Feste Circus-Gebäude

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Frank Hoffmann
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Feste Circus-Gebäude

Ungelesener Beitrag von Frank Hoffmann » 27.01.2013, 21:52

Zu diesem Thema muß man sich - gedanklich-in die Zeit von Ernst Renz versetzen, dem Circuskönig von Europa, so um das Jahr 1870. Aus ärmsten Verhältnissen einer kinderreichen Seiltänzer-Familie hatte er es bis zum Millionär gebracht.
Er besaß zu dieser Zeit mehrere feste Winterbauten in Steinbauweise, die jeweils eine Wintersaison bespielt wurden, bzw. an andere Circus-Gesellschaften verpachtet.
1. Hamburg dieser Bau wurde später von Paul Busch übernommen
2. Breslau " " " " " " "
3. Wien dieser Bau wurde später von Carl Hagenbeck übernommen
4. Mailand / Italien
5. Kopenhagen / Dänemark Dieser Bau brannte ab, wurde an gleicher Stelle wiederaufgebaut und später von Schuhmann
übernommen. Das Haus steht heute noch - als Circus ungenutzt-, die letzten Gastspiele hier waren Benneweis und Roncalli.
6. Berlin Hier machte er das Geschäft seines Lebens. Wo heute der Bahnhof "Friedrichstraße" steht, hatte er seinen "Circus Gymnasticus" errichtet. Das Gebäude stand der S-Bahn-Planung im Wege und so verkaufte RENZ seinen Circus an die Stadtbahn-Gesellschaft mit Riesen-Gewinn. Gegenüber auf dem anderen Spree-Ufer kaufte er von der Markthallen-Gesellschaft eine Riesen-Markthalle - Eisenträger-Konstruktion, genietet. Sein Architekt mußte das Kunststück fertigbringen,aus diesem rechteckigen Gebäude einen Arena-förmigen Zirkus zu schaffen. Dieses Haus übernahm später Schuhmann, der bereits feste Häuser in Dresden-Löbau, Wien, Frankfurt/Main und in Göteborg / Schweden ( ähnlich dem Berliner Barlay-Bau) besaß. Später wurde hieraus der 1. Friedrichstadt-Palast.
Zu RENZ`Zeiten gab es ja noch keine Zelte. In vielen Städten standen private oder städtische Holzbauten (viele davon brannten ab), die an Circusse vermietet wurden. Daneben gab es Circus-Gastspiele in Reitbahnen. Das Problem hierbei war, daß man in diesen rechteckigen Bauten Platz für Zuschauer nur rechts und links hatte. In der Mitte hatte man gerade noch Platz für die Manege mit den Logenkästen. In ländlichen Gegenden gab es Circus-Gastspiele in Gasthöfen mit Saalbetrieb. Hier mußten die empfindlichen Fußböden mit Kokosmatte geschützt werden.
Nach der RENZ-Aera entstanden weitere feste Steinbauten=
Berlin - am Bahnhof Börse - Paul Busch. Dieser kaufte außerdem in Wiener Prater einen Rundbau (nicht zu verwechseln mit dem Wiener RENZ-Bau) den er als Circus umbauen ließ.
Stuttgart - Hier entstand der Circus Hangleiter, erbaut von einem Bau-Unternehmer gleichen Namens, der sein Haus an durchreisende Circusse vermietete.
Hamburg-Altona - Paul Busch ( Nicht zu verwechseln mit dem RENZ-Bau). Dieses Haus steht heute noch- als Lagerhalle genutzt.
Dresden - SARRASANI, der größte und schönste Circusbau, den es je gegeben hat,
Berlin - Circus Krembser, am Spree-Ufer der sogenannte Wellblech-Zirkus. Auch dieser Bau stand der Stadtplanung im Wege. Er wurde demontiert und in Magdeburg für die Familie BLUMENFELD - mit einer Klinker-Fassade versehen -
wiederaufgebaut.
Essen - CARL HAGENBECK hatte hier einen hölzernen, transportablen Bau, der jahrelang auf dem Bremer Freimarkt stand, gekauft und als stationären Bau errichtet.
Die meisten festen Bauten wurden durch Kriegseinwirkung zerstört.
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Nach dem Kriege entstanden - man hatte in der ersten Saison viel Geld verdient- verschiedene feste Bauten, meist in Holzbauweise=
FRANZ ALTHOFF in Stuttgart (Stahlblech-Konstruktion), wurde später demontiert und für den VE-Circus AEROS iin Leipzig wiederaufgestellt, brannte dort - als Fernseh-Studio umgerüstet - ab
In Frankfurt/Main wurde im dortigen Zoo ein Betonbau errichtet, wo aber nie "Circus" gespielt wurde.
CLIFF AEROS in Leipzig
CIRCUS BÜGLER in Essen Dieser Holzbau stand später jahrelang als "Catcher-Bau" in der Budapester Straße am Berliner Zoo.
HARRY BARLAY in Berlin
HARRY WILLIAMS in Köln. Als britischer Staatsbürger hatte dieser gute Kontakte zur britischen Besatzungsmacht.
Diese suchte dringend für ihre kasernierten Besatzungs-Soldaten Beschäftigung. So wurde also eine große Schaar abkommandiert zum Circus-Bau und Harry Williams konnte so beträchtlich seine Baukosten senken. Kurioserweise fanden dort keine Circus-Vorstellungen statt. Es bestand zu dieser Zeit - alles lag in Schutt und Asche - ein extrem hoher Mangel an öffentlichem Veranstaltungs-Raum. Déshalb füllte der Kölner Karneval die ersten Winterspielzeiten.
WILLIAMS hatte allerdings einen weiteren, transportablen Holzbau, womit er in anderen Stadt-Teilen spielen konnte.
Auch HARRY BARLAY profitierte von seinen guten Kontakten zur sowjetischen Besatzungsmacht. Das Ruinen-Gelände für seinen Bau an der Berliner Friedrichstraße 107 wurde von einer Anzahl Straf-Gefangener eingeebnet und planiert.
Die Familie HOLMÜLLER hatte in Augsburg und Nürnberg Winterbauten errichtet. Es waren allerdings mehr "Holz- Schalen" in welche die gesamte Einrichtung des Tournee-Betriebes - Gradin, Manege mit Logenkästen, Artisten-Eingang und Beleuchter-Bühne - eingebaut werden konnte
Das KRONE-Gebäude in München wurde in Holzbauweise wiederaufgebaut und später durch das jetzige Gebäude - (Stein und Holz) ersetzt.
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Bis auf KRONE sind jetzt alle Nachkriegs-Bauten verschwunden. Der Grund = Sie standen auf städtischem Pachtland.
Man hatte also gegen eine "Jahres-Pacht" anzukämpfen und konnte das Gebäude - sofern nicht anderweitig vermietbar - nur in der Winterspielzeit nutzen.
Das KRONE-Gebäude steht auf eigenem Grundstück. Die Betriebskosten werden aufgefangen durch Miet-Einnahmen von eigenen Wohn-Häusern entlang der "Marsstraße". Der Circus ist aufgegliedert in 3 Betriebs-Teile =
1. Tournee-Circus
2. Winter-Circus
3. Mehrzweck-Gebäude für diverse Veranstaltungen außerhalb der Winterspielzeit.
Dieser Weitblick und kaufmännisches Denken der Familie KRONE-Sembach - das muß schon gesagt werden - hat den anderen Konkurrenten einfach gefehlt.
Die Abbildungen der meisten hier genannten Circus-Gebäude können im Magdeburger Circus-Museum besichtigt werden.
Zum Thema habe ich aus meiner Sammlung noch einige Bücher abzugeben, bitte Liste über PN als E-mail-Anlage anfordern.
Frank Hoffmann / Insel Föhr
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