Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Geschichte des Circus, Geschichten, Anekdoten, Rückblicke, Circusmuseum und Circusbauten, Fotos, Programmhefte, ...
Bilder von Chapiteaus, Fahrzeugen, Wägen, sonstiges ..., der Gegenwart und der Vergangenheit.
Benutzeravatar
Klaus
Stamm-Mitglied
Stamm-Mitglied
Beiträge: 396
Registriert: 02.07.2007, 14:07

Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Klaus » 21.12.2007, 00:21

Mir scheint, als sei heute unter Circusfreunden viel weniger Interesse für die Geschichte des Circus vorhanden als früher. Also zu der Zeit, als ich der "Gesellschaft der Circusfreunde" beitrat, vor 50 Jahren. Irre ich mich?

Nicht nur, dass die "Deutsche Circus-Zeitung" (DCZ) der Circusgeschichte damals mehr Raum gewährte als heute die "CZ". Es gab auch mehr Circushistoriker, also Leute, die sich mehr oder weniger ernsthaft mit dem Erforschen der Circusvergangenheit befassten und auf entsprechende Sammlungen zurückgreifen konnten. Gegründert wurde die GCD 1955 zum Beispiel von Circussammlern und Circushistorikern.

Nicht ohne Grund schuf man als besondere Auszeichnung damals die "Ernst-Renz-Gedächtnis-Plakette", zur Erinnerung an eine Persönlichkeit der Circusgeschichte. Jene Zeit der großen Wander-Shows zwischen den beiden Weltkriegen (Krone, Sarrasani, Kapitän Schneider, Barum, Straßburger, Gleich usw.) und auch die alte Herrlichkeit der festen Circusbauten, dies hatten die älteren Freunde damals noch persönlich miterlebt – ich erinnere mich an manches Gespräch darüber mit den Älteren.

Besser Bescheid zu wissen über die Geschichte des Circus hat den Vorteil eines reiferen Urteilsvermögens. Alles Gegenwärtige hat bekanntlich Herkunft: wer sich mit der Circusvergangenheit auskennt, wird vorsichtiger und überlegter umgehen mit dem Gebrauch von Superlativen wie "einmalig".

Es war natürlich damals einfach, Interesse für die Geschichte des Circus aufzubringen: denn diese Circusgeschichte war – anders als heute – überall präsent. Damals waren die alten Circusfamilien (die "Dynastien", wie man gerne sagte) noch tätig, teils unterwegs mit großartigen Circusbetrieben oder mit Spitzendarbietungen: man denke allein an die Linie Dominik Althoff (mit so tollen Circussen wir Rennbahn-Circus Franz Althoff, Williams, Adolf Althoff), oder die Straßburgers, die Blumenfelds, die Holzmüllers, die Bellis, die Reberniggs, die Fischers, die Brumbachs. Sie repräsentierten ja die Circusgeschichte, ihre familiären Wurzeln lagen aber weit in der Circusvergangenheit und ließen sich zurückverfolgen. Neugründungen in jüngerer Vergangenheit – sei es Roncalli, sei es Flic Flac, sei es Soleil – fallen völlig heraus aus diesen historischen Zusammenhängen.

Zum Schluss die Frage an alle, die hier mitlesen: In wieweit und wie intensiv ist bei Euch Interesse vorhanden für den Circus der Vergangenheit – für das, was die Geschichte des Circus ausmacht? Oder ist das Internet das falsche Medium, um Dinge anzusprechen, die nicht brandaktuell sind?

Gruß Klaus
Benutzeravatar
Admin
-
-
Beiträge: 4329
Registriert: 01.07.2007, 22:30

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Admin » 21.12.2007, 00:26

Klaus Lüthje hat geschrieben: Zum Schluss die Frage an alle, die hier mitlesen: In wieweit und wie intensiv ist bei Euch Interesse vorhanden für den Circus der Vergangenheit – für das, was die Geschichte des Circus ausmacht? Oder ist das Internet das falsche Medium, um Dinge anzusprechen, die nicht brandaktuell sind?

Gruß Klaus
Da wir beide schon weit zurückblicken können, ist für mich ebenso interessant die Vergangenheit zu reflektieren.
Wir haben da ein Stück Circusgeschichte miterlebt, die es in dieser Form wahrscheinlich nicht mehr geben wird.
Wie sagte mir der Sohn eines Circusdirektors mal, er sei zu spät geboren worden, da nun vieles nicht mehr machbar sei, was sein Opa und Vater noch konkret (an Tierdressuren) umsetzen konnten. :wink:
Mit circensischen Grüßen

Circusworld.de
-------------------------------
http://www.circusworld.de
-------------------------------
Benutzeravatar
Admin
-
-
Beiträge: 4329
Registriert: 01.07.2007, 22:30

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Admin » 21.12.2007, 00:48

Als ich 1965 in den Schulferien mit dem Californischen National Circus von Carl Althoff mitreiste, waren da vier Raubtiergruppen, 100 Pferde oder mehr, Exoten, 15 Elefanten, ....
Die Raubtiergruppen:
12 Eisbären vorgeführt von Erich Leuzinger und Ted Haart (Theo Hartmann)
Acht Tiger präsentiert von Erich Leuzinger
Sechs oder acht Tiger/Löwen vorgeführt von Theo Hartmann
Gemischte Bärengruppe (Eisbär, Braunbären, Kragenbären und Malayenbären) vorgeführt von Miss Edda (Edda Hartmann), die später unter "Edda und Kemal" ihre eigenen Bären hatte.
(Kemal war zu er Zeit der Assistent von Koringa, die ähnlich wie Karah Khavak Krokodile und Schlangen beim Rennbahncircus Franz Althoff zeigte)

Corty Althoff zeigte viele schöne Pferdedressuren und seine Rasselbande von 12 Ponys, die alle mit Nummern versehen in einer Reihe liefen. Alle hatten Schnapsnamen und so rief er diese zur grossen Belustigung des Publkums zur Ordnung.
Dann war dabei "Blitz" das Feuerpferd, ein pfeffriger Brauner, der nach hinten ausschlug und nach vorne biss. Ein Teufelspferd, das zu führen schon gefährlich war.
Corty präsentierte die indischen Elefanten und Giovanni die Afrikaner.
An Artisten waren dabei Concha und Concha, die Tacomas, Susan Saren, Duo Orlatos, die Rio Brothers, Chy Bao Guy, ...
Das waren Circusprogramme, wie es sie heute nur noch ganz selten zu erleben gibt.

Methi und Micha Rio waren bis vor wenigen Jahren als Ikarier noch im Lido in Paris aktiv und wirken nun als Artistenagenten weltweit. Deren Schwestern treffe ich immer wieder mal, denn diese sind verheiratet mit Gino Edwards (ehm. Zauberwald) und Nino Süss.
Was Micha Rio früher als Ikarier leistete, ist seither von keinem mehr erreicht worden. Auf den Beinen seines Bruders Methi machte er bis zu 50 Saltos am laufenden Band und das Publikum zählte mit.
Das Duo Orlato (Ehepaar Hübner) arbeitete in phosporizierendern Kostümen am Fangstuhl ohne Netz oder Sicherungsleine. Viele waghalsige freie Sprünge der Frau in die Hände ihres Mannes und dann bei völliger Dunkelheit der Abfaller bis kurz über den Manegenboden. Der Schrei ging regelmässig durchs Publikum.
Susan Saren am Solotrapez mit Fersenhang und allen anderen Schwierigkeiten und mit ihrem Mann als Indian Tacomas eine indianische Akrobatik in schwindelnde Höhen.
Concha und Concha, waren Kontosoristen in einer besonderen Ästhetik.
Ich sehe sie noch vor meinem inneren Auge, doch deren Arbeit zu beschreiben fällt mir schwer.
Alle diese Artisten kannte ich auch privat und begegnete ihnen über viele Jahre hinweg.
Mit circensischen Grüßen

Circusworld.de
-------------------------------
http://www.circusworld.de
-------------------------------
Schult-Bjoernlys
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 41
Registriert: 03.07.2007, 11:51

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Schult-Bjoernlys » 21.12.2007, 00:56

Circushistorie-erlebte Geschichte...

Die Frage nach Interesse an der Circusvergangenheit von Klaus Lüthje fand ich sehr gut und berechtigt in diesem Forum.
Dabei gilt es zu bemerken, dass die junge Generation der Circusenthusiasten eigentlich nur die derzeitige Form des Circus in all seinen Schattierungen kennt. Die Verbindungen zu Circusunternehmen der „damaligen“ Zeit, und ich spreche hier die „ Oldtimer“ unter den Lesern an, erfolgte, wenn überhaupt, höchstens durch die Lektüre in der CZ.

Die Verbindung, die ältere Forumleser zu den, im Artikel von Klaus genannten Unternehmen der Nachkriegszeit aufgebaut hatten, lag auch zu einem großen Teil daran, dass die Cirkusgastspiele damals wirklich noch ein Erlebnis waren....

Zum Beispiel konnte man mitverfolgen, wie sich das gewohnte Stadtbild jeden Tag mehr mit bunten Plakaten in allen Größen veränderte. Reklamekolonnen mit vielen Fahrzeugen sorgten in ausreichender Zeit vor dem Gastspiel für Aufmerksamkeit auf das Kommende.
Dann traf endlich der Circus ein, Kinder und Erwachsene verfolgten das Ausladen der langen Sonderzüge auf dem Güterbahnhof. So mancher Junge oder Mädchen hat wohl damals mal die Schule geschwänzt um dabei zu sein...

Dann der Aufbau des Circus auf dem Circusplatz... Während heute die Anreise eines Circus fast unbemerkt nachts geschieht und der Circus meistens schon mittags spielbereit da steht, konnte man damals als Zuschauer erleben, wie die ersten Eisenanker mit Handkraft in den Boden gerammt wurden. Das Stellen der Masten, das Ausbreiten der Zeltplane auf Stroh ( Leinwand, kein PVC ) und das fast majestätische Hochziehen des Chapiteau waren ein beeindruckendes Erlebnis.
Zwischenzeitlich wurden ohne Pause die Material- und Wohnwagen des Circus über mehr oder weniger lange Anfahrtswege von der Bahn zum Platz gebracht. Ein Höhepunkt war immer das Ausladen der Tiere am Bahnhof und nicht selten folgten Menschenmassen den Tieren auf ihrem Weg zum Circusplatz. Auch dies ist ein Teil der Circusgeschichte, auch wenn es noch gar nicht einmal so lange zurück liegt.

Circusnamen wie Krone, Franz Althoff, Williams und viele mehr waren Garanten für gute Circusprogramme. Das Publikum wusste dies und drängte zu den Kassen.

Die damaligen Unternehmen konnten auf lange Traditionen zurückblicken, Know How und Können wurde in den jeweiligen Dynastien weiter gegeben und meistens lag es später nur an der wirtschaftlichen Situation, dass selbst äußerst renomierte Direktionen das Handtuch werfen mussten.

Persönlich bin ich sehr froh, einen Teil der Circusgeschichte erlebt haben zu dürfen, auch wenn es sich nur um den relativ jüngsten Teil der Circusgeschichte handelt. Ich arbeitete unter der Dirktion Will Aureden, immerhin ein enger Mitarbeiter des damaligen Cicus Sarrasani aus Dresden. Bei Williams erlebte ich Carola Williams und hatte guten Kontakt mit Gunther Gebel-Williams. Mit Willy Hagenbeck hatte ich gute Gespräche, lag doch sein Winterquartier in Brüggen, nicht weit von unserem Winterquartier mit Busch-Roland in Banteln. Paula Busch, Grand Dame des Circus, hatte immer ein paar nette Worte für ihre Mitarbeiter.
Die Liste der Menschen die ich nie vergessen werde ist zu lang um hier aufgezählt zu werden....

Das Spektrum des heutigen Circus ist riesengroß, noch nie präsentierte sich der Circus so facettenreich, noch nie wurde aber leider auch der Begriff Circus in vielen Fällen durch Missbrauch derart geschädigt wie heute!

Der Circus hat seit seiner Entstehung immer wieder sein Publikum gefunden, auch Wirtschaftskrisen und Kriege überlebt. Auch heute, in einer Zeit, in der man sich per Mausklick alles in sein Wohnzimmer holen kann, begeistert guter Circus immer wieder die Menschen. Wie lange noch ? Die ( Circus ) Geschichte wird es zeigen....

Mit vielen Grüßen aus Dänemark vom No Name Cirkus

Bjoern Schult-Bjoernlys
Schult-Bjoernlys
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 41
Registriert: 03.07.2007, 11:51

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Schult-Bjoernlys » 21.12.2007, 00:57

Als die Circuswagen noch Panzerräder hatten….

So mancher Forumleser wird sich nun fragen, was ist das denn für ein Blödsinn???
Weit gefehlt, das gab es wirklich ! Bis in die späten 60er Jahre rollten polternde Wohn- und Materialwagen von Schaustellern und Circusunternehmen durch deutsche Städte. Die Panzerräder, die einstmals die Ketten der Panzer steuerten, waren nach dem Krieg in Massen vorhanden. Das Hartgummi war robust und wartungsfrei. So lag es nahe, die Material- und Wohnwagen damit zu bestücken. Denn die Transportwege waren damals relativ gering, vom Spielplatz zum Güterbahnhof und zurück.
Erst nach und nach ersetzten dann die Luftreifen die Relikte aus der Kriegszeit.
Die Panzerräder hatten natürlich auch Nachteile, die Wagen waren damit sehr schwer zu manövrieren. Auf weichen Plätzen sanken sie sofort ein und auch bei der Bahnverladung blieben sie sehr oft zwischen den Loren bei der Verladung hängen. Aber sie waren über viele Jahre zuverlässiges und stabiles Material für die Transporte.
Aus heutiger Sicht undenklich, hinter einem Hanomag Traktor wurden zwei tonnenschwere Wagen ohne Auflaufbremse oder Ähnlichem auf Panzerrädern gehängt, lediglich eine rote Sturmlaterne an den letzten Wagen angebracht, und ab ging es zum Bahnhof. Dieser Weg führte nicht selten durch den Orts- oder Stadtkern und das Rumpeln der schweren Wagen auf harten Rädern höre ich noch heute…
So mancher Einwohner wird dadurch aus dem Schlaf gerissen worden sein!

Wenn man einen heutigen Circus sieht, kann man kaum glauben, wie sehr die moderne Technik die “romantische “ Circuswelt übernommen hat. Computergesteuerte Lichtanlagen, modernste Transporttechnik bis hin zur Website gehören zum Circusalltag 2006.

Als ich 1963 meine ersten zaghaften Schritte in die Circuswelt machte, war all dies pure Utopie.
Im Circus Roland, später “ mit Busch-Berlin” als Firmierung, gab es keinen Kompressor. Lediglich bei harten Plätzen wurde ein solches Gerät ausgeliehen. Ansonsten schlugen die Zeltarbeiter zu Zweit, zu Viert und auch zu Sechst die Eisenanker ein. Immer ein imposantes Schauspiel für die Passanten. Die Ballen mit der Zeltleinwand wurden auch noch per Hand auf- und Abgeladen. War das Chapiteau nass vom Regen, war dies eine elendige Plackerei! Heute bestehen die Zelte aus PVC, damals war es Leinwand aus der Zeltfabrik Strohmeier in Konstanz. Im Frühjahr und im Herbst froren die Schnürungen schnell ein und beim Abbau haben wir oft geflucht, wenn die Knoten sich nur schwer lösen ließen. Im Sommer, wenn es Sturm gab, musste die örtliche Feuerwehr anrücken und das Chapiteau mit Wasser bescheren um es sturmsicher zu machen. 1966, bei unserem Gastpiel von Busch-Roland in Wien berichtete sogar die Presse ausgiebig von einer solchen Aktion.

Das gesamte Material eines Circus war damals schwerer als heute. Die heutigen Gradins sind weitgehend aus Aluminium, damals aus Holz mit Eisenbeschlägen. Die Rondellstangen, Quaderpole und sogar manchmal noch die Hauptmasten waren aus Holz! Alles viel schwerer und reparaturanfälliger als das heutige Material. In den Mannschaftswagen, Artistenwohnwagen ( wenige Artisten hatten Campings, Wohnabteile waren an der Tagesordnung ) waren Kohleöfen die Wärmequelle im Frühjahr und Herbst. Obwohl der Platzmeister, auch diese Berufsbezeichnung gab es, regelmäßig für die Verteilung der Briketts sorgte, ging der “ Kohlenklau” auf den Güterbahnhöfen um….

Es heißt immer, in der Erinnerung verklärt sich manches, bei mir ist dies nicht der Fall, im Gegenteil, ich bin ( fast ) neidisch, wenn ich heutige Unternehmen besuche. Auch wenn der Circusjob immer noch hohe Anforderungen an jeden Beteiligten stellt, in und außerhalb der Manege, so ist doch sooo vieles leichter als in meiner Zeit!!!! Noch Ende der 80er Jahre musste ich, um Verträge telefonisch abzusprechen, in Frankreich geeignete Telefonkabinen finden. Heute hat sogar ein Zeltarbeiter ein Handy im Overall und ist immer zu erreichen…!

Ein kleiner Beitrag zur Circusgeschichte, herzlichste Grüße,

Bjoern Schult-Bjoernlys vom No Name Circus in Dänemark
Benutzeravatar
Admin
-
-
Beiträge: 4329
Registriert: 01.07.2007, 22:30

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Admin » 21.12.2007, 00:59

Lieber Björn,

brilliant geschrieben ! :D
Ja, so war es früher, so habe ich das auch alles noch miterlebt.

Dazu eine nette Episode:
Als ich 1980 die 100 Jahrfeier der Alten Oper Frankfurt organisierte, miete ich von Franz Althoff (ehemals Rennbahncircus) dessen alten Pressewagen für unsere Festzentrale an. Ein langer Wagen mit Betonboden und diesen Hartgummireifen.
Der Transport von Dörnigheim nach Frankfurt musste eine Spedition durchführen. In die Wiese des Rothschildparks mussten dicke Holzbohlen gelegt werden, auf die dieser schwere Wagen rangiert wurde, sonst wäre er schnell in der Wiese versunken.
Die Miete des Wagens kostete nur DM 100, aber Franz Althoff verlangte das sein Wagen versichert wurde und dies und der Transport kosteten ein Vielfaches.

Dies dürfte wohl der letzte Transport und Einsatz dieses historischen Wagens gewesen sein. :wink:

Gruss
Peter

Schult-Bjoernlys hat geschrieben:Als die Circuswagen noch Panzerräder hatten….

So mancher Forumleser wird sich nun fragen, was ist das denn für ein Blödsinn???
Weit gefehlt, das gab es wirklich ! Bis in die späten 60er Jahre rollten polternde Wohn- und Materialwagen von Schaustellern und Circusunternehmen durch deutsche Städte. Die Panzerräder, die einstmals die Ketten der Panzer steuerten, waren nach dem Krieg in Massen vorhanden. Das Hartgummi war robust und wartungsfrei. So lag es nahe, die Material- und Wohnwagen damit zu bestücken.
Benutzeravatar
Marco
Ambitioniertes Mitglied
Ambitioniertes Mitglied
Beiträge: 151
Registriert: 04.07.2007, 00:45

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Marco » 21.12.2007, 10:35

Ich finde Klaus' Themenvorschlag äusserst gelungen. Auch ich finde es gibt immer weniger über die Historie des Circus zu erfahren. Ich merke das bei meinen Recherchen zum Thema Williams. Aus Amerika kenne ich dies ein wenig anders. Da gibt es etliche Circusfreunde, oder ehemalige Artisten und Tiertrainer die ihre Erinnerungen und Bilder anderen Circusfreunden weltweit in Form von Blogs oder Webseiten zur Verfuegung stellen. William "Buckles" Woodcock's bucklesw.blogspot.com oder Bill Strong's yesterdaystowns.blogspot.com sidn nur zwei Beispiele. Hier nutzen zwei ältere Circusdarsteller die moderne Technik des Internets um ihr Wissen an andere weiterzuvermitteln. Die Blogs sind interessant, gespickt mit Bildern und es wird täglich Neues hinzugefügt. Vielleciht wäre das auch einmal eine Idee für manchen deutschen Circushistoriker. Auf der anderen Seite gibt es in den USA aber auch einige Circusmuseen, die sich allerdings kaum mit ihren deutschen oder europäischen Gegenüber vergleichen lassen. Das Circusmuseum in Baraboo, Wisconsin steht auf dem Gelände des ehemaligen Ringling Winterquartiers und nutzt noch einige der alten Hallen als Ausstellungsräumen. Neben mehr als 200!!! restaurierten Circuswagen und weiteren Ausstellungsstücken gibt es in den wärmeren Monaten sogar Circusdarbietungen im Museumseigenen Zirkuszelt, inkl. Elefanten, Raubtieren, etc. . http://www.wisconsinhistory.org/circusworld/ .Bis vor 2 Jahren wurden diese Wagen sogar noch auf Zügen verladen und ins nahegelegene Miwaukee gefahren wo sie von Pferden gezogen in einer grossen Parade durch die Stadt zu einem Circusfestival zogen.
Aus Wisconsin einige Bilder. Man erkennt den kleinen Unterschied zu Preetz ;-)
Bild
Bild
Herbert Bleutgen
Mitglied
Mitglied
Beiträge: 13
Registriert: 03.07.2007, 23:27

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Herbert Bleutgen » 22.12.2007, 11:07

Bei Circus Willy Hagenbeck gab es 1975 auch noch 3 oder 4 solcher "Panzerraederwagen" das verladen auf die Lore war jedesmal eine plakerei und wie Bjoern schon schrieb wenn ein Wagen beim verladen haengenblieb wurde es sauschwer,da gab es keinen Kran der den Wagen anhob,alles nur Handarbeit und es musste ruck-zuck gehen weil die naechsten Wagen schon vor der Verladerampe warteten und man hatte nur eine bestimmte Zeit bis der Zug abfahren musste.
Eine Plakerei - aber es hat Spass gemacht -
Es war ja meist noch eine Lore frei dort haben wir uns nach der Abfahrt draufgeschwungen(heute undenkbar) und sind bis in die naechste Stadt gefahren.
:D Gruss Herbert :D
Die Circuswelt bleibt mein Feld
Benutzeravatar
Wolfgang A.
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 98
Registriert: 14.08.2008, 18:16

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Wolfgang A. » 17.08.2008, 08:15

Auch ich muss sagen, das es schade ist, dass sich niemand mehr so recht für die Geschichte des Zirkus interessiert. Doch wann sieht man heute noch Stoffzelte, Mannschaftswagen, die hinten und vorne ein Abteil haben. Auch haben wir noch jeden Anker von Hand eingeschlagen.Wir hatten zwar auch einen Kompressor, dieser wurde aber selten eingesetzt. Ich glaube wir, Circus Willy Hagenbeck, waren mit die letzten, die mit Stoffzelt und zusammensetzbaren Rundmasten unterwegs waren. Gerade die beim Auf- und Abbau auf Stroh ausgelegte Plane war es doch, die später den geheimnisvollen Manegenduft mit ausmachte. Ich denke gerne an diese Zeit zurück und halte mich deshalb oft im Circus-Museum in Preetz bei Kiel auf. Ist ja nur 25 km von mir entfernt. Auch bin ich dabei, über diese Zeit, ein Buch zu schreiben. Für meine Kinder, damit sie wissen, was ihr Vater für ein verrückter war. Bin mittlerweile auf 220 DIN A 4 Seiten gekommen. Dabei fehlt mir noch eine Menge aus der Saison '74. Leider ist es sehr schwer mit den Details, alles andere habe ich in Stichworten Tagebuchähnlich festgehalten und kann davon zehren. Obwohl es über dreißig Jahre her ist, werde ich jedes Jahr zur Ausreisezeit unruhig. Bin im übrigen auch mit dem "Schock" unterwegs gewesen. Bei der Fa. Löffelhardt, dem Begründer des Phantasialandes.
Gruß Wolfgang A.
Gruß Wolfgang A.

Wer einmal den Sägemehl-Staub der Manege im Hosenumschlag hatte, den lässt der Circus nicht mehr los.
Benutzeravatar
Marco
Ambitioniertes Mitglied
Ambitioniertes Mitglied
Beiträge: 151
Registriert: 04.07.2007, 00:45

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Marco » 17.08.2008, 18:49

Obwohl ich schon in einem anderen Thread meine neue Webseite beworben habe, dachte ich mir sie passt auch gut in diesem Zusammenhang ;-) . Neben dem Modellbau habe ich auch mehrere Seiten einem Stueck deutscher Circusgeschichte gewidmet, genauer gesagt dem Circus Williams, Carola Williams (geb. Althoff) und ihrer Familie. Am spaeten Montagnachmittag kommt ein ueberarbeiteter Text im Geschichtsteil online. Frau Jeanette Williams, Tochter von Carola Williams, hat mir dabei mit Rat und Tag zur Seite gestanden und viele historische Bilder beigetragen. Die Seite ist unter http://www.circus-williams.de zu erreichen. Ich freue mich auf jeden Besuch und hoffe die Erinnerung an den Circus Williams virtuell und im Modell am Leben zu erhalten.
Alexander Schoch
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 106
Registriert: 13.11.2008, 13:31

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Alexander Schoch » 09.12.2008, 15:29

Wer die Geschichte des Zirkus nicht kennt versteht den Zirkus nicht. Namen, Ereignisse, Dressuren alles gehört dazu. Nur hat sich kaum einer die Mühe gemacht, diese "nieder Kunst" (einem Buchtitel entnommen ) zu studieren. An vielen Universitäten gibt es Lehrstühle für Theaterwissenschaften, etwas vergleichbares für den Zirkus gibt es leider nicht. Der Zirkus hatte vor 100 Jahren einen ganz anderen Stellenwert als heute. Zirkus war ein Kulturereignis. Heute ist es teilweise provkant gesagt zum Kindervergnügen verkommen( Provokation).Nur wenige haben je von den Wasserpantominen im Hause Busch gehört.Glücklich sind wir heute schon wenn Fliegenpilz uns heute "Zirkus unter Wasser" präsentiert. Gott sei Dank gibt es so was noch heute. Wer kennt heute noch den Riesenzirkus Gleich, oder Kludsky.Viele dieser Namen sind heute fast vergessen und waren früher fast jedem Kind bekannt.Sarrasani und Krone sind geblieben, aber ein Abglanz gegen früher. Die glanzvollen Zirkusbauten, in jeder großen Stadt gab es mehr oder weniger Einen. Die großen Festspielwiesen, die den Zirkussen möglichkeit gaben mitten in der Stadt zu spielen. Wo sind sie Hin die Strassburgers, Carres,Mikkenies, Rancys,Houckes? In der Versenkung verschwunden oder nur ein Paar Cirkushistoriker bekannt. Leider gibt es kaum staatliche Museen die sich mit diesem Thema beschäftigen, eigentlich wurden die Fundgruben für Historiker immer von "Privatleute" gegründet. Zirkus hat Geschichte, nur keiner setzt sich damit auseinander. Wie kann es sein das ein Dresseur, der es schafte einem Pferd einen Purzelbaum bei zubringen heute völlig vergessen ist. Oder ein Ephraim Thompson, der das mit einem Elefanten schafte. Oder der Ballonhirsch Coco, statt Ballon Pferden. Pierino erzählte mir mal wie er erfunden hat die Gans Flori in der Kugel. Sorry er war leider 100 Jahre zu spät dran.Als Kind kann ich mich an Carl Lichtenthal erinnern und wie er ganz Nachmittage über den "Alten" Krone erzählte. Oder Alex Wiegand, das waren Highlights wenn er erzählte.Arthur Wallenda Grootefent erzählte mal einen ganzen nachmittag vor laufender Videokamera und ich dachte er braucht mehr Fragen.Eine einzige Frage Reichte um 3 Videobänder zu füllen. Geschichte pur.Nur schreibt niemand dieses Wissen auf. Unheimlich viel ist an dieser Zirkusgeschichte verloren gegangen, nicht nur die Geschichtchen. Allein der Name Busch - Busch Berlin und Busch Nürnberg- würden ganze Ordner füllen.Mein Resume ohne die Geschichte und die Geschichten ist der Zirkus heute kaum zu verstehen.
Saltovitale Alexander
Benutzeravatar
Fax
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 94
Registriert: 15.03.2008, 01:56

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Fax » 10.12.2008, 12:38

Ja, so ist es leider !
Benutzeravatar
Klaus
Stamm-Mitglied
Stamm-Mitglied
Beiträge: 396
Registriert: 02.07.2007, 14:07

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Klaus » 10.12.2008, 13:39

Warum "leider"? Im übrigen gilt dies für jedes Sachgebiet und nicht nur für den Circus. Alles Bestehende hat Herkunft und Ursprung. Will man in einen Themenkreis tiefer hineingehen, so sollte man sich auch um die Vorgeschichte kümmern.
Viele Grüße
Klaus
Benutzeravatar
Fax
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 94
Registriert: 15.03.2008, 01:56

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Fax » 11.12.2008, 12:28

Alexander Schoch hat geschrieben:Wer die Geschichte des Zirkus nicht kennt versteht den Zirkus nicht.
Sehr richtig!
Zirkus war ein Kulturereignis. Heute ist es teilweise provkant gesagt zum Kindervergnügen verkommen. .........Nur schreibt niemand dieses Wissen auf.
Saltovitale Alexander
Klaus, das meinte ich mit leider. Ansonsten gebe ich Dir Recht !
Schult-Bjoernlys
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 41
Registriert: 03.07.2007, 11:51

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Schult-Bjoernlys » 12.12.2008, 18:34

Liebe Forumleser,
Klaus hat ganz recht, wer schreibt das auf, was er in der "Circusgeschichte" erlebt hat???, Nun, es liegt nun einmal daran, daß sich für Erlebtes in der Circuswelt heute kaum noch jemand interessiert. Als der Circus noch seinen Stellenwert hatte, haben namhafte " Schreiber" über diese Welt berichtet. Teilweise übertrieben, dem damaligen Zeitgeist Tribut zollend, wurden die Bücher von Kober, Eipper und anderen gelesen, das heißt, erhielten eine Auflage, die es dem oder den Verlagen möglich machte, diese Bücher zu verkaufen.Allerdings erzielten wenige Autoren Profit mit dieser Materie, ich erinnere mich an Gustav von Hahnke, er schrieb einige Bücher, war auch bei der Presse des damaligen (Vorkriegs-)Sarrasani äußerst rührig. Verarmt, skurril und ohne Einnahmen verlebte er seine letzten Jahre im Winterquartier des Circus Busch - Roland!

Meine Erlebnisse, sozusagen als Zeitzeuge des Nachkriegscircus habe ich einmal in mühevoller Kleinarbeit auf einer Schreibmaschine zu Papier gebracht. Das umfangreiche "Werk", angereichert mit vielen Photos, Verträgen usw. wurde von der damaligen Sektionsleiterin der Gellschaft der Circusfreunde, Korinna Lausch ( Karlsruhe )überarbeitet. Allerdings hätte ich mein "Werk" im Selbstverlag auflegen müssen.Der Kreis jener, die solche Berichte, es handelt sich ja da nicht um einen Roman, und dies noch von einer Person, die ja kein Dieter Bohlen war oder ist,lesen, kaufen würden, ist zu begrenzt. Diese Tatsache schien mir aber zu riskant,eine Sebstauflage drucken zu lassen, also liegt es bei mir im Regal, erlebte Geschichte....

Heute lesen Circusinteressierte Menschen alles über Circus im Netz, da wird Vergangenheit weniger "angeklickt", als Neugier auf Jetzt,Morgen usw. Wer noch Circus so erlebt hat wie ich, kann damit teilweise wenig anfangen! Sehr oft spreche ich noch mit Mina More`, damals bei Busch-Roland mit ihrer Vertikalseilnummer. Sie lebt heute, über neunzig Jahre jung, in Kopenhagen. Wir schwelgen dann immer in Erinnerung. Schon zu unserer Zeit hieß es immer dann, wenn sich Artisten trafen:"Weißt du noch?"Und dann wird erzählt...
Einige der Circusfreunde von " Damals" verbrachten ihren Urlaub im Circus, beim Auf-und Abbauen des Circus lernten sie die Kehrseite der Medaille kennen. Einige verschrieben sich ganz dem Circus, Wolfgang Paschke, den ich noch aus seinen Anfängen bei Circus Busch-Roland(1963) kenne, Rainer Westphal, später exzellenter Pressemann, u. a.bei Franz Althoff...
Und einige wenige andere....
Gäbe es die Vergangenheit nicht, der Circus hätte seine Gegenwart nicht erlebt. Die Zukunft? Auch sie wird einmal Vergangenheit sein!
Mit besten Grüßen
Bjoern 8-)
Hjertlig velkommen: herzlich willkommen in Christians Hede's Zoo-Cirkus !

Bjoern Schult-Bjoernlys
Benutzeravatar
Wolfgang A.
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 98
Registriert: 14.08.2008, 18:16

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Wolfgang A. » 12.12.2008, 18:43

Kann das nur bestätigen. Auch ich bin dabei, meine Erlebnisse zu Papier zu bringen. Werde sie dann allerdings für meine Kinder und einige Bekannte im Selbstverlag verlegen.
Gruß Wolfgang A.

Wer einmal den Sägemehl-Staub der Manege im Hosenumschlag hatte, den lässt der Circus nicht mehr los.
Benutzeravatar
Admin
-
-
Beiträge: 4329
Registriert: 01.07.2007, 22:30

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Admin » 12.12.2008, 18:53

Schult-Bjoernlys hat geschrieben: Meine Erlebnisse, sozusagen als Zeitzeuge des Nachkriegscircus habe ich einmal in mühevoller Kleinarbeit auf einer Schreibmaschine zu Papier gebracht. Das umfangreiche "Werk", angereichert mit vielen Photos, Verträgen usw. wurde von der damaligen Sektionsleiterin der Gellschaft der Circusfreunde, Korinna Lausch ( Karlsruhe )überarbeitet. Allerdings hätte ich mein "Werk" im Selbstverlag auflegen müssen.Der Kreis jener, die solche Berichte, es handelt sich ja da nicht um einen Roman, und dies noch von einer Person, die ja kein Dieter Bohlen war oder ist,lesen, kaufen würden, ist zu begrenzt. Diese Tatsache schien mir aber zu riskant,eine Sebstauflage drucken zu lassen, also liegt es bei mir im Regal, erlebte Geschichte....
Hallo Björn,

hast Du es auf Diskette ?
Der billigste Weg ist immer noch die Veröffentlichung im Internet. ;)
Mit circensischen Grüßen

Circusworld.de
-------------------------------
http://www.circusworld.de
-------------------------------
Juergen P.
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 45
Registriert: 02.07.2007, 14:28

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Juergen P. » 12.12.2008, 20:44

Ich habe meine Erlebnisse rund um den Circus auch aufgeschrieben und mit Bildern versehen. Zum Drucken lohnt es sich wirklich nicht. Habe es hier im Forum mal angeboten - es waren ganze zwei Interessenten dafür.
Liegt bei mir in der Schublade bzw. auf CD im Schreibtisch. Es war auf jeden Fall interessant die über 25 Jahre Circus nochmals Revue passieren zu lassen - besonders die intensiven 20 Jahre mit der Familie Ursel und Leopold Vidlak und ihren Raubtieren in den verschiedensten Unternehmen.
Gruss Jürgen P.
Benutzeravatar
Admin
-
-
Beiträge: 4329
Registriert: 01.07.2007, 22:30

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Admin » 12.12.2008, 22:06

Hallo Jürgen,

stelle die Inhalte Deiner CD doch in verschiedenen Beiträgen hier ins Forum unter "Mein Circusleben". Diese Rubrik richte ich gerne dafür ein. Dies gilt dann auch für Björn und andere hier. ;)
Mit circensischen Grüßen

Circusworld.de
-------------------------------
http://www.circusworld.de
-------------------------------
Alexander Schoch
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 106
Registriert: 13.11.2008, 13:31

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Alexander Schoch » 13.12.2008, 12:43

Die einzige Möglichkeit solch ein Buch zu verlegen ist "Books on demand". Kosten etwa um 500 €, mit ISBN Nummer. Buch wird in Einzelanfertigung auf anfrage stückweise gedruckt.Verlage drucken mindestens 3000 Stk wobei sie eine garantierte Verkaufszahl von 1500 Stück garantiert haben möchten.Bei ungefähr 2000 Circusfans im deutschsprachigen Raum, etwa 10 % kaufen dann diese Bücher, ein utopisches Unterfangen.Zirkushistorie ist eben ein Randgebiet. Siehe auch mal GCD Circuszeitung, kaum noch Historie.Ein paar Spezialisten beschäftigen sich vielleicht damit. In Deutschland ist Geschichtsforschung nicht besonders envogue.
Saltovitale Alexander
Benutzeravatar
Admin
-
-
Beiträge: 4329
Registriert: 01.07.2007, 22:30

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Admin » 13.12.2008, 12:56

Alexander Schoch hat geschrieben:Die einzige Möglichkeit solch ein Buch zu verlegen ist "Books on demand". Kosten etwa um 500 €, mit ISBN Nummer. Buch wird in Einzelanfertigung auf anfrage stückweise gedruckt.
Das lohnt sich nur bei Direktvertrieb. Sobald man über den Buchhandel geht, rechnet sich das nicht mehr.
Habe selber einen kleinen Verlag http://www.burger-verlag.de und damit meine Erfahrungen gesammelt. Ein "schweres Brot", das sich nicht wirklich lohnt.

Wer sich damit beschäftigen will, sollte unter https://www.xing.com/net/autorenforum/ sich informieren.
Mit circensischen Grüßen

Circusworld.de
-------------------------------
http://www.circusworld.de
-------------------------------
Alexander Schoch
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 106
Registriert: 13.11.2008, 13:31

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Alexander Schoch » 16.12.2008, 09:13

Selbst die Zirkusunternehmen haben oft keine Archive.Ihre eigene Geschichte kümmerte und kümmert sie eigentlich nicht. Erst in den letzten Jahren haben manche Unternehmen begonnen sich für ihre Geschichte zu interessieren.5 Museen in Deutschland (Preetz,Marburg,Güstrow,Klosterfelde und Magdeburg versuchen Geschichte zu konservieren und dem Besucher nahe zu bringen, geringe Besucherzahlen zeugen vom Interesse der Allgemeinheit.Zirkusgeschichte lebt von den Geschichten der Beteidigten. Nichts war spannender als wenn Artur Wallenda Grootefent,Karl Kossmayer,Siegfried Lichtenthal oder andere aus ihrem Leben erzählten.Zirkusgeschichte wurde zum Leben erweckt. Bücher sind sicher eine Quelle, wenn auch eine sehr trockene.Bilder,Plakate und Programmhefte sind ohne die "live" erzählten Geschichten nur Relikte.Zirkusgeschichte lebt nur wenn sie von den Akteuren erzählt wird.
Saltovitale Alexander
Benutzeravatar
Klaus
Stamm-Mitglied
Stamm-Mitglied
Beiträge: 396
Registriert: 02.07.2007, 14:07

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Klaus » 16.12.2008, 10:43

Das stimmt schon irgendwie, was Alexander hier sagt. Für meinen Geschmack braucht Circusgeschichte, um interessant zu sein, die Verbindung aus der Vergangenheit hin zur Gegenwart. Es ist ein umfangreiches Kapitel der Circusgeschichte zum Beispiel, wenn wir zurückblicken auf die Zeit des Circus Renz im alten Berlin, diese Circusbauten damals und die Programme, die man sich heute nicht mehr richtig vorstellen kann. Das ist aber alles passé, hat nichts mehr zu tun mit dem, was heute als Circus umherreist – da sind überhaupt keine Verbindungen. Keiner hat ihn noch selbst miterlebt, den Pferdecircus à la Renz mit seinen Reiterinnen und Pantomimen, die man heute vermutlich als theatralischen Kitsch abtun würde. Ein abstraktes und unklares Bild für uns heutige Circusfreunde.

Viel plastischer und interessanter erschien es mir zum Beispiel, mit Sacha Houcke jun. zu sprechen (ich hatte seinerzeit öfter was über ihn oder seine Familie in der CZ geschrieben). Das war lebendige Circusgeschichte, wenn der Sacha (der saß ja leibhaftig vor mir) von seinem Großvater erzählte, dem berühmten Jean Houcke, der selber eine Gestalt der Circusgeschichte gewesen war und berühmte Circusse geleitet hatte in verschiedenen Metropolen Europas. Sacha Houcke erwähnte die Persönlichkeit seines Großvaters, dessen Strenge usw., und er erzählte von den Gewohnheiten des "alten Circus". Das war lebendige Geschichte für mich.

Und wenn man früher einen der traditionellen Circusse besuchte (Rennbahncircus Franz Althoff, Williams, Carl Hagenbeck, Strassburger, Paula Busch usw.), so hatten die ja alle ihre große Geschichte hinter sich, die dann – mehr oder weniger wahrheitsgetreu – auch im Programmheft dargestellt war. Natürlich gibt es so etwas heute noch, man denke vor allem an Krone oder auch an Probst. Aber vieles hat sich inzwischen verloren, und die alternative Circusszene, der sogenannte "New Circus", hat ja aus verständlichen Gründen kaum Vergangenheit. Das Interessante an der Circusgeschichte verliert sich (so finde ich jedenfalls), seit jene Circusse, die selber auf eine große Geschichte zurückblicken konnten, immer weniger geworden sind.
Viele Grüße
Klaus
Alexander Schoch
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 106
Registriert: 13.11.2008, 13:31

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Alexander Schoch » 17.12.2008, 09:13

Interessant an den "New Circusses" wird höchstens aus welchen Zusammenhang sie sich entwickelt haben.Cirque du soleil wird sicher in 50 Jahren Historiker beschäftigen.Die Gegenwart ist sicher die Vergangenheit von Morgen. Die traditionsreichen Unternehmen,so es sie noch gibt wie Krone haben es versäumt ihre Vergangenheit zu archivieren.Vielleicht interessieren sie sich ja nicht für ihre Wurzeln.Liegt das vielleicht daran, das die Pressesprecher oder PR-Manager gar nichts darüber wissen oder wissen wollen? Und selbst wenn, wie sollten sie diese Geschichte den Besuchern vermitteln? Im September 2009 versucht das Münchner Stadtmuseum die Zirkusgeschichte der Stadt München aufzuarbeiten. 2 Jahre Vorbereitungszeit. Und siehe da es gab und gibt nicht nur den Zirkus Krone in München. Auf der Theresienhöhe gab es schon vor den Krone-Festbauten ein Zirkusgebäude.So wie Leipzig die "Löwenschlacht" hatte, gab es in München die Hagenbeck "Elefantenkatastrophe", damals (1880) eine Sensation, und,und,und.Ich bin gespannt wie das Münchner Stadtmuseum die Zirkusgeschichte präsentieren wird.Wie viele Besucher werden wohl kommen?
Saltovitale Alexander
Benutzeravatar
Klaus
Stamm-Mitglied
Stamm-Mitglied
Beiträge: 396
Registriert: 02.07.2007, 14:07

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Klaus » 17.12.2008, 11:09

Dass die Circusse selber zwar Interesse für ihre Geschichte aufbringen, auf der anderen Seite aber wenig dafür tun, diese zu sammeln und zu archivieren, das kann ich schon nachempfinden. Die Hektik des Reisebetriebs, die fortlaufenden Probleme, die das Hier und Heute betreffen, lassen wenig Zeit und geben nicht die Muße her, die benötigt wird, um sich intensiv mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Auf der anderen Seite ist die Archivierung aber doch eine betriebsinterne Angelegenheit, so dass man außenstehende Circusfreunde, auch wenn sie das notwendige Interesse dafür aufbringen, an eine solche Arbeit nicht gern heranlassen wird.
Viele Grüße
Klaus
Alexander Schoch
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 106
Registriert: 13.11.2008, 13:31

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Alexander Schoch » 17.12.2008, 11:23

Große Unternehmen legen nicht mal ein Programmheft oder Plakate auf die Seite, geschweige denn ihre eigenen Pressemitteilungen.Es werden sogar alte Programmhefte,Plakate etc. entsorgt, d.h. sie landen in der Mülltonne.
Anfragen werden dann an Sammler gestellt,wenn man was über die eigene Geschichte wissen will.Ich kenne keinen Zirkus der sich mit seiner Geschichte beschäftigt. Hagenbeck besitzt ein umfangreiches Archiv, das auch Historikern zur Verfügung gestellt wird.Von Krone oder einem anderen ist mir dieses nicht bekannt.
Saltovitale Alexander
Benutzeravatar
Klaus
Stamm-Mitglied
Stamm-Mitglied
Beiträge: 396
Registriert: 02.07.2007, 14:07

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Klaus » 17.12.2008, 11:53

Ja, das hat mit den von mir oben geschilderten Gründen zu tun. Wenn das bei Carl Hagenbeck anders gewesen ist, so deshalb, weil es hierbei auch um den Tierpark ging, und der ließ – vor allem in den Wintermonaten – vermutlich ein ganz anderes, nicht von der Hektik des Reisens diktiertes Arbeiten zu. Da waren dann schon mal Mitarbeiter, die sich hierfür die Zeit nehmen konnten, man denke an Fritz Wegner, dem langjährigen Geschäftsführer der Hagenbeck´schen Circusse.
Viele Grüße
Klaus
Benutzeravatar
Jürgen K.
Ambitioniertes Mitglied
Ambitioniertes Mitglied
Beiträge: 151
Registriert: 02.07.2007, 21:59

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Jürgen K. » 17.12.2008, 20:31

Hallo zusammen,
dazu ein Erlebnis von mir vor ca. 4 Jahren bei Carl Busch.
Ich bin im Besitz eines ca. 50 Jahre alten Programmheftes des Circus Berlin Direktion Wille.
Das Programmheft ist für die damalige Zeit und für einen "Mittelzirkus" hervorragend gemacht: Neben der Programmbeschreibung noch sehr viele Bilder, die den Circusaltag beschreiben.
Mit diesem Heft bin ich in der Tierschau aufgekreuzt und wollte es dem Direktor Alfons W. schenken.
Vielleicht wäre ja für mich auch noch eine Ehrenkarte o.ä. "dringewesen".
Ich zeigte ihm also das gute Stück und war ziemlich überrascht über dessen Reaktion:
Zwar nicht unfreundlich, aber überhaupt nicht interessiert. So, als ob er davon noch eine größere Stückzahl im häuslichen Archiv liegen hat.
Also bin ich ziemlich konsterniert wieder abgeschoben.
Gruß
Jürgen

PS.: Ich war deswegen nicht böse, aber eben doch überrascht.
Benutzeravatar
Fax
Interessiertes Mitglied
Interessiertes Mitglied
Beiträge: 94
Registriert: 15.03.2008, 01:56

Re: Circusgeschichte – wen interessiert das noch?

Ungelesener Beitrag von Fax » 18.12.2008, 00:18

Klaus hat geschrieben:Das stimmt schon irgendwie, was Alexander hier sagt. Für meinen Geschmack braucht Circusgeschichte, um interessant zu sein, die Verbindung aus der Vergangenheit hin zur Gegenwart. Es ist ein umfangreiches Kapitel der Circusgeschichte zum Beispiel, wenn wir zurückblicken auf die Zeit des Circus Renz im alten Berlin, diese Circusbauten damals und die Programme, die man sich heute nicht mehr richtig vorstellen kann. Das ist aber alles passé, hat nichts mehr zu tun mit dem, was heute als Circus umherreist – da sind überhaupt keine Verbindungen.
Aber, wenn man Geschichte genau betreibt, müsste man auch erwähnen, wie arm und erbärmlich manche rumgereist sind, bis sie dann mal groß wurden (z.B. Ernst Renz).
Keiner hat ihn noch selbst miterlebt, den Pferdecircus à la Renz mit seinen Reiterinnen und Pantomimen, die man heute vermutlich als theatralischen Kitsch abtun würde. Ein abstraktes und unklares Bild für uns heutige Circusfreunde.
Nun, Kitsch ist Kunst. Wenn man es genau nimmt, war Franz Althoffs Pferdepalast auch Kitsch, sowie auch Musicals genau betrachtet Kitsch sind. Aber deshalb muss es ja nicht schlecht sein; Hauptsache ist doch, dass es dem Publikum gefällt.
Antworten