es ist hier ähnlich wie beim menschlichen Athleten. Es ist unnatürlich für Menschen, Gewichte von 300 kg bis 400 kg über seinen Kopf zu heben, geschweige denn, für mehrere Sekunden in dieser Position zu halten, dies trifft auch zu für alle anderen Olympischen Disziplinen, sie sind unnatürlich, und trotzdem ist es doch möglich, mit einem speziellen Training die nötigen Muskeln zu bilden, um diese natürliche Veranlagung zu fördern. Genau dasselbe trifft auf Tiere zu, eine natürliche Veranlagung wird verfeinert und trainiert, bis es zum "Kunststück" wird. Genauso wie beim Menschen gibt es auch Tiere, die verschiedene Talente und einen unterschiedlichen Körperbau haben. Der gute Tierlehrer findet diese Talente und berücksichtigt den Körperbau einen Tieres. Es wäre zwecklos, einen rundlichen kurzen Athleten zum Schnellläufer zu machen, ein solcher Athlet ist besser geeignet zum Boxen oder Gewichte heben. Es wäre genau so zwecklos, einem dicklichen Elefanten mit kurzen Beinen das Aufrechtstehen zu beizubringen, hingegen ist ein muskulöser athletischer Elefant mit langen Beinen genau das rechte Tier für diese Arbeit.

Parvati ist ein solcher athletischer Elefant, mit 13 Jahren ist er ein Teenager voller Energie und Ehrgeiz, der immer etwas machen will und -typisch Teenager- ganz ungeduldig wird, wenn er mal warten muss. Über Wochen habe ich Parvati beobachtet und festgestellt, dass er es liebt, seine ganze Energie und Kraft zur Schau zu stellen, manchmal versucht er sogar, sich mit Lowai, dem 25 Jahre alten Leit-Elefantenbullen zu messen und handelt sich prompt jedesmal ein paar heftige Ohrfeigen ein dabei. In den vergangenen Monaten fing Parvati damit an, sich im Elefantenwald auf die Hinterbeine zu stellen, um an die Baumkronen zu gelangen, wo die Blätter besser schmecken. Während dieser Beobachtung dachte ich mir: "Well, Junge wenn du das so gerne machst, werde ich dir beibringen, es perfekt zu machen". Schon seit einiger Zeit suchte ich einen neuen Elefanten für diesen Trick, da Li Xing eine 22 Jahre alte Elefantendame -zwar noch jung-, aber etwas schwer und dicklich wird. Noch macht es ihr keine Mühe, sich auf die Hinterbeine zu heben, aber ich weiss, dass in zwei oder drei Jahren es ihr mehr Schwierigkeiten bereiten wird.

Wenn ich Elefanten das "auf den Hinterbeinen stehen" beibringe, benutze ich dazu zwei verschiedene Dressurmethoden. Die eine ist sehr ähnlich der, die ich im Artikel "Calif lernt zu steigen" beschrieben habe. Mit dem einzigen Unterschied, das meine Assistenten nicht mit Longen arbeiten, sondern den Elefanten mit dem Ankus festhalten, weil ein anderer den Elefantenfuß mit den Händen und Ankus hochhält. Diese Dressurmethode benutze ich bei fortgeschrittenen Elefanten, die bereits gelernt haben, ein Vorderbein auf Kommando hochzuheben und auch schon genügend starke Rücken- und Oberschenkelmuskeln entwickelt haben. Die zweite Dressurmethode besteht darin, dass der Elefant mit den Vorderfüssen auf eine Tonne steigt. Diese Tonne wird dann Woche um Woche erhöht bis der Elefant fast aufrecht steht, die Tonne hilft dem Elefanten, sein Gewicht auf einem soliden Untergrund mehr oder weniger gleichmäßig zu verteilen. Diese Übung wird die Rücken- und Oberschenkelmuskeln stärken und dem Elefanten auch Balance geben.

Einige andere Tierlehrer gebrauchen Flaschenzüge, um Elefanten das Hinlegen, Kopfstand und Hinterbeinstand beizubringen. Solange ein Flaschenzug sehr vorsichtig angewandt wird, ist es durchaus vertretbar. Persönlich finde ich jedoch, dass ein Flaschenzug mir zu wenig Feingefühl gibt, das ich unbedingt nötig finde und daher habe ich noch nie einen solchen Apparat benutzt, ich vertraue mehr auf Handarbeit denn auf Technik in der Tierdressur.

Für Parvati habe ich mich für die erstgenannte Dressurmethode entschlossen, weil er ja schon sehr starke Muskeln hatte und im Elefanten Wald von alleine auf den Hinterbeinen gestanden ist, um an die Baumkronen zu gelangen. Was also Parvati nun lernen mußte, war dieses Verhalten auf Kommando auszuführen und es schön zu machen. Zu diesem Zweck stellte ich Parvati in die Mitte der Manege und postierte je einen Assistenten zu seiner linken und rechten Seite. Einen dritten Assistenten postierte ich bei Parvati's rechten Vorderfuß. Seine Arbeit war es, mit beiden Armen Parvati's Bein zu supportieren, sobald ich das Kommando "Lift" gebe und Parvati das Bein hochhebt.

Vielleicht fragen sich nun einige: "Wie kann man einen tonnenschweren Elefanten mit bloßen Händen balancieren?". Elefanten sind sehr feinfühlige Tiere -besonders an den Füssen und Beinen- wenn sie einen Widerstand spüren, weichen sie diesem aus. Daher wird ein Elefant niemals sein volles Gewicht auf des Assistenten Arme legen. Als ich jungen Afrikanischen Elefanten das Aufrechtsitzen beibrachte, habe ich diese mit meiner Schulter unter deren Kinn supportiert und es ist niemals vorgekommen, das einer der Elefanten mich niedergedrückt hat.

Parvati wußte sofort was los war, als er alleine, ohne die anderen Elefanten, in der Manege stand und den gelben Plastikeimer auf dem Manegenkasten stehen sah. Aus Erfahrung wußte er, das dieser Eimer randvoll gefüllt ist mit Mohrrüben und Bananen und natürlich wußte er auch, das diese Leckerbissen für ihn sind, also er wird sich Mühe geben, soviele wie möglich zu verdienen durch gute Arbeit. Ich stellte mich vor Parvati und kommandierte: "Parvati, Lift" wobei ich gleichzeitig mit dem Ankus sein rechtes Knie von hinten berührte. Sofort hob er das Vorderbein im rechtwinklig hoch und schaute ein bißchen verdutzt zum Assistenten, der seine beiden Arme unter das Bein hielt und dieses etwas höher hielt. Nach einer oder zwei Minuten gab ich Parvati mit "All right, good Boy, Brav" das Zeichen, dass er das Bein wieder auf den Boden stellen konnte, dies war auch gleichzeitig der Befehl an den Assistenten, das Bein loszulassen. Nach ein paar Möhren und Bananen wiederholte ich dieselbe Prozedur mit Parvati's linkem Vorderbein. Wir wiederholten diese Tätigkeit abwechselnd mit dem rechten und linken Vorderbein für etwa 15 Minuten, danach liess ich den Elefanten in das Freigehege zu den anderen zurückkehren. Der Dressurassistent war mir sicher dankbar dafür, er stand keuchend und schwitzend neben mir. Elefantendressur ist schweisstreibende Schwerstarbeit. Auch wenn Elefanten nicht ihr ganzes Gewicht auf den Assistenten legen, ist es doch ein recht ordentliches Gewicht, das man hochheben muss.

Nach drei Tagen war ich mir sicher, dass ich es wagen konnte, Parvati beide Vorderbeine hochzuheben zu lassen, wiederum stand der Elefant in der Mitte der Manege. Parvati war so ehrgeizig, dass er sein rechtes Vorderbein hochhob, ohne das ich ihm ein Kommando geben mußte, wiederum unterstützte der Assistent mit beiden Vorderarmen Parvati's Bein, aber dieses Mal schaute etwas bekümmert drein, da er wußte, dass er gleich noch viel mehr Gewicht würde halten müssen und schaute mich fragend an, als wollte er sagen: "Muss das wirklich sein Boss?" natürlich wußte er, das ich mich auf keine Debatten einlasse würde, aber denken darf man ja. Nun stellte ich mich auf die linke Seite von Parvati, mit dem Ankus griff ich hinter das Knie des Vorderfusses und kommandierte, "Parvati, Lift", aber der Elefant schaute mich nur erstaunt an. Ich konnte es in seinen Augen sehen: "Wie soll ich mein Bein hochheben, wenn ich bereits eines hochgehoben habe?" Daraufhin gab ich meinem Assistenten den Befehl, das rechte Vorderbein noch mehr hochzuheben, um Parvati zu verstehen zu geben, dass er Support hat. Darauf kommandierte ich mit mehr Nachdruck in der Stimme und dem Ankus: "Parvati, Lift". Zögernd hebt der Elefant sein linkes Vorderbein, mein Assistent begann zu schwitzen und stemmte mit seiner ganzen Kraft das rechte Vorderbein. Niemals zu faul oder mir zu schade, selbst mit anzupacken, schnellte mein rechter Arm unter das Elefantenbein, dabei ermunterte ich Parvati " Lift, Hoch, Lift, Lift".

Das war die erste von vielen Dressurstunden, die noch folgen werden, in denen Parvati lernen wird, immer höher zu steigen und besser zu balancieren, bis er dann eines Tages den Trick von alleine ausführen kann. Was der Zuschauer im Zirkus sieht, ist monatelange Arbeit, in denen Mensch und Tier als Freunde sich gegenseitig vertrauen und wundervolle Leistungen erzielen, ohne jede Angst und Gewaltanwendung. In der Elefantendressur ist es eigentlich der Mensch, der leiden muss mit Muskelkater und geschürfter Haut, aber die Mühe lohnt sich immer. Neben den Tigern sind Elefanten meine Lieblingstiere und ich wurde oft gefragt, was schwieriger zu dressieren ist, Afrikanische oder Indische Elefanten ? Der Indische Elefant ist von einer robusteren Natur, wogegen Afrikaner schnell nervös werden und deshalb brauchen sie viel Einfühlungsvermögen. Persönlich mag ich Afrikanische Elefanten lieber, da sie nicht so sehr zu groben-Unfug-machen neigen wie ihre Asiatischen Cousins, auch scheinen sie ein höflicheres Gemüt zu haben.

Anmerkung zum Ankusgebrauch:
Der Ankus (Elefantenhaken) ist wie die Peitsche nicht ein Dressurmittel, sondern eine Dressurhilfe. Das ist keine Wortklauberei, ich benutzte meine Dressurhilfen nicht, um Tiere gefügig zu machen, sondern um diese zu lenken oder Zeichen zu geben. Als Dressurmittel gebrauche ich mein Wissen um die Tiere und meinen Verstand.
Meinen Elefantenhaken habe ich über Jahre hinweg selber von ihrer herkömmlichen Form weiterentwickelt und bin heute bei der idealen Form angekommen. Der eigentliche Elefantenhaken sieht aus wie ein ausgestreckter, leicht gebogener Zeigefinger und ist auch etwa genauso lang. Mit dieser Form ist es unmöglich, dass die Haut des Elefanten verletzt werden kann und die Länge des Zeigefinger-Hakens ermöglicht einen guten Halt. Heute bestimmt mein Elefantenhaken in Amerika das Design der am meisten verbreiteten Ankus im Gebrauch. Ich hätte ihn patentieren lassen sollen. Auch verstecke ich meinen Haken nicht unter einer Lederklappe oder Federbüschel, sollen die Leute ruhig sehen, dass ich einen Haken gebrauche. Da die Zirkusbesucher das wissen, möchte ich nicht den Eindruck erwecken, dass ich etwas verstecken muss. Während öffentlicher Proben oder bei anderen Gelegenheiten lasse ich den Ankus auf dem Manegenkasten liegen, wo die Leute eine gute Sicht darauf haben, dann können sie auch sehen, dass der Haken keine scharfe Spitze hat. Ich muss nichts verstecken und damit den Eindruck erwecken, dass ich etwas "Schlechtes" mache.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:06

Grundsätzliches zum Signal Kommandos in der Tierdressur.

Wenn mich andere Tierlehrer um meinen Rat ersuchen in Problemlösungen bei der Dressur, stelle ich immer wieder fest, daß das Hauptproblem im Mißverständnis zwischen Mensch und Tier herrührt. Mit anderen Worten, die Tiere können den Dresseur nicht verstehen.

Es erstaunt mich manchmal wieviele Dresseure versäumen, den Tieren klare und eindeutige Kommandos und Signale zu geben. Wie ich bereits erläutert habe, ist eine klare und konsistente Kommando-Aussprache unumgänglich für den Erfolg einer erfolgreichen Dressur von Tieren. Leider oft unterschätzt aber genauso wichtig ist es, dass ein Dresseur ganz klare und eindeutige Signale gibt, die eigentlich eine andere Form von Kommandos sind. Solche Signal-Kommandos können sehr unauffällig sein, z.B. mein Hund "Gazu" weiß ganz genau, wenn ich mit ihm Laufen gehe, da er ein fast unsichtbares Zeichen von mir beobachtet. Es ist so unauffällig, dass es ein Mensch kaum sehen kann. Mein Zeichen für Gazu ist, dass ich ihn kurz ansehe und leicht mit dem Kopf nicke und schon springt er auf um mir seine Leine vom Haken in der Küche zu holen. Besucher wundern sich oft wie es möglich ist, das Gazu "erraten" kann, wenn ich mit ihm laufen gehe.

In der Zirkus Dressur trifft genau das selbe zu. Wenn ich bei meinen Tieren bin, gebe ich andauernd gewollte und ungewollte Signale mit meinem Körper, Armen, Peitsche oder Stock, die den Tieren unverzüglich mitteilen, was ich beabsichtige. Einige der Signale werden von Tieren gut verstanden, weil sie auch von Tieren selbst benutzt werden und somit als Universal bezeichnet werden können, während andere Signale Teil der Dressur sind und von den Tieren erlernt werden müssen. Da ich nicht meine eigenen Tiere besitze, sondern für andere dressiere war es mir meistens nicht möglich, über lange Jahre mit denselben Tieren zu arbeiten. Dies änderte sich als ich nach Amerika ging, um die weiße Tigergruppe zu dressieren, mit diesen Tieren habe ich sieben Jahre lang zusammengearbeitet. Über die Jahre konnten meine Signale soweit verringert werden, dass es mir möglich war, oft nur einen Tiger anzusehen und meine Augen in die Richtung zu bewegen, wo der Tiger hingehen soll, oder ich winkte einen Tiger mit dem Zeigefinger zu mir oder nickte mit meinem Kopf. Das Publikum wunderte sich oft, wie soetwas möglich war. Der Grund dafür war, dass ich immer die selben Wort- und Signal-Kommandos benutzte und über die Zeit können diese fast auf Null reduziert werden, aber auch meine Körpersprache ist immer dieselbe, unbeeinflußt von meinen Gefühlen oder Gemütszustand. Darin liegt das Problem, das einige Dresseure haben, sie sind nicht konstant in ihren Kommandos, Signalen und Gemütsverfassung.

Die Signal-Kommandos werden in vier Gruppen unterteilt, die je nach Bedarf leichte Abweichungen oder Kombinationen beinhalten. Solche Signale werden meistens mit der Peitsche oder dem Stock gegeben. Dabei benutzen wir die natürliche Angewohnheit der Tiere, aber auch der Menschen, eine gewisse Distanz um sich zu haben. Dies nennt man Kritische Distanz und kann gut beobachtet werden bei Schwalben und Möwen, wenn diese auf einer Stange oder Hochspannungsleitung sitzen. Wie abgemessen sitzen alle Vögel im gleichen Abstand zueinander. Sollte ein anderer Vogel dazwischen kommen, rücken alle ein bißchen nach und wenn dies nicht möglich ist, kommt's zum Streit um das Platzrecht. Je nach Sozialstand kann sich diese Kritische Distanz bis auf Null verringern, z.B. ein Tiger, den ich mit der Hand aufgezogen habe, hat seine kritische Distanz auf Null verringert, während ein Tiger, der mich zwar gut kennt, aber nicht gezähmt ist, möglicherweise auf einer kritischen Distanz beharrt, die bis 3 Meter sein kann, und wiederum ein anderer Tiger mir erlaubt, ihn an bestimmten Körperstellen zu berühren, aber nicht den anderen, dies nennt man dann "Variierende Kritische Distanz".

Sobald ich diese kritische Distanz unterschreite, reagiert das Tier darauf und rückt ein bißchen nach wie die Schwalbe und die Möwe. Dabei ist es nicht notwendig, das ich als Person diese Kritische Distanz unterschreite, es genügt wenn ein Teil meiner Person, in diesem Fall mein verlängerter Arm -die Peitsche oder Stock- diese Distanz unterschreiten. Somit kann ich ein Tier in die von mir gewünschte Position bringen indem ich die vier Signal-Gruppen anwende, die man unterteilen kann in: "Drücken", "Ziehen", "Schieben" und "Aufwärts".

Drücken:
Möchte ich, das ein Tier vor mir her geht oder auf ein Postament steigt, brauche ich nur den Peitschenschlag hinter das Tier zu legen -innerhalb der Kritischen Distanz- und das Tier wird nach vorne oder auf das Postament ausweichen: ich habe das Tier "gedrückt". Bringe ich den Peitschenschlag auf die rechte oder linke Seite des Tieres, "drücke" ich das Tier zur rechten bzw. linken Seite. Möchte ich, dass ein Tier rückwärts geht, benutze ich dieselbe Methode wie beim Ziehen, aber dieses Mal bringe ich die Peitsche zwischen mich und das Tier und bewege diese in die Nähe des Tieres von vorne.

Ziehen:
Will ich, dass das Tier zu mir kommt, stehe ich vor dem Tier, aber lege den Peitschenschlag hinter das Tier, weil ich mit dem Stock den Ausweg des Tieres zu den Seiten versperre. Da mein Körper immer noch außerhalb der Kritischen Distanz ist und die Auswege nach rechts und links versperrt sind, wird das Tier nach Vorne -zu mir- ausweichen, somit ziehe ich das Tier.

Schieben:
Schieben wird ereicht, indem man ein Tier dazu bewegt, ein kleines bißchen nach jeder beliebig gewünschten Seite auszuweichen, um es in die exakte Stellung zu bringen. Dies wird ereicht, indem ich die Peitsche nur ganz kurz innerhalb der Kritischen Distanz bringe und gleich wieder entferne: das Tier wird daher nur ein paar Zentimeter nachrücken. Je nach der Richtung, in die sich das Tier bewegen sollte, bringe ich die Peitsche nach hinten, zu den Seiten oder nach vorne.

Aufwärts:
Möchte ich, dass sich ein Tier aufrichtet, kann ich entweder eine Form von Drücken benutzen indem ich das Tier nach oben drücke. Oder ich benutze das Aufwärtsziehen. Ungleich allen anderen Invasionen der Kritischen Distanz wird hier das Tier nicht ausweichen, sondern angreifen. Diese Methode benutze ich ausschließlich bei Raubtieren, um diesen das Hochsitzen oder das "auf den Hinterbeinen laufen" zu lernen. Der Angriff hier ist mehr spielerisch dann ernsthaft. Zu diesem Zweck bringe ich den Stock oder noch besser meinen Tupfer (lange Gerte) über den Kopf des Tigers oder Löwen. Da die Raubkatze nach keiner anderen Richtung entweichen kann, wird es mit den Pranken nach oben ausweichen und versuchen, den Stock oder Tupfer zu erhaschen. Dazu wird es beide Vorderfüsse vom Boden oder dem Postament hochheben.

Mit diesen Signalen kann ich Tiere in der Manege oder dem Zentralkäfig auf völlig natürliche Weise lenken - ohne jegliche Probleme oder Mißverständnisse. Wie bereits erwähnt ist jedoch unumgänglich, dass man immer dieselben wörtlichen Kommandos, Signale und Körpersprache benutzt. Wie wichtig das ist, wurde mir in unserer Dressur Schule hier im Xiangijang Park mehrmals deutlich vorgeführt. Von meinen gegenwärtig 20 Studenten habe ich 5, die sehr gut sind und ich lasse sie auch schon Tiger selber dressieren. Zwei von diesen fünf Studenten haben jedoch etwas Mühe, sich den Tigern verständlich zu machen und so stehen sie dann immer da mit einem großen Fragezeichen im Gesicht. "Teachel, wieso diese Tigel nicht machen wie ich sage ?" fragen sie voll Verwunderung. Warum der Tiger nicht macht, was der Dresseur-Student verlangt hat den Grund darin, das der Student ihm nicht das rechte Signal gibt, weil er seine Körpersprache nicht anwendet oder überhaupt nicht einsetzt, weil er nicht klar und deutlich akzentuiert spricht sondern alle Wörter ohne Betonung zusammenhängt. Bei einen der Studenten war das so schlimm, dass ich mich mit ihm jeden Abend für eine Stunde beschäftigt habe und ihn gedrillt habe, in der richtig betonten Aussprache, klaren Signalen und effektiven Körpersprache. Nach nur drei Tagen folgten ihm die Tiger auf jedes Wort und jedes Signal, sie konnten ihn verstehen und das war alles was nötig war, um eine bessere Arbeit zu erzielen.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:07

Politik wider alle Vernunft
Wohin mit all dem Elfenbein?

Vor zwei Jahren hatten ein paar vernünftige und logisch denkende Politiker eine gute Idee, wie man die Afrikanischen Elefanten besser vor Wilderern schützen könnte und gleichzeitig die nötigen Millionen von Dollars dafür beschaffen könnte, aber wie man auch Millionen von Steuerzahler-Dollars sparen könnte. Die Idee war sehr einfach und unkompliziert.
Nämlich das man:
A) Die Elefanten von der Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere streicht. (Es gibt Elefanten im Überfluß in Afrika und Indien, die sind schon lange keine bedrohte Tierart mehr. Im Gegenteil, in einigen Gegenden werden diese Tiere zur Landplage.)
und B) Das man die Tausende von Tonnen von Elfenbein auf dem Weltmarkt verkauft.

Damit könnten gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Das Lagern des Elfenbeines in speziell klimatisierten unterirdischen Lagerhallen und deren Bewachung kostet die Regierung Millionen von Dollar jedes Jahr, die ein ohnehin armes Land besser anderweitig gebrauchen könnte. Z.B. in der AIDS Bekämpfung, die in Südafrika jeden Tag etwa tausend Menschen das Leben kostet und der Linderung der Hungersnot. Der Verkauf von dem Elfenbein würde genügend Geld beschaffen, um fast alle Nöte des Landes zu beseitigen und dann würde immer noch genügend Geld übrigbleiben, um die Parkwächter und Wildtierhüter richtig ausbilden und ausrüsten zu können mit modernen Waffen und Geräten, um effektiv ihre Arbeit zu verrichten. Im Moment ist es doch so, daß ein Wildhüter hoffnungslos unterbezahlt mit einem Weltkrieg-II-Karabiner einem hochbezahlten Wilderer mit Maschinengewehr und Helikopter gegenübersteht.

Außerdem würde den Wilderern und deren oftmals Amerikanischen und Asiatischen Millionärs-Handelspartner mit einem Schlag das Handwerk gelegt, da der Markt mit billigem Elfenbein gesättigt wird durch den legalen Handel. Als angenehme Nebenerscheinung dieser Legalisierung und des Handels würden auch weniger Menschen ermordet und weniger Rauschgift gehandelt werden, dessen Erlös oft dazu benutzt wird, um für Elfenbein zu bezahlen. Auch der illegale Waffenhandel würde eingeschränkt. Alles in allem wäre der legale Elfenbeinhandel eine rundum zufriedenstellende Lösung in der jeder Hinsicht, von der auch die Elefanten und andere Wildtiere profitieren könnten.

Keine teuren Lagerungen von Elfenbein, das sich über Jahre hinweg von Polizei Razzien und Beschlagnahmung zu einem gigantischen Berg anhäufte und Millionen kostet. Kein Grund mehr für Wilderer und deren Geschäftspartner, Elefanten nachzustellen und diese abzuknallen, da kein Markt mehr vorhanden ist. Endlich hätte man genug Geld, um einen effektiven Wild- und Naturschutz zu finanzieren. Ein tiefer Einschnitt in den Drogenhandel und Verringerung der damit verbundenen Kriminalität. Last but not Least, die Regierung würde Millionen von Dollars einsparen, die für viel wichtigere Projekte benutzt werden könnten, als das Lagern von Elfenbein.

Dieser Plan war so vernünftig, das jeder halbwegs normale Mensch dazu applaudieren würde. Jedoch unter dem Druck der Amerikanischen Regierung wurde dieser Vorschlag vom Tisch der United Nations gefegt. Die Amerikanische Regierung hatte zwei Gründe für ihr Veto, einer davon ist nicht offiziell aber sehr im Interesse von Amerikas Außenpolitik zu finden. Der zweite Grund waren die Tierrechtler, die mit lauter Rhetorik und Millionen von Schmiergeldern sich gegen diesen Plan einsetzten. Was die Weltherrschaft der Amerikanischen Regierung und deren Machenschaften angeht, bedrückt mich zwar, aber ich weiß auch, daß jede Weltherrschaft zu Ende geht. Was die Tierrechter angeht, bin ich sehr beunruhigt, weil es eine Politik unter Angaben von Heuchelei ist, die etwas anderes beschreibt als das, was wirklich im Schilde geführt wird.

Hier haben wir eine Organisation, die öffentlich immer wieder betont, daß sie sich zum Wohl der Tiere einsetze und damit Millionen von Dollars scheffelt. Aber wenn jemand einen guten Plan auf den Tisch legt, der einer ganzen Reihe von Problemen ein Ende bereiten würde, dann schreien sie lauthals auf wie das sprichwörtliche "Schwein am Spieß". Ingrid Newkirk verlautete "Wir wollen nicht, daß die Elefanten von der Liste gestrichen werden und wir wollen keinen Elfenbeinhandel", allerdings, wo das ganze Geld herkommen soll, um das Elfenbein zu lagern und zu bewachen und die freilebenden Elefanten, sowie andere Tiere zu beschützen, wußte sie nicht. Alles was sie dazu sagen konnte war: "Das ist nicht unsere Sache, auch werden wir kein Geld dazu geben", also wenn PETA kein Geld gibt, um Tiere zu schützen, was macht ihr mit den Billionen von Dollars, die ihr weltweit erbettelt von ahnungslosen Leuten und Schulkindern?

Jedoch ist dieses traurige Spiel nicht ein Einzelfall von Politik wieder alle Vernunft. Es gibt einen endlich vernünftigen Plan, der aber noch nicht auf dem Tisch liegt, welcher dem Illegalen Handel und Jagd auf Tiger ein Ende bereiten soll. Auch dieser Plan ist sehr vernünftig und sehr einfach durchzusetzen. Der Tiger ist eine stark bedrohte Tierart, es gibt Schätzungen, daß trotz aller Schutzmaßnahmen der Tiger nicht überleben wird und in zehn Jahren als ausgestorben gilt. Der Grund dafür ist, das die Tiger ein großes Einzugsgebiet haben, das sich über Hunderte ja sogar Tausende von Kilometern erstrecken kann, oftmals wie in Sibirien ist das Land nur mit Helikoptern erreichbar. Aber auch hier fehlt es an Geld in Millionenhöhe, um eine effektive Überwachung zu gewährleisten. Auch da sind die Wilderer reich und gut ausgerüstet und den Wachen haushoch überlegen.

Auf der anderen Seite gibt es so viele Tiger in menschlicher Obhut, das man getrost von einer totalen Überhäufung sprechen kann. Tiger sterben wie alle Lebewesen durch Krankheit und aus Altersgründen, da ein totales Handelsverbot von Tigern oder Teilen von Tigern besteht, müssen diese Tiger vergraben oder verbrannt werden. Dazu gibt es genaue gesetzliche Regelungen, die nicht viel nützen aber einen Haufen Geld kosten. Wie bei dem Elfenbein schlägt der Plan vor, daß man diese toten Tiger ausweidet und deren Produkte auf dem Weltmarkt verkauft.

Aber auch hier wird sofort laut aufgeschrieen in bekannter Rhetorik. Man sagt, daß die asiatischen Völker, die Tiger als Medizin benützen, "umgeschult" werden sollen, aber man verschweigt natürlich, das
A) ein solches Unterfangen Milliarden von Dollars verschlingt und
B) Eine Tradition auch durch die beste Schulung, ja sogar auch Verbote nicht ausgerottet werden kann. Wenigstens nicht in einer oder sogar zwei Generationen. Woher sonst würde der Schwarzmarkt so erfolgreich sein, nein auch da wäre allen gedient, wenn man die Tausende von Tigern, die in menschlicher Obhut gestorben sind, weltweit eben verwerten würde. Auch hier könnte mit einem solchen Plan die Wilderei sofort -quasi über Nacht- stillgelegt werden und zur selben Zeit könnte Geld gespart werden. Ja man könnte sogar ein Gesetz machen, daß ein Teil des Erlöses vom Verkauf der Tigerprodukte dem effektiven Schutz der Tiger zugute kommt, dies alleine würde viele Millionen von Dollars bereitstellen. Außerdem ist es eine Tatsache, das bestimmte Tierprodukte tatsächlich Heilkräfte oder Medizinische Verwendung haben. Tigerknochen z.B. können tatsächlich Arthritis lindern, Tiger Urin hilft gegen Schwellungen von Insektenbissen (Ich muss es wissen, da ich hochallergisch gegen Bienenstiche bin, muss ich sofort in ärztliche Behandlung und mich mit Chemikalien vollpumpen lassen, die mich schwindlig machen und meinen Magen verderben. Jedoch nicht mehr, seit ein chinesischer Doktor mir Tiger Urin verschrieben hat, einmal damit einreiben und alle Gefahr ist gebannt). Schimpansen können kein AIDS bekommen, warum nicht? Man sollte das doch untersuchen können, ohne das Tierrechtler dabei laut aufschreien. Kühe haben in ihrer Magendrüse eine Chemikalie, welche Zuckerkranken hilft, Insulin heißt es und Ingrid Newkirk ist darüber der Meinung; "Wir wollen nicht, das Tierprodukte als Medizin verwendet werden, auch wenn das heißt, daß Millionen von Menschen dabei sterben müssen." Blutsauger haben ein natürliches Chemikal, das die Gerinnung von Blut verhindert und erfolgreich bei Herzinfarkt Patienten verwendet wird ohne Nebenwirkungen. Aber eben wenn es um die Politik wieder alle Vernunft geht, sollen wir alle nicht von diesen natürlichen Dingen profitieren, sondern uns mit gefährlichen Chemikalien vollstopfen lassen. Aber am wenigsten ist den Tieren dabei geholfen, die mit solchen Plänen im Handumdrehen bewahrt und geschützt werden könnten bis in alle Ewigkeit, wäre es nicht um die Politik einer Politisch Motivierten Gruppe die ironischerweise erklärt, Tiere zu schützen, jedoch eine Politik betreibt und gut heißt die genau das Gegenteil bewirkt.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:07

Scharfe Krallen, Spitze Zähne

"Der Tiger hat endlich tödliche Rache genommen", hieß die Schlagzeile eines Artikels, der den tödlichen Unfall eines meiner amerikanischen Tierlehrer-Freundes beschreibt. Der ganze Artikel war eine reine Sensationsmache der Tierrechtler, die erst gar nicht den Versuch machten, die wahren Umstände zu ergründen. Sätze wie: "...endlich hatte der Tiger genug von den erlittenen Qualen..." das Wort "Animal Trainer" wurde nach und nach ersetzt durch "Tierquäler" und "Folterer".

Was wirklich geschehen war, ist ein simpler Unfall, der mit ein bißchen Umsicht hätte vermieden werden können. Aus was auch immer für Gründen musste mein Freund in einem kleineren Zentralkäfig als normalerweise arbeiten. Als er dann, wie üblich, in der Vorstellung an einer bestimmten Stelle zehn Schritte rückwärts lief, war er eben nicht fünf Meter von einem Tiger entfernt mit zugekehrtem Rücken, sondern direkt beim Tiger. Obwohl seine Helfer ihm zuriefen, das er zu nahe am Tiger sei, war alles zu spät. Der Tiger, der nicht gewöhnt war, das mein Freund so nahe zu ihm kommt, hat so unglücklich zugebissen, dass seine Zähne tief in den Nacken und das Hirn eindrangen. Dabei wurde das Rückenmark zerschnitten, der sofortige Tod war die Folge. Hätte der Tiger einen anderen Tiger so behandelt, wäre gar nichts geschehen, aber wie ich schon mal geschrieben habe hier, wir Menschen sind Schwächlinge, die dieser Behandlung nicht widerstehen können.

Ist es möglich, dass Tiere Rache nehmen können oder bösartig werden und daher einen Menschen anfallen? In diesem Artikel werde ich der Sache auf den Grund gehen und erklären, was Raubtiere motiviert anzugreifen. Nach dreißig Jahren Raubtierdressur habe ich die nötige Erfahrung und auch die Narben, um über die wahren Hintergründe von Angriffen zu berichten, aber es hat mich auch ein Experte an Wundversorgung und Wundbehandlung gemacht, darüber war ich schon oft froh, wenn ich einem Doktor sagen konnte, wie eine Raubtierwunde behandelt werden soll.

Um es gleich vorweg zu nehmen - Raubtiere, aber auch andere Tiere, kennen keine Rache Gefühle, dies ist eine rein menschliche Emotion. Auch können Tiere nicht auf lange Sicht vorausplanen, was ja nötig wäre, um einen Racheplan festzulegen. Zweitens: Tiere sind nicht bösartig, das würde voraussetzen, dass Tiere zwischen Gut und Schlecht unterscheiden können, aber das können sie nicht. Tiere werden von der Natur und der Evolution genau so ausstaffiert, dass ihnen eine optimale Überlebungschance ermöglicht ist und das sie ein fest integriertes Glied in der Tierwelt werden können, die dort ihre Pflicht zu erfüllen hat. Vereinfacht gesagt: Sei es als Pflanzenfresser dafür zu sorgen, das Pflanzen nicht überhand nehmen oder sei es als Fleischfresser dafür zu sorgen, das die Vegetarier nicht überhand nehmen. Selbstverständlich ist diese natürliche Balance sehr viel komplizierter, aber es beruht alles auf dem Prinzip von Gleichgewicht.

Tier kennen zwei Formen von Angriffen, dieses sind Verteidigung und aggressive Angriffe. Der Verteidigungs-Angriff ist wohl die gefährlichste Form von Angriff, da das Tier voll beabsichtigt, sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen. Solche Angriffe erfolgen, wenn ein Tier absichtlich oder aus Versehen in eine Lage gerät, wo es keinen anderen Ausweg gibt als Angriff. Ich habe mal gesehen, wie ein Hirsch mit voller Wucht einen Grizzlybären angegriffen hat, ein Tier, das fünfmal so schwer ist und unglaubliche Kraft hat, mußte Klein-bei-geben und wegrennen. Solche Angriffe erfolgen auch, wenn eine Tiermutter ihre Jungen verteidigt, wir alle haben sicher schon erlebt, wie eine kleine Vogelmutter ihr Nest gegen eine Katze verteidigt, ihr Angriff ist oftmals so aggressiv, dass die Katze sich zurückziehen muss. Auch die Verteidigung des Territoriums ist oft erst möglich durch einen Angriff.

Der aggressive Angriff wird meistens ausgeführt gegen Mitglieder der eigenen Gattung, aber manchmal auch gegen andere Tierarten. Die Gründe dafür sind ein möglicher Wechsel in der Hierarchie, wobei sich ein jüngeres Tier stärker fühlt als das Ranghöhere und diesen deshalb beabsichtigt herausfordert. Ein anderer Grund für solch aggressive Angriffe ist Diebstahl von Futter oder Weiblichen Mitglieder der Herde, aber auch die Vernichtung von jungen Tieren. Einige Tiergattungen, wie der Tiger, benutzen diesen "Kindermord", um das Weibchen wieder in Hitze kommen zu lassen und dann ihre Gene weiterzuverbreiten, aus diesem Grund wird ein umherwandernder Tigermann jeden jungen Tiger töten, der ihm über den Weg läuft.

Man soll aber hier nicht den Eindruck haben, dass Tiere wie ein Blitz aus heiterem Himmel, einfach so angreifen. Tiere tun gar nichts einfach so oder weil sie halt Lust dazu haben. Tiere haben immer einen Grund für alles, was sie tun und diese Gründe werden sehr oft von Situationen bestimmt, in denen sich die Tiere befinden. Das trifft auch aufs angreifen zu, auch machen Tiere ihre Absichten, egal welcher Natur, erkenntlich mit ganz klaren Signalen. Wenn man diese Signale zu deuten versteht, kann man jedem Angriff vorbeugen. Als ich noch jünger war, hatte ich mehrere Unfälle mit Tieren, aber mit den Jahren habe ich natürlich gelernt, die Warnungen zu deuten und als denkender und planender Mensch kann ich solche Situationen, die einen Angriff auslösen könnten abschätzen, lange bevor es ernsthaft wird.

Mein dümmster und auch der gefährlichste Angriff kostete mich beinahe den rechten Arm. Es war in England, wo ich unter anderem mit einer schönen Löwen-Gruppe von sechs herrlichen Mähnenlöwen arbeitete. Eines Tages kauften wir ein Löwenweibchen und zwei Tage später benahmen sich die Männchen sehr aggressiv. In meiner Dummheit liess ich alle sechs Löwen in den Zentralkäfig und sofort ging der Teufel los, innerhalb weniger Sekunden wurde ich auf den Boden gerissen, wo mehrere Löwen sich in mich verbissen hatten. Wie ich wieder auf die Beine kam, ist mir heute noch ein Rätsel. Nach neun Operationen, in denen mein Arm wieder angenäht wurde und einige Finger an den richtigen Platz verlegt wurden, sowie einige Muskeln in den Armen, Beinen und Rücken ersetzt wurden durch Muskeln von anderen Stellen, sowie drei Hauttransplantationen und vier Wochen Krankenhausaufenthalt war ich wieder halbwegs auf sicheren Füssen. Dank eines plastischen Chirurgen und meinem "gesunden Heilfleisch" wie es ein Doktor sagte, sieht man heute nur noch die größten Narben dieser Dummheit.
Hätte ich damals gewußt, was ich heute weiß über Löwen und deren "Eifersucht", aber auch deren Willen um Frauen zu streiten, wäre ich nicht hingegangen und hätte das Löwenweibchen gestreichelt, bevor ich mit den Löwen proben ging, auch hätte ich nicht alle Löwen gleichzeitig in den Zentralkäfig genommen, sondern einzeln, um meine Autorität besser durchsetzen zu können. Dies war ein typischer aggressiver Angriff.

Ein paar Jahre zurück hat mir einer meiner Tiger den Oberschenkel durchgebissen. Das kam völlig überraschend für mich und den Tiger und soll beschreiben, wie schnell ein Tiger auf eine ihm bereitete Situation reagieren kann. Der Tiger war ein guter Steiger, ich wollte ihn an einem Ende der Manege hinsetzen, dann ging ich auf die andere Seite, hob den Arm in die Höhe und sagte "Komm hier" darauf hin würde er sich voll erheben und stolz wie ein König quer durch die Manege schreiten. Aber an diesem Tag schritt der Tiger nicht, sondern kam zu mir in langen Sprüngen, im letzen Augenblick bemerkte ich, dass er seine Augen geschlossen hatte und bevor ich mich versah, war er bei mir, so nahe das die Nase meinen Oberschenkel berührte. Ich hatte keinerlei Möglichkeiten, auszuweichen, da mein Rücken gegen die Gitter des Käfigs gedrückt war. Der Tiger war nicht vertraut mit dieser Situation und biß mich in vermeintlicher Gefahr sofort in den Oberschenkel und rannte dann weg an seinen Sitz. Was war die Ursache? Der Elektriker hatte an diesem Tag die Scheinwerfer tiefer gehangen -aus was auch immer für Gründen- dabei wurde der Tiger geblendet, deshalb schloß er die Augen und konnte natürlich nicht sehen, wo er hinging.

Bei weitem die meisten Unfälle die ich erlitten habe, waren aber reine Unfälle oder kamen daher, weil ich einen unachtsamen Menschen retten wollte. Ein Betrunkener stieg über den Sicherheitszaun, um einen Tiger zu streicheln, der Tiger und ich sehen den Mann zur gleichen Zeit. Wir beide reagieren zur gleichen Zeit, mit dem kleinen Unterschied, dass der Mann direkt auf den Tiger zuläuft, der schon in der Ecke seines Käfigs zum Sprung ansetzt wartet, weil ich noch gute dreißig Meter von dem Mann entfernt bin. Ich rufe und renne: "Hey, Nablo, was willst du dort - geh da weg". Der Mann ist am Gitter angelangt, so ist der Tiger und so bin ich, aber immer noch um zwei Armlängen entfernt. Der Tiger streckt die Pranke nach dem Mann durch die Gitterstäbe, mein Fuß setzt zu einem Tritt an, auf den auch David Beckham eifersüchtig würde. Der Mann geht zu Boden und der Tiger zerfetzt mein Unterschenkel. Dem Betrunkenen wird das Leben gerettet und sein Retter hat den Schaden. "Dankeschön und Entschuldigung" sagen Leute wenn man ihnen hilft, aber nicht Betrunkene, die stehen auf und lallen: "B-B-Bist ver-ver-ueckt geworden, trrrrits eeeein anständigen MMMMensch in deeen Hintern".

Zwei andere Unfälle, die mich für Wochen ins Krankenhaus brachten, hatten mit Pferden zu tun. Eines war ein gemeinsamer Unfall, bei dem das Pferd und ich auf matschigem Boden rutschten und hinfielen. Dabei hat das Pferd mich so unglücklich ans Knie getreten, dass es in tausend Stücke zerschmetterte. Dank guter Chirurgen habe ich heute ein künstliches Kniegelenk und dank guter Pfleger und Rehabilitation -aber auch meinem eisernen Willen- bin ich voll bewegungsfähig. Der andere Pferde-Unfall hat mich fast getötet und, so sagen auch die Doktoren, wäre es nicht mein eiserner Wille, oder Sturheit aufzugeben, würde ich heute ein Invalide sein. Zum weiß Gott wievielsten Male habe ich meinen Dressurassistenten aufs schärfste angewiesen, beim dressieren der Pirouette nicht direkt hinter das Pferd zu gehen, aber (auch Dummheit ist eine Gnade Gottes, man soll sie nur nicht übertreiben) der Mann machte immer wieder denselben Fehler. Bei einer dieser Proben mit den Pferden, sah ich mich gerade zur rechten Zeit nach meinem Assistenten um, aber trotzdem zu spät, der Hengst hatte schon die Ohren flach angelegt und fing mit der Hinterhand zu tänzeln an, ein typisches Zeichen, dass der Hengst jeden Augenblick heftig nach hinten Ausschlagen wird. Alles was mir blieb war, den Assistenten zur Seite zu stoßen, dabei kam ich genau in die Schusslinie. Ich spürte einen Schmerz in meinem Brustkasten, als würden Hundert Messer in mich gestoßen und dann ein Vorschlaghammer draufgehauen. Meine Luft war weg und so hart wie ich auch kämpfte, es schien, dass keine Luft in meine Lungen kam, ich war sicher, dass ich sterben würde. Dann wurde es dunkel und ich wachte drei Tage später wieder auf im Krankenhaus. Der Doktor berichtete, das alle Rippen zum Teil mehrfach gebrochen waren und auch das Brustbein. Einige der Knochen durchstiessen die Lunge und nun bekämpfe man eine böse Lungenentzündung, also ich war noch nicht über dem Berg. Drei Wochen später konnte ich wieder "Das Wandern ist des Müllers Lust" pfeifen, aber nur mit Schmerzpillen im Magen.

Warum haben alle diese Unfälle mir keine Angstzustände bereitet oder verursachen mir nicht Alpträume? Weil ich weiß, dass Tiere nicht bösartig sind oder Rachegefühle haben, sondern nur auf Situationen reagieren und dass man die Zeichen eines Angriffs erkennen kann und eine Ablenkung des Angriffs durch Veränderung der Situation abwehren kann, der Rest sind normale Unfälle, wie sie überall vorkommen können.


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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:08

Wie der Bär zu tanzen lernte - Recherchen zu einer Legende

Ich weiß nicht mehr, wann es war als ich, wie viele andere auch, die makabre Legende von den glühenden Eisenplatten hörte, mit der man angeblich Bären das Tanzen beibrachte. Die Beschreibung ist dahingehend, daß man einen Bären auf eine glühende Eisenplatte stellte und dieser dann vor Schmerz abwechselnd die Beine hochzog, dabei sollte der Dresseur im Takt auf einem Tamburin getrommelt haben. Später, so wird weiter beschrieben, reichte es aus, daß der Bär die Trommel hörte und an den erlittenen Schmerz erinnert, anfing die Beine abwechselnd hochzuheben.

Ist da etwas daran an dieser Geschichte? Dank moderner Computertechnik und dem Internet ist es uns allen möglich geworden, per Knopfdruck mehr Information zu erlangen, als daß es uns sonst in einer Lebenszeit möglich wäre oder mindestens viele Jahre und erhebliche Finanzen brauchen würde. Während die meisten Menschen Computer gebrauchen, um sich gegenseitig zu unterhalten oder zu spielen, brauche ich meinen PC nur, um mit Circusworld.de im Kontakt zu stehen und per E-Mail mit ein paar Freunden und der Familie. Aber hauptsächlich nutze ich das Internet, um mich zu informieren und zu recherchieren. So habe ich auch diese Tanzende-Bären-Geschichte von allen Seiten recherchiert bis zurück ins Mittelalter und dann noch weiter bis zu den alten Römern, aber dann verliert sich die Spur im Dunkeln.

Heute kann ich mit gutem Gewissen sagen, daß es absolut keine Hinweise gibt, die darauf schliessen lassen, daß man Bären das Tanzen beibrachte, indem man diese auf glühende Eisenplatten stellte. Es gibt Vermutungen, aber keine eigentlichen Augenzeugenberichte. In den frühen Jahren wurden tanzende Bären fast ausschließlich von Zigeunern aus Ungarn und Rußland auf Märkten vorgeführt. Die einzige Dressurmethode die ich beschrieben fand, ist aus dem alten Rom, wo der Schreiber sagt, daß man den Bären zwischen zwei Pfähle bindet. Der "Bestiari" (römisch für Dresseur) stellt sich dann vor den Bären und stößt mit einem Holzstock abwechselnd an den linken und rechten Fuß des Bären, worauf dieser den Fuß in die Höhe zieht. Dies muss viele Male wiederholt werden, bis das wilde Biest begreift, was der Bestiari von ihm will.
Erstaunlicherweise wird auch beschrieben, daß der Bestiari viel Geduld und Einfühlungsvermögen braucht und der Bär belohnt wird mit großen Happen von Bienenwaben, aber auch Früchten. Ich finde es erstaunlich, weil dies zu einer Zeit geschrieben wurde, wo Menschen behandelt wurden wie billige Ware und zu Tausenden im Circus Maximus zur Massenbelustigung abgeschlachtet wurden. Es scheint also doch so zu sein, daß es Menschen gab, die Gefühle für Tiere hatten. Gefühle und eine humane Dressurmethode brauchte es auch, um Löwen zu dressieren, die den Kampfwagen des Kaisers gezogen haben sollen zu speziellen Anlässen, oder Geparden und Leoparden, die als Jagdgehilfen dem Kaiser dienten, ganz zu schweigen von Hannibals Kriegselefanten.

Auch von meiner sprichwörtlichen Logik her gesehen, hat die Sage mit den glühenden Eisenplatten nie einen richtigen Sinn ergeben. Geschichtlich gesehen waren es fast ausschließlich umherreisende Zigeuner die Tanzbären vorführten. Zigeuner aber waren arme Leute, die zwar eine große Kultur haben, aber sonst von der Bevölkerung nicht gerne gesehen wurden. Ja, es gab sogar immer wieder Zeiten, in denen man Zigeuner aus religiösen oder politischen Gründen verfolgt hat. Zigeuner also lebten von der Hand in den Mund und immer auf der Reise, von einem Ort in den Nächsten. Wer weiß, wie lange ein Zigeuner sein Geld zusammensparen mußte, bis er einen Bären kaufen konnte, diese Tiere waren meistens sehr teuer. Alle Tiere gehörten dem König und nur er hatte das Recht, diese zu jagen oder zu fangen, in vielen Ländern stand auf Wilderei die Folter mit anschließender Todesstrafe. Daher ließ es sich ein Wilderer reichlich bezahlen, wenn er einen jungen Bären an einen Zigeuner verkaufte und das war der einzige Weg, damals einen Bären zu erlangen, denn ein König würde bestimmt nicht zu einem Zigeuner gehen und sagen: "Hier guter Mann, sein König schenkt ihm einen Baren, sage er danke und dann pack´ er sich und sein Gesindel weg von hier."
Mit diesem Wissen, dieser unverrückbaren Tatsache, würde es dann der Logik entsprechen, das ein Zigeuner einen Haufen Geld ausgibt für einen Bären, nur um diesen dann unbrauchbar zu machen, ja vielleicht sogar zu töten? Denn genau das wurde geschehen, sollte der Bär auf eine glühenden Eisenplatte gestellt werden, dabei wurde er sich die Füße verbrennen. Die Folgen wären Brandblasen, die in offene Wunden ausarten würden, bei dem damaligen Stand der Medizin wäre das der sichere Tod des Bären gewesen, aber auch wenn der Bär wider alle Erwartungen eine solche Tortur und den daraus folgenden Verletzungen überleben sollte, wäre er für Wochen wenn nicht Monate unbrauchbar. Eine weitere Dressur wäre unmöglich gewesen, ganz zu schweigen von einer Vorführung auf Jahrmärkten.

Nein, ich bin überzeugt an Hand der mir vorliegenden Beweise, daß die Zigeuner die Bären gut pflegten und alles unternahmen, um das Tier gesund zu erhalten aber auch friedfertig. Denn man hatte oft keinen Platz für einen Käfig, sondern führte den Bären an den Wagen gebunden mit und nachts schlief der Bär mit den Hunden am Wagenrad angebunden. Außerdem war es im Interesse der Zigeunersippe, das sich diese teure Anschaffung auch bezahlt machte und das konnte mit den mageren Trinkgeldern auf Jahrmärkten nur dann geschehen, wenn der Bär gesund und stark war und für viele Jahre tanzen konnte.

Bei meinen Recherchen bin ich immer wieder auf Begebenheiten gestoßen in denen die Rede war, wie wichtig die Bären für die Zigeuner waren, ein Statussymbol sozusagen, aber auch wie viele Zigeuner eine enge Beziehung zu ihren Bären hatten bis zu dem Punkt, wo diese wie Familienmitglieder behandelt wurden.

Ich glaube, die Sage mit den glühenden Eisenplatten kam zustande wie die Sage mit den glühenden Eisenstangen, um Raubtiere zu dressieren. Um das 18 Jahrhundert war Elektrik nicht sehr verbreitet und sehr teuer, auch gab es keine elektrische Wassererhitzungsmöglichkeiten. Daher war es ein normaler Vorgang, das man im Winter kurze Eisenstangen im Feuer zum glühen brachte, diese glühenden Eisenstangen wurden dann in die Wassereimer gesteckt, um das Wasser aufzuwärmen, damit die Tiere nicht eiskaltes Wasser trinken mußten. Jemand hat diesen Vorgang des Eisenstangenerhitzens gesehen und dann automatisch angenommen, das dies wohl geschehe, um die Raubtiere gefügig zu machen, die ihre Quartiere neben dem Feuerplatz hatten. Zigeuner verdienten ihren Lebensunterhalt mit vielen Tätigkeiten wie Korbflechten, Handel, Zimmerei -aber auch als Schmiede, Wagner und Messerschleifer, es ist daher gut möglich das jemand gesehen hat, daß ein Zigeuner eine Eisenplatte im Feuer zum Glühen brachte, um vielleicht ein Schild oder Schwert anzufertigen, da aber vielleicht ein Bär in der Nähe des Wagens angebunden war, hat man automatisch den Schluß gezogen: "So also lernen Bären zu tanzen."

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:09

Wenn Du in den Zirkus kommst

Du stehst vor den Toren der Arena, in welcher heute der Zirkus gastiert und wartest, bis die Tore geöffnet werden. Zur selben Zeit setze ich den Zentralkäfig und die Postamente mit meinen Arbeitern in Center Manege. Meine Artisten-Kollegen inspizieren ihre Requisiten in der Manege 1 und Manege 2, sowie im Track rund um die Manegen. Wir waren gerade fertig geworden, da ertönte eine schrille Trillerpfeife, unser Zeichen, die Halle zu verlassen, da nun die Tore geöffnet werden, durch welche Du nun das Gebäude betrittst, voller Erwartungen auf die kommende Vorstellung.

Während Du nun Deinen Sitzplatz suchst in der großen Arena, begebe ich mich zu meinen Tigern, die im hinteren Teil des Gebäudes in ihren Käfigen warten. Nochmals laufe ich entlang der langen Reihe von Tigerkäfigen, ich rede mit jeden Tiger: "Bist ein braver Junge, heute kommen viele Leute, um dich zu bewundern, mach's gut, Pfrrr-Pfrrr. Bis später". Dann gebe ich letzte Anweisungen an meine Arbeiter, die nun in schwarzen Coverals bereitstehen, um die Tigerkäfige in die Arena zu ziehen.

Du amüsierst dich mit deiner Familie bei den Angeboten der Zirkus Konsession und bewunderst das bunte Treiben in der Arena, wo Kinder und Erwachsene sich beim Pony- und Elefantenreiten vergnügen. Dann kommt eine persistende Konsession Verkäuferin zu dir und ermuntert dich mit einem Lächeln Popcorn, Eiscreme, Programmhefte oder sogar ein Zirkusvideo von ihr zu kaufen.

Weil diese Konsession Verkäuferin keine Ruhe gibt, bis Du was kaufst. Ich schnappe mein Walki-Talki und begebe mich in meine Garderobe, die direkt hinter der Arena liegt. Endlich habe ich Zeit, mich etwas zu entspannen. Heidi kommt rein mit einer dampfenden Tasse Kaffee für mich. Sie setzt sich neben mich, wir plaudern kurz über dies und das. Ich genieße die Tasse Kaffee und mache lange Züge an meiner Zigarette. So langsam schlüpfe ich in eine andere Person. Meine Alltagssorgen verschwinden mehr und mehr, weil der Tiger in mir mehr und mehr zum Vorschein kommt. Dann klopft es an die Tür und mit einem freundlichen "Good evening, Sir" kommt die Garderobenfrau rein und legt mein frisch gereinigtes Kostüm für mich aus.

Von der draußen kann ich das fröhliche Geschnatter und Lachen der Leute hören, aber auch Artisten und Zirkusangestellte, die die Gänge entlangrennen, alle sind nervös oder haben auch ein bißchen Lampenfieber. "Glückliche Leute" denke ich, "ihr könnt euch das erlauben, während ich mich hier beruhigen muss, um später volle Kontrolle über die Tiger zu haben". Nun höre ich den Sprechstallmeister durch das Mikrofon sagen: "Ladies and Gentleman, bitte kehren sie an ihre Sitze zurück. Die Vorstellung beginnt in 15 Minuten". Für mich ist daß das Zeichen, mein mit Tausenden von funkelnden Straßsteinen besetztes Kostüm und meine, in den Farben abgestimmten Lederstiefel anzuziehen. Mit der Hose habe ich immer einen kleinen Kampf, da diese so hauteng ist, daß ich mich flach auf den Boden legen muss, um diese über meine Beine zu streifen.

Während nun die letzen Leute sich auf die Sitze setzen und an dir vorbeizwängen, schnarrt es in meinem Walki-Talki, "Chrrrr-Kick, Boss, the Tigers are ready to be pulled on the Floor". Ich schnappe mir meinen schwarzen Coveral, den ich nun über mein Kostüm streife und laufe zum hinteren Ende der Arena. Dort haben meine Arbeiter die Tigerkäfige bereits zusammengehängt, immer fünf Käfige; in jedem ein Tiger. Zwei "Cats" (kleine Traktoren) warten mit ratternden Motoren, um auf meinen Befehl die Käfigzüge in die Arenahalle zu ziehen.

Die ersten fünf Tigerkäfige werden nun gegen den Zentralkäfig geschoben und abgesichert. Während ich den ganzen Ablauf überwache, sehe ich mich um in der Halle: alle Sitze ausverkauft, 20'000, die Reklame hat ganze Arbeit geleistet. Ich höre die Leute sagen: "Schau die Tiger, wow", und: "Welcher von den Männern ist Othmar" natürlich kann mich niemand erkennen, da ich mich absichtlich wie alle Arbeiter in einen schwarzen Coverall kleide. Alle Käfige sind nun in einer Reihe aufgestellt und abgesichert, nochmals überprüfe ich alle Sicherungen und werfe einen prüfenden Blick in den Zentralkäfig: alles in Ordnung. Ein letzter Blick in´s Publikum, vielleicht begegnen meine Augen den deinen und in meinen Gedanken rede ich mit dir: "Danke, das ihr alle in den Zirkus gekommen seid heute. Ich verspreche euch, daß ich mein Bestes geben werde, um euch zu unterhalten, bis später" dann verlasse ich die Arena.

Nun wird's dunkel in der Arena, gespannt wartest Du auf die erste Ouvertüre. Schnell streife ich mir meinen schwarzen Coverall ab, einer meiner Arbeiter bringt mir meine Peitsche und den Stock, dabei wechseln wir ein paar Worte; meistens sind das letzte Instruktionen und Anweisungen, der Arbeiter klopft auf meine Schulter und sagt: "Mach´s gut, Boss, es wird eine gute Schau werden" ich sage: "Danke". Dann rennt der Mann auf seinen Posten in der nun verdunkelten Arena.

Nun kommt für dich der Moment, worauf Du eine halbe Stunde geduldig gewartet hast. Ein Trillerpfiff ist gefolgt von einem musikalischen Orkan, die Eröffnungs-Ouvertüre schmettert in deine Ohren und transportiert dich in eine andere Welt. Dann, auf einmal steht er da in der dunkeln Arena, nur von einem dünnen Scheinwerferstrahl beleuchtet: der "Ringmaster" im funkelnden Frack und weissen Handschuhen spricht die magischen Worte, die dich wieder zum Kinde machen: "Laaadiees aaaand Gentleeemen, Weelkoom to the grrreatest Showww on Eeearthhh". Darauf beginnt ein Sturm von tanzenden Lichtern, die Kapelle schmettert einen fröhlichen Marsch, der Vorhang geht auf und eine endlose Schar von Artisten, Tänzern, Clowns, Pferden und Elefanten springen, tanzen und hüpfen in einer ausgelassenen Parade rund um die drei Manegen. Du wirst vom Sitz gerissen und wie durch magische Kraft kannst du gar nicht anders, als dich freuen, klatschen und applaudieren.

Zu genau dieser Zeit umarme ich Heidi und gebe ihr einen Kuß: "Sorg´ dich nicht, Honey, alles wird gut gehen, schau dir die Menschen an da draußen, wie die sich freuen. Ist das nicht wunderbar?" Heidi -wie immer- sagt gedämpft mit ein bißchen Sorge in der Stimme: "Paß auf und mach's gut, ich liebe dich sehr, sei kein Idiot". Ich verstehe was sie meint, Heidi weiß, daß ich manchmal ein bißchen stur bin, auch ist sie es, die mich oft blutend in meine Garderobe zurückbegleitet. Es ist kein einfaches Leben, die Frau eines Tiger-Trainers zu sein. Noch ein Händedruck, ein liebender Blick, ein Kuß - dann begebe ich mich zum bereitstehenden Elefanten, der mit einer reichverzierten Decke bedeckt bereitsteht. Ich klettere auf seinen Rücken und stehe aufrecht.

Während Du erwartungsvoll dem letzen lachenden und winkenden Clown der Parade nachschaust, stehe ich auf dem Elefanten hinter dem Vorhang, ein letzter versichernder Blick zu Heidi, ein zugeworfener Handkuß, dann ein Blick zu meinem Arbeiter, der den Elefanten begleiten wird. "Ready" sage ich kurz und knapp, ebenso knapp kommt's zurück: "Yes, Boss". In meinen Gedanken bin ich bereits im Tigerkäfig, als mir die Worte des Ringmasters wie durch Watte hindurch in die Ohren dringen. "Ladies and Gentleman, der Moment auf den Sie gewartet haben, Othmar Vohringer, The Lord of the Tigers. Alleine steht er der größten Tigergruppe der Welt gegenüber."

Du starrst zum Vorhang, der sich gleich öffnen wird, während ich im selben Moment rufe: "Let's Go. the show beginns". Daraufhin beginnt der Elefant mit mir auf seinem Rücken seinen Rundgang um die drei Manegen, wiederum begegnen sich unsere Blicke. Ich lache und winke dir zu und jedem anderen der 20'000 Besucher, sie sollen wissen, daß ich sie liebe und ihnen mein Bestes geben will, weil es mir Freude macht.

Gespannt schaust du auf den Zentralkäfig, als ein Tiger nach dem anderen in ins Scheinwerferlicht kommt. Alle Tiger machen den Hochsitzer am Käfigrand. Danach geht's weiter in Windeseile, nacheinander rufe ich fünf Tiger zu mir, erst rollen sie am Boden, dann geht's zum Waltzen. Dann bleiben die Tiger in regelmäßigen Abständen am Gitterand stehen, nun kommt die wilde Tamara. Fauchend und mit gewaltigen Sprüngen setzt sie über jeden einzelnen Tiger hinweg in einem atemberaubenden Tempo, daß es den Augen kaum möglich ist, ihr zu folgen. Du bist hingerissen und begeistert, aber es geht gleich weiter mit der eleganten Asta, die nun fast tänzerisch über die Tiger hin und zurück springt. Was ihr an Kraft fehlt, macht sie mit Eleganz wett. Du bist entzückt über die Eleganz und Grazie der Tiger. Nun kommt der mächtige Paka, seine Größe alleine ist respekteinflössend, knurrend und Zähne zeigend erhebt er sich auf die Hinterbeine und schreitet rückwärts, stolz wie ein König quer durch die Manege. Während du ihm applaudierst für seine Demonstration der Kraft, kommt Mona und setzt sich an den Gitterrand, während ich auf die gegenüberliegende Seite renne und mich umdrehe und rufe: "Mona, hoch, komm hier" Worauf sie sich auf die Hinterbeine erhebt und in drei gewaltigen Sprüngen quer durch die Manege hüpft. Dir stockt der Atem, als sie kurz vor mir auf dem Boden kommt. Du warst sicher, daß sie mich anspringen würde, aber dann beruhigte es dich, als ich ihren schönen Kopf streichelte und sie sich an mich schmiegte.

Weiter geht's im Eiltempo, Kabul kommt angerannt, springt aufrecht mit seinen Vorderfüssen auf meine Schulter und schnappt sich ein Stück Fleisch aus meinem Mund, dann läßt er mich auf seinem Rücken sitzen und ich reite ihn an seinen Sitz zurück. Du staunst, als zehn Tiger wie eine endlose Kette durch den hochlodernden Feuerreifen springen und dein Staunen wird noch größer, als ich auf einem Tiger sitzend einen papierbespannten Reifen in die Höhe halte und Banff hindurchspringt in einem eleganten Sprung. Dann kommt das in-der-Reihe liegen mit allen fünfzehn Tigern, gefolgt von der großen Pyramide und als Krönung des absoluten Vertrauens zwischen Mensch und Tier schwebe ich mit Kabul auf einer Plattform hoch über deinen Kopf in die Arenakuppel.

Kabul verläßt den Zentralkäfig als letzter Tiger, nachdem er mir einen Kuß auf die Wangen gibt. Ich drehe mich um und nehme den Applaus für meine Tiger entgegen. Von meinem Button Mikro, das in mein Kostüm genäht ist, konntest du hören, wie ich mit meinen Tigern rede, hat es dich überrascht, das man sich mit Tieren unterhalten und verständigen kann? Nun hörst du meine kurzen Worte an dich und die anderen Zuschauer: "Thank you very much, I love you all". Dann verlasse ich den Zentralkäfig und renne hinter den Vorhang, wo mich Heidi - die die ganze Vorstellung mit zusammengebissenen Lippen genau verfolgte und jedesmal zusammenzuckte, wenn ein Tiger mich anfauchte-, mit einer erleichterten Umarmung begrüßt. Hand in Hand wandern wir zum hinteren Ende der Arena, wo meine Tiger bereits wieder in ihren geräumigen Wohnkäfigen auf das Abendessen warten. Heidi und gehen an den Käfigen entlang, ich bedanke mich bei ihnen für die gute Vorstellung und Zusammenarbeit und Heidi dankt ihnen, das sie mich nicht verletzt haben.

Während du den Rest der Show bewunderst, gehe ich in die Garderobe zurück, wo ich mir zuerst eine Zigarette anstecke und die halbe Tasse -nun kalten- Kaffee trinke. Im Handumdrehen wechsle ich das Kostüm in meine alten abgewetzten Jeans, der Zirkusstar ist wieder zum Arbeiter geworden. Es wird eine lange Nacht werden, die Tiger müssen gefüttert werden und während sie gemächlich ihre Fleischration verzehren, machen meine Arbeiter und ich uns ans zusammenpacken und verladen. Als letztes werden die Tiger verladen. Wiederum sitze ich in der Garderobe, alles ist verladen und wartet auf den Abtransport, zum letzen mal für diesen Tag zwänge ich mich in mein enges Kostüm, um an der Abschiedsparade teilzunehmen.

Die Vorstellung ist zu Ende, zufrieden verläßt du den Zirkus, der für ein paar Stunden alle Sorgen von dir genommen und dich in eine Fantasiewelt entführt hat. Als du mit deinem Auto vom Parkplatz fährst, rollen drei schwere Sattelauflieger an dir vorbei; die Fahrer hupen mit dem Horn und winken dir zu. An den Lastzügen liest du in großen Buchstaben "The World's largest white Tigershow", dann trennen sich unsere Wege. Für einen Tag haben sich deine und meine Welt berührt, du bist gekommen, um mich zu sehen und ich bin gekommen, um dir meine schönen Tiger zu zeigen, für fünfzehn Minuten erlebten wir ein gemeinsames Interesse zusammen: die Liebe zum Zirkus und zu den Tieren.

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Re: "Lexikon" - der Dressurbegriffe

Ungelesener Beitrag von Othmar » 03.07.2007, 14:09

Das sieht ja so einfach aus!

"Bannef, komm hier", langsam kam der große weiße Tiger von seinem Sitz in die Mitte der Manege und legte sich genau dahin, wo mein Stock hinzeigte. "Sahieb, komm hier", auch dieser Tigermann, ein absoluter Riese von Tiger, kam langsam, fast schleichend von seinem Sitz und begab sich zur Mitte der Manege, wo er sich neben Bannef legte. Aber seine Augen verrieten mir, daß er etwas im Schilde führte gegen Bannef. Ein scharfer Befehl: "Sahieb, Stop it" ernüchterte ihn, aber er schielte immer noch nach Bannef, ich mußte auf der Hut sein ! So ging es weiter, ein Tiger nach dem anderen kam auf meinen Zuruf von seinem Sitz und legte sich neben seinen Nachbar in eine Reihe. Einige kamen freudig angerannt, voller Freude sich neben einen Freund legen zu dürfen, während wiederum andere argwöhnisch auf ihre Nachbarn blickten und wiederum andere mit lautem Fauchen bekundeten, daß sie ihren Nachbarn nicht mochten.

Fünfzehn Tiger lagen nun in einer Reihe, meine höchste Konzentration war nun gefordert. Was für das Publikum wie eine friedliche Gesellschaft aussah, konnte bei der kleinsten Nachlässigkeit meinerseits in einen wahren Hexenkessel von kämpfenden Tigern ausarten, in dem nicht nur Haare fliegen würden, sondern auch Blut fließen konnte, sowohl Tiger- wie Menschenblut, ja es könnte sogar Tote geben. Nachdem die Tiger sich in einer Reihe hochsetzten und wieder hinlegten, setzte ich mich auf den Rücken meines Lieblingstigers Kabul und machte mein Kompliment und lächelte, aber meine Gedanken rasten von einem Tiger zum anderen, meine Stimme wechselte unaufhörlich vom sanften Beschwichtigen zu scharfen Ermahnungen.

Das Publikum applaudierte, aber ohne die üblichen Begleitungen von Pfeifen, Bravorufen und Füssetrampeln, sie hatten ja keine Ahnung, daß sie soeben den gefährlichsten Trick in meiner Tigernummer gesehen haben. Viel gefährlicher als der mit ohrenbetäubendem Applaus nachfolgende Trick, wo mir Kabul mit seinen Vorderfüssen auf die Schulter steigt, um ein Stück Fleisch aus meinem Mund zu nehmen. Viel gefährlicher, als der Trick, wo Asta mit einem gewaltigen Sprung vom Stand über mich setzt und manchmal fast meinen Kopf berührt mit ihren Tatzen, die scharfe Krallen verbergen, und damit die Leute von dem Sitzen reißt vor Begeisterung. Gefährlicher als jeder andere Trick, den ich in meiner "waghalsigen" Tigernummer vorführe.

Das in-der-Reihe-liegen aller Tiger ist der Moment, wo meine Nerven zum Reißen angespannt sind und meine Konzentration am höchsten ist. Meine Augen wandern von einem Tiger zum anderen und wieder zurück, immer auf der Suche nach der kleinsten Verhaltensveränderung oder einem Ausdruck, der ein aufkommendes Ungewitter unter den Gemütern verrät. Am Schluß bin ich immer heilfroh, wenn der Trick zu Ende ist und alle Tiger wieder auf ihren sicheren Plätzen sitzen.

Wenn mehrere Tiger gleichzeitig auf dem Manegenboden sind, wird es schwierig sie zu kontrollieren und sich auf jeden einzelnen zu konzentrieren, bei fünfzehn Tigern müssen alle meine Sinne aufs äußerste geschärft sein. Der Grund dafür ist, daß es unter den Tigern soziale Spannungen gibt, die ganz natürlich sind. Daher werden Tiger in ihren Wohnkäfigen in Paaren oder Gruppen gehalten, die sich freundlich gesinnt sind. Der Sitz entlang des Zentralkäfignetzes wird von jedem Tiger als ganz persönliches Territorium von höchster Sicherheit betrachtet und respektiert. Niemals würde ein Tiger von seinem Sitz steigen, um einen Tiger am Manegenboden oder auf einem andern Sitz anzugreifen. Auch würde niemals ein Tiger vom Boden aus einen Tiger auf seinem angestammten Sitz angreifen, da er weiß, daß der andere auf einem erhöhten Punkt ihm überlegen wäre.

Am Manegenboden ist es aber eine ganz andere Sache, dies ist sogenanntes "offenes Territorium", wo alle Tiger auf gleicher Ebene sind. Aber es ist auch ein Ort, der jedem Tiger gehört, also kein Persönlichkeitsgrad besitzt. Es ist dann auch hier, wo Tiger am ehesten versuchen, ihre soziale Stellung zu verbessern in Rivalenkämpfen, oder wo alte Feindschaften ausgetragen werden können. Natürlich wissen das die Tiger, aus diesem Grund neigen die stärkeren Tiger dazu, etwas mehr aggressiv zu werden, weil dies die Schwächeren nervöser macht, dies wiederum reizt andere zum Kämpfen. Diese Territoriumsaufteilung ist auch der Grund, warum ich immer als Erster den Zentralkäfig betrete, damit bin ich derjenige, der Vorherrschaft auf das Territorium hat und die Tiger kommen in mein Territorium zu Besuch. Sollten die Tiger die erst Eintretenden sein, haben sie Vorherrschaft und ich bin zu Besuch und somit bin ich automatisch der Untergebene.

Als ich meine große Tigernummer dressierte, wollte ich, daß alle fünfzehn Tiger nebeneinander in einer Reihe rund um die Manege laufen im sogenannten Fächerlauf, es hätte eine Weltsensation werden sollen. Alles ging gut in den Proben, solange ich nur mit Gruppen von fünf bis zehn Tigern probierte, doch bei fünfzehn Tigern war meine Konzentration überfordert und ich hatte oft Mühe, die Kontrolle nicht zu verlieren. Es ist eine Sache fünfzehn Tiger, die verhältnismäßig still liegen, zu kontrollieren, aber eine ganz andere Sache, das ganze im Gleichschritt und friedfertig in Bewegung zu halten. In meinem Beruf muss man nicht nur Nerven wie Stahlseile haben und auch eine gewisse Portion Sturheit besitzen, sondern auch wissen, wann man seine Grenzen ereicht hat und Nein sagen muss.

So kommt es, das Zirkusbesucher etwas als ganz einfach betrachten, das im Grunde gefährlicher ist, als das, was gefährlich aussieht. Im Gegensatz zum in-die-Reihe-Liegen aller fünfzehn Tiger nimmt sich der Trick, in dem Kabul mit seinen Vorderfüßen auf meinen Schultern steht, um mir ein Stück Fleisch aus dem Mund zu nehmen, wie ein Pappenstiel aus, löst aber beim Publikum einen wahren Beifallsturm aus.


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