Publikumsverhalten in Extremsituationen

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Publikumsverhalten in Extremsituationen

Ungelesener Beitrag von Admin » 10.07.2007, 16:33

Publikumsverhalten in Extremsituationen

Ich erlebte mehrere Stürme mit Circuszelten, einmal bei fast vollbesetzen Chapitau. Die Einteilung des Zeltes war mit breitem Haupteingang, durch den die Leute ins Zelt kamen. Zudem waren noch vier Notausgänge mit Treppen, die gut beleuchtet waren.
Der Sturm kam sehr plötzlich, drückte sich an einer Seite unter der Rundleinewand hindurch, was das Zelt aufblähte und die Quaterpools hochzog und diese darauf zu „tanzen“ begingen. Die Leute in den Logen sprangen erschreckt auf und das löste eine Kettenreaktion aus. Alle wollten nun schnell aus dem Spielzelt.
Interessanterweise rannte die Masse nun auf einen Schlag den Weg, den sie gekommen war. Ca. 90 % wollten auf einmal zum Haupteingang hinaus, den Weg den sie gekommen waren. Nur etwa 10 % wählten den einfacheren Weg über die Notausgänge. Kaum einer nutzte den Manegenausgang.
In diesem Durcheinander vor dem Nadelöhr des Haupteingangs verloren die Mütter ihre Kinder, alles drängte und schob sich. Es war ein Geschrei und Gejammere!
Draussen im einsetzenden Regen suchten Mütter panisch ihre Kinder. Es war wie im Irrenhaus!
Nach fünf Minuten hatte sich der Sturm gelegt, das Zelt blieb stehen und draussen im Regen flüchteten die Menschen zu ihren Autos.

Damals lernte ich was Panik ist, was dabei entsteht, wie kopflos die Menschen dabei sind und wie sinnlos verschiedene Verordnungen sind, da die Menschen in Extremsituationen wie „Wild“ flüchten ohne ihren Verstand einzuschalten. Die Masse rennt einfach, auch ins Unheil.
Seither setze ich mich bei Grossveranstaltungen immer an den Rand in Blickweite zu einem Notausgang. Mitten drin will ich nicht mehr sein, denn dort hat man selbst mit wachem Köpfchen kaum mehr eine Chance sich aus dem Pulk einer rollenden Menschenmasse zu lösen. Man wird einfach mitgerissen.
Mit circensischen Grüßen

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Re: Publikumsverhalten in Extremsituationen

Ungelesener Beitrag von Admin » 27.04.2013, 19:04

Da fällt mir auch eine Situation bei einer meiner Veranstaltungen ein. Dies war im Heilig-Geist-Saal in Nürnberg. Dort ist ein Notausgang ausgewiesen, der fast im Kreis verwinkelt nach Aussen führt. Ein absolutes Unding, das in einer Paniksituation zu einer "Todesfalle" werden könnte.
Ich versuchte darüber mit zwei Feuerwehrbeamten zu reden, die zur Abnahme meiner Veranstaltung eingeteilt waren.
Sie hörten sich meine Einwände an und antworteten, dass die Behörde diesen Notausgang abgenommen habe und wenn ich dies nicht akzeptieren wolle, würden sie meine Veranstaltung dicht machen!
Ich akzeptierte natürlich. Doch wussten die beiden Beamten was sie da anordneten und gegebenenfalls da mitverantworteten ?

Das Problem vieler Sicherheitsverordnungen ist, dass diese vorsorglich von Theoretikern eingerichtet und angeordnet werden. Aber einem Praxistest würden diese kaum standhalten. Doch wer führt sowas durch ??
Das ist immer die Folge einer Katastrophe, aus der dann gelernt wird!
Die Versuchskaninchen sind immer nichtsahnende Veranstaltungsbesucher !
Mit circensischen Grüßen

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