ich muss dringend mal ein bisserl Dampf ablassen. Ich habe gerade im Facebook-Account einer Lady, mit der ich tatsächlich mal eng befreundet war, bevor ihre Ansichten über Tiere immer schräger wurden und sie versuchte, mich aggressiv zum Vegetarismus zu bekehren, einen Link zur Kaplan-Website entdeckt. Darauf habe ich die Lady erstmal "defreundet", aber dafür ein bisserl auf der Website des selbsternannten "Tierrechtsphilosophen" (merke: Nicht jeder, der Philosophie studiert hat, hat auch schon was verstanden) rumgelesen. Dabei fiel ich über folgende Polemik unter der Überschrift "Sie lieben die Tiere ja mehr als die Menschen":
Logik ist ja schon mal nicht die Stärke des Herrn Phülosophen. Wenn ich oben behaupte, dass viele Tiere Menschen "moralisch überlegen" sind, keine drei Sätze später dann aber die "Moralfähigkeit" von Tieren (zu Recht) in Frage stelle - der Widerspruch scheint dem Herrn und seinen Anhängern gar nicht aufzufallen. Jedenfalls ist die Folgerung, die er da zieht - Moralfähigkeit kann auch zur Entscheidung gegen Moral führen, ergo ist totale Amoralität (und von solcher können wir bei Tieren ausgehen, weil Moralfähigkeit nun mal die Fähigkeit, reflektiert zu denken, voraussetzt - und die hat bisher noch niemand bei einem Tier, noch nicht mal bei den superhoch entwickelten Spezies, festgestellt. Ich denke, die Moralfähigkeit ist immer noch der Punkt, an dem sich Mensch und Tier grundlegend unterscheiden) moralisch überlegen doch wohl ein absoluter Kurzschluss.3) Es spricht viel dafür, daß viele Tiere vielen Menschen moralisch überlegen, zumindest nicht moralisch unterlegen sind: Die bloße menschliche Moralfähigkeit, also die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden und zu entscheiden, ist ja noch kein Verdienst. Verdient macht sich jemand erst, wenn er diese Fähigkeit auch positiv NÜTZT, sprich: sich tatsächlich für das Gute entscheidet. Andererseits erzeugt erst die Moralfähigkeit die Gefahr, moralisch zu scheitern, sprich: sich für das Böse zu entscheiden. Moralfähigkeit bedeutet also keineswegs automatisch moralische Höherwertigkeit, beinhaltet aber die Gefahr, moralisch minderwertig zu werden - minderwertig im Vergleich zu jenen, die von vornherein nicht moralfähig sind. (Ob und in welchem Maße bestimmte Tiere moralfähig sind, wollen wir in diesem Rahmen nicht diskutieren.)
Aber es geht noch weiter und da wird's dann noch schräger.
Hallo, Herr Kaplan - schon mal 'ner Katze zugeguckt, wenn sie ein Beutetier erwischt hat? Ich hatte das "Vergnügen" öfter. Mein inzwischen schon lange verstorbener Tigerkater war ein ausgesprochen guter Jäger, der es schaffte, in meiner Dachstockwohnung auf dem Balkon Tauben zu erwischen (wie er das gemacht hat, war mir ein Rätsel, aber ich dachte immer, dass eine Taube, die so doof ist, sich auf dem Balkon einfangen zu lassen, zu Recht aus der Vermehrung "herausselektiert" wurde). Wenn ich ihn dabei erwischte, "rettete" ich die Taube - nicht aus purem Mitleid, sondern teilweise aus purem Egoismus: Ich war nicht scharf auf das Blutbad in meiner Wohnung.4) Wer nicht Augen, Ohren, Hirn und Herz davor verschließt, wie fürchterlich Menschen Tiere behandeln, der MUß die Tiere mehr lieben als die Menschen, die diese unschuldigen Tiere tyrannisieren, quälen und umbringen!
Später zogen wir auf ein Gestüt, auf dem er sich natürlich mit Wonne im Stall herumdrückte und Mäuse fing - und ungefähr zwei-, dreimal in der Woche meinte er, mir eine halbtote Maus als "Geschenk" mitbringen zu müssen. Manchmal biss er dem armen Mäuslein ein, zwei Beine ab; in anderen Fällen nagte er es schon mal von hinten an - und ich hab' sehr schnell gelernt, seine Mäuse zu töten, denn wenn ich ihn gelassen habe, hat der ach-so-liebe, moralisch hochwertige Kater seine Opfer stundenlang gequält. Im Vergleich zu dem, was er mit seinen Beutetieren angestellt hat, waren die meisten wirklichen Tierquäler (und als Journalistin im Reitsport habe ich ein paarmal vor Pferden gestanden, die brutal umgebracht worden waren) Anfänger!
Welches Bild von Tieren wird denn da gezeichnet? Katzen sind extrem grausam; Caniden gehen auch nicht gerade schonend und "human" mit ihren Beutetieren um; Reptilien sind ebenfalls nicht dafür bekannt, mit einem schnellen Biss zu töten - und das soll alles "moralisch hochwertiger" sein als das Bolzenschussgerät des Metzgers oder der gut gezielte Schuss des Jägers???
Ich denke, dass man "moralische Grundsätze" schlichtweg nicht auf Tiere anwenden darf - weil sie eben die Fähigkeit zur Moral nicht haben. Sie folgen unreflektiert ihren Instinkten und sind damit aus der moralischen Wertung raus. Aber sie zu den moralisch hochwertigeren Wesen zu erklären - dazu muss man von jeglicher Realität kilometerweit entfernt sein!
Außerdem gibt's da noch einen Aspekt: Der Mensch ist offensichtlich das einzige Wesen, dass sich Gedanken um die Erhaltung anderer Spezies macht. Einem Pferd ist es vermutlich piepsegal, ob andere Tiere aussterben - ich vermute, dass es sogar einige Spezies gibt, deren Aussterben Pferde bejubeln würden (Bremsen zum Beispiel). Ein Löwe denkt bestimmt nicht darüber nach, ob gewisse Antilopen eine gefährdete Spezies sind - den interessiert nur, ob die schmecken oder nicht. Meinem Kater war's völlig wurst, ob er eine Taube oder ein aus dem Nest gefallenes Schwälbchen erwischte und er versuchte sogar, das Nest des Uhus in unserem Stallgiebel auszunehmen.
In der Beziehung versagt dann wieder mal Tierrechtlers Logik: Wir Menschen sind dadurch, dass wir die einzigen sind, die sich Gedanken um andere Spezies machen, "moralisch höherstehend". Allerdings entsteht für mich aus unserer Fähigkeit zum reflektierten Denken und der, "uns die Erde untertan zu machen" - was wir ja mehr oder minder getan haben - hauptsächlich Verantwortung. Als Reiter in der täglichen Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass ich die Führungsrolle in der Gemeinschaft mit meinem Pferd übernehmen muss - weil ich die bin, die Gefahren besser erkennt als er; weil ich die bin, die für ihn verantwortlich ist. Dazu stehe ich und in dem stehe ich auch dazu, dass ich die "Autoritätsperson" bin und im Zweifelsfall auch bereit, diese Autorität mal mit einem Brüller (reicht bei meinem sensiblen Dicken meist schon) oder einem Hieb mit der Gerte durchzusetzen. Ich sorge dafür, dass die Hierarchie zwischen ihm und mir völlig klar ist - und ich bin überzeugt davon, dass er daraus Sicherheit und Geborgenheit erfährt.
Tierrechtler dagegen, die ein "gleichberechtigtes" Verhältnis zum Tier wollen, drücken sich im Grunde vor der Verantwortung. Und sie negieren die Realität, in der Tiere eben "amoralisch" sind und daher nicht derselben Wertung wie Menschen unterzogen werden dürfen.
Sibylle Luise
"So, das wollte ich einfach mal loswerden."